Mülheim. . Die Stadt Mülheim zählt 4300 Widersprüche und 33 Klagen gegen Steuerbescheide. Sie treibt Zahlungen ein. Jetzt kommt die Einwohnerversammlung.

Rund 4300 Widersprüche zur Erhöhung der Grundsteuer sind bei der Stadt bislang eingegangen. 33 Personen haben nach Auskunft von Kämmerer Frank Mendack sogar eine Klage gegen den Steuerbescheid eingelegt. Und offen sind knapp 144.000 Euro an Grundsteuer, die von der Stadt aufgrund nicht erfolgter Zahlung derzeit eingetrieben werden.

Die Wut der Mülheimer Bürger war groß – und laut, mit Demo, Petitionen und einer Initiative zu Sparvorschlägen. Politiker standen in der Schusslinie von Anfeindungen seitens der Bevölkerung. Die Grundsteuer-Gegner riefen bei der Demonstration vor dem Rathaus im Februar dazu auf, sich zu wehren. Eine Welle an Widersprüchen folgte, danach auch erste Klagen. Etwa die von Ratsherr Martin Fritz (BAMH), mit dreiseitiger Begründung, warum die Erhöhung der Grundsteuer auf 890 Prozentpunkte anzufechten sei.

Fritz klagt zum zweiten Mal gegen die Stadt

Die Klage liegt bislang wie die anderen beim Verwaltungsgericht in Düsseldorf. Fritz rechnet damit, dass sich das Streitverfahren „bis zum Herbst hinziehen wird“. Er habe seit dem Einreichen nichts weiter vom Gericht gehört. In Düsseldorf sind die Klagen seit Anfang März eingelaufen, wie es auf Anfrage heißt. „Mit Eingehen der Klagen wurde die Stadt benachrichtigt und um Stellungnahmen gebeten. Nun warten wir, bis diese eingehen, um sie wiederum den Klägern zuzustellen, damit sie darauf reagieren können“, erklärt Pressedezernentin Nicola Haderlein.

Fritz hatte bereits vor einigen Jahren mal gegen die Stadt geklagt, als es um Straßenbaubeiträge ging – und für sich einen Erfolg verbucht. „Die Stadt hatte einen Formfehler gemacht“, weiß er noch. Nun möchte er konsequent bleiben und lässt seinem Unmut gegen den Ratsbeschluss, gegen den seine Fraktion stimmte, den rechtlichen Schritt folgen. In seiner Begründung führt Fritz die Punkte auf, die seitens des Bürgerlichen Aufbruchs auch als Alternativen zur höheren Steuer genannt worden waren, etwa die Streichung der Theatersubventionen, den Verkauf von Aktien und Holzhäusern oder den Einbehalt der Zusatzkosten für die neue Thyssenbrücke.

2018 noch mehr Grundsteuer-Verweigerer

Wie viel Aussicht auf Erfolg die Klagen gegen die Grundsteuererhöhung haben werden, ist ungewiss. Das Gericht lässt eine Tendenz offen: „Es wird möglicherweise Musterverfahren geben, die auf eine mündliche Verhandlung hinauslaufen“, so Nicola Haderlein.

Kämmerer Mendack verweist auf Gleichbehandlung im Steuer- und Abgabenrecht, was für jeden Bürger gilt. Dennoch gibt es viele Fälle, in denen die Zahlung der Steuer zunächst ausbleibt. Anfang des Jahres wurden der Stadt rund 363.000 Euro an Grundsteuern aus 2163 Haushalten nicht überwiesen. Was selbst den Kämmerer wunderte: 2018 waren es mit rund 380.000 Euro aus 2625 Haushalten noch mehr – ohne Grundsteuerdebatte. „Das zeigt, dass den Bürgern ihre Zahlungspflicht bekannt ist“, deutet Mendack die Zahlen. In den vergangenen Jahren habe zudem noch nie ein Steuerverweigerer Erfolg gehabt. Die Stadt verschickt Mahnungen bei ausbleibender Zahlung.

Konto- und Lohnpfändungen in Einzelfällen

Nach der ersten Welle blieben Ende März dieses Jahres so noch rund 144.00 Euro aus 604 Haushalten offen. Mitte April wurden daraufhin Bescheide zur Zwangsvollstreckung verschickt. In einem Schreiben, das dieser Redaktion vorliegt, droht die Stadt mit Pfändungen, dem Kontoabruf und in letzter Instanz gar mit Zwangsversteigerung.

„Die Vollstreckung hat das Ziel, eine vernünftige Lösung zu finden. Die Stadt verzichtet nicht auf öffentliche Gelder, die ihr zustehen“, betont Mendack. In Einzelfällen habe es Pfändungen gegeben, dies seien Konto- oder Lohnpfändungen. „Sachpfändungen hat es in den vergangenen Jahren nicht gegeben, sie müssen in Relation zur Forderung stehen“, erklärt Mendack. Zudem würden Personalkosten sowie fehlende Lagerungsmöglichkeiten Sachpfändungen verhindern. In der Regel führen diese Eintreibemaßnahmen zum Erfolg. „Ob alle, die ihre Steuer nicht gezahlt haben, Gegner der Erhöhung sind, ist zu bezweifeln, da dies jedes Jahr der Fall ist. Es wird aber vermutlich Überschneidungen geben“, schätzt Mendack.

>> EINWOHNERVERSAMMLUNG AM 7. MAI

Die Erhöhung der Grundsteuer von 640 auf 890 Prozentpunkte hat bei den Bürgern für viel Unverständnis gesorgt. Die Stadt hat daher eine Einwohnerversammlung für Dienstag, 7. Mai, einberufen. Sie läuft von 18 bis 20 Uhr in der Aula der Realschule Stadtmitte (Oberstraße 92-94). 200 Plätze gibt es, 80 Anmeldungen sind bei der Stadt eingegangen. Eine Anmeldung wird empfohlen, Restplätze kann es vor Ort geben. Kämmerer Frank Mendack präsentiert Zahlen. Vertreter jeder Ratsfraktion nehmen Stellung, danach startet eine Diskussion.

Die Einwohnerversammlung am Dienstag, 7. Mai, wird von der Stadt live übertragen. Dafür hat die Verwaltung die Technik vor Ort überprüft. Die Übertragung, die über ein Handy auf einem Stativ gewährleistet wird, ist über die Webseite der Stadt (www.muelmeim-ruhr.de) direkt auf der Startseite abrufbar.

In der Aula der Realschule Stadtmitte finden 200 Bürger Platz. Vorne stehen Fraktionsmitglieder. Stadtsprecher Volker Wiebels moderiert.