Mülheim. Der schwere E-Scooter-Unfall in Mülheim alarmiert. Die MBI fordern Knöllchen für falsch geparkte Roller und kostenpflichtiges Abschleppen.
Seit März sind auch hier in der Stadt E-Scooter-Verleiher aktiv, und nach Vorstellung der Mülheimer Bürgerinitiativen (MBI) sollen sie in puncto Haftung straff an die Leine genommen werden. Andernfalls müsse man die Mietroller verbieten.
Mülheimer MBI fordern Knöllchen und Abschleppdienst für falsch geparkte E-Roller
Die MBI fordern einen knallharten Kurs: Verleihfirmen sollen grundsätzlich für Schäden haften, die E-Roller-Nutzer verursachen. Sie sollen auch Bußgelder, Abschlepp- und Entsorgungskosten für unvorschriftsmäßig abgestellte Roller tragen. Falsch geparkte E-Scooter, so der Vorschlag der MBI, müssten gemäß Straßenverkehrsordnung genauso behandelt werden wie Autos - mit Knöllchen und Abschleppen. „Dabei kann die Stadt sich logischerweise nur selten an die Nutzer wenden, sondern nur an die Vermieterfirmen.“ Diese müssten sich verpflichten, die Strafen und Kosten grundsätzlich zu tragen.
In einem Antrag für den Ausschuss für Bürgerservice, Sicherheit und Ordnung (BSO) am 23. September wird die Verwaltung aufgefordert, alle Verträge entsprechend zu gestalten. Falls die uneingeschränkte Haftung nicht zu erzielen sei, so die MBI, „sollte der Ausschuss beschließen, die Vermietung von E-Rollern in Mülheim zu beenden“.
Schwer verletzte Frau bei einem Unfall auf der Schloßstraße
Wild herumliegende Scooter, wild herumdüsende Kinder und Jugendliche, die sich zu zweit oder gar zu dritt auf das Trittbrett zwängen, nerven viele Mülheimer. Der erste schwere Unfall hier in der Stadt geschah vor knapp einem Monat und gibt dem Problem noch ein anderes Gewicht: Eine 71-jährige Frau mit starker Sehbeeinträchtigung stolperte auf der Schloßstraße über einen umgekippten Scooter, stürzte und erlitt schwere Gesichtsverletzungen, Zähne und Kiefer waren gebrochen. Die Frage: Wer zahlt die hohen Zahnarzt- und Reinigungskosten? Bekommt die Frau Schmerzensgeld?
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Die Firma Lime, der der Unglücksroller gehört, hatte zugesagt, den Schaden über ihre Versicherung zu begleichen. Ein Sprecher erklärte gegenüber dieser Redaktion: „Beim ordnungsgemäßen Abstellen unserer Fahrzeuge sehen wir uns klar mit in der Verantwortung.“ Doch wer zahlt beim ordnungswidrigen Abstellen?
„Fußgänger sind ständig durch E-Roller gefährdet“
Der folgenschwere Unfall auf der Schloßstraße war auch für die MBI Auslöser, einen harten Kurs zu fordern. „Fußgänger sind ständig durch E-Scooter gefährdet“, heißt es aus der MBI-Geschäftsstelle. „Es muss eindeutig geklärt sein, dass die Halter für alle Folgeschäden haften. Auch wenn ein Roller in der Ruhr landet und vielleicht aufwändig geborgen werden muss.“
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Haftungsfragen sind aber offenbar gar nicht Gegenstand der Verträge zwischen der Stadt und den E-Roller-Firmen. Stadtsprecher Thomas Nienhaus erklärt: „Es gelten die allgemeinen zivilrechtlichen Regelungen, wonach derjenige haftet, der den Schaden verursacht hat. Bei umgekippten Rollern ist es allerdings oft schwierig, den Verursacher zu ermitteln.“
Firma Tier: Nutzer haften nur bei eindeutigem Verschulden
Häufig bleibt der Schaden dann bei der Verleihfirma hängen, vielmehr: bei deren Versicherung. So erklärt ein Sprecher des Anbieters Tier: „Da die E-Scooter im öffentlichen Raum abgestellt werden und von jedermann bewegt bzw. umgeparkt werden können, können Nutzer nur haftbar gemacht werden, wenn der Schaden eindeutig durch Verschulden des letzten Mieters des E-Scooters verursacht wurde.“ Wenn der Roller zum Beispiel grob fahrlässig abgestellt wurde. Dieser Nachweis dürfte selten gelingen.
Mülheimer E-Scooter-Modell
Die E-Scooter rollen seit Anfang März durch Mülheim - zunächst versuchsweise bis Ende 2021.
Vier Firmen sind am Start: Lime, Spin, Tier und Bird.
Die Roller dürfen in der Innenstadt und in Stadtteilzentren nur an bestimmten Stationen abgestellt werden, insgesamt sind 73 Standorte markiert.
Ansonsten ist „Free Floating“ erlaubt, unter Beachtung einiger Regeln.
Jeder E-Scooter sei umfassend versichert, heißt es bei Tier. „Jeden Unfall werten wir individuell aus.“ Dabei arbeite man mit den Behörden zusammen, um die Rechte aller Beteiligten zu wahren.
Scooter-Bergung aus der Ruhr kostet rund 200 Euro
Wenn jemand einen Roller etwa in die Ruhr wirft, sei das meist gezielter Vandalismus, den die Firma gemeinsam mit den örtlichen Behörden und der Polizei verfolge. Die Bergungskosten aus dem Wasser beziffert Tier auf etwa 200 Euro pro Scooter und räumt ein: „Da die Täter meist nicht ermittelt werden können, tragen die Anbieter diese Kosten zusätzlich zum entstandenen Sachschaden.“
Während in der Landeshauptstadt Düsseldorf schon über ein Nachtfahrverbot für E-Scooter diskutiert wird, sieht die Stadt Mülheim derzeit offenbar keinen Anlass, härter durchzugreifen. Sprecher Thomas Nienhaus sagt: „Wir haben sehr gute Erfahrungen mit allen Verleihfirmen gemacht. Sie reagieren immer sofort und kümmern sich.“