Mülheim. Seit drei Monaten gleiten E-Roller durch Mülheim - oder liegen in der Landschaft. Gerüchteweise verschwinden sie bald wieder. Ist da was dran?

Hitzig kommentiert wird seit einigen Tagen dieses Foto in einer Mülheimer Facebook-Gruppe: Ein weißer E-Scooter liegt halb abgesoffen im Flachwasser der Ruhr. Geraten wird, „das Dingen an Land zu ziehen“ oder den Fund dem Ordnungsamt zu melden. Andere wollen erfahren haben, dass es die Roller nicht mehr lange in der Stadt geben wird. Doch das ist nur ein Gerücht.

Erst seit März gibt es die Leihroller auch in Mülheim

Fakt ist: Gemächlich und vorsichtig hat sich Mülheim den E-Scootern geöffnet. Erst seit Anfang März sind die akkubetriebenen Leihroller in größerer Zahl verfügbar, da waren in Nachbarstädten die ersten Reifen und Nerven schon blank. Die Fun-Fahrzeuge polarisieren, weil manche Nutzer sie wie Wegwerfartikel behandeln und über Verkehrsregeln fröhlich hinwegsehen. Dabei sollte es in Mülheim eigentlich anders laufen.

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Hier ist der Betrieb zunächst nur versuchsweise gestartet, bis Ende 2021, und nach einem Modell, mit dem das berüchtigte „Wildparken“ eingedämmt werden soll. In der Innenstadt und in den Stadtteilzentren wurden Sperrzonen festgelegt: Hier dürfen die Roller nur an bestimmten Stationen geparkt und abgeholt werden. Anfangs waren 76 Stationen geplant, nun sind es 73.

Im restlichen Stadtgebiet ist das sogenannte „Free Floating“ erlaubt: Scooter dürfen abgestellt werden, wo sie nicht stören. Jedenfalls nicht mitten auf der Straße, auf dem Gehweg oder auf dem Friedhof, aber in der Realität passiert es doch. Wer einen fehl platzierten Roller wahrnimmt, sollte sich erst einmal vergewissern, von welcher Firma er stammt, rät Sonja Knopke, Leiterin der straßenverkehrsrechtlichen Abteilung im Ordnungsamt.

Wenn Scooter stören: Hotline der Firma anrufen

Ursprünglich hatten fünf Anbieter die Genehmigung bekommen, in Mülheim aktiv sind momentan aber nur noch drei: Spin, Tier und Lime. Jeweils haben sie 112 Scooter auf der Straße. Bei störenden Objekten „ruft man am besten die entsprechende Hotline an“, meint Sonja Knopke. Nach ihrer Erfahrung reagieren die Betreiber „allesamt sehr gut und schnell auf Beschwerden und holen die Roller ab“. Mülheimer Bürger machen teilweise andere Erfahrungen, scheitern etwa an der Aufforderung, mal eben im Vorübergehen einen QR-Code zu scannen, um den Scooter zu identifizieren.

Generell ist die Abteilungsleiterin im Ordnungsamt mit dem Verlauf der ersten drei Monate zufrieden: „Es wird ganz gut angenommen“ - schätzungsweise 2500 Fahrten werden pro Woche unternommen, dabei war das Wetter bislang noch nicht ideal für eine Rollertour.

GPS-Problem: Erlaubte Abstellzone umfasst teilweise die ganze Kreuzung

Und das Bild sei im Vergleich mit anderen Stadtzentren noch ordentlich. „Was nicht heißt, dass es nicht Roller gibt, die bescheiden herumstehen.“ Eigentlich sind die erlaubten Abstellzonen auch in den Apps der einzelnen Anbieter markiert. „Leider ist GPS ungenauer, als wir gehofft haben“, räumt Knopke ein. „Teilweise umfasst die legale Parkzone dann die ganze Kreuzung.“ Mit etwas Verspätung wurden die E-Roller-Stationen jetzt auch farbig markiert. Auch davon erhofft sich das Ordnungsamt mehr Klarheit.

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Der Start des Verleihsystems in Mülheim hat auch in der Politik etwas Staub aufgewirbelt. Im Mobilitätsausschuss gab es Mitte April detaillierte Anfragen, einerseits von Grünen/CDU, andererseits von der SPD. Die Sozialdemokraten erkundigten sich unter anderem nach der Verwendung umweltkritischer Lithium-Ionen-Akkus (die sich nach Angaben der Stadtverwaltung tatsächlich in allen Rollern auf Mülheimer Gebiet befinden) oder nach den Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter, die die Roller aufspüren, einsammeln und aufladen.

Knöllchen für Rollerfahrer in der Fußgängerzone

Dass diese fair sind, liegt nicht im Aufgabenbereich des Ordnungsamtes, die Verkehrskontrolle dagegen sehr wohl. Daher werden Rollerfahrer, die etwa auf der Ruhrpromenade oder in der Fußgängerzone verbotener Weise spazieren fahren, regelmäßig angehalten und verwarnt. Erst an diesem Mittwoch gab es eine Schwerpunktkontrolle des Ordnungsamtes in der Innenstadt, bei der fünf Scooterfahrer Knöllchen kassierten.

Per Roller zur nächsten Haltestelle

Der E-Roller-Anbieter Tier kooperiert mit der Ruhrbahn: Seit März werden seine Scooter in der Ruhrbahn-App Zäpp angezeigt.

Mit den Rollern soll die sogenannt erste und letzte Meile zurückgelegt werden - der Weg bis zur nächsten ÖPNV-Haltestelle bzw. zum Ziel.

Nach Angaben von Tier werden die E-Scooter-Fahrten getrennt von den Kundendaten erfasst und diese Informationen mit der Ruhrbahn geteilt. So möchte man das Liniennetz verbessern.

Verboten ist es auch, zu zweit aufs Trittbrett zu steigen, oder Kinder an den Lenker zu lassen. Ganz verhindern lässt sich das in keiner Stadt. Grünen-Jungpolitiker Timo Spors, der dem Mobilitätsausschuss vorsitzt, sagt: „Ich habe auch schon gesehen, dass Jugendliche gerne durch die City fahren.“ Er begrüße daher die Kontrollen des Ordnungsamtes. Man müsse man die Testphase des Mülheimer Roller-Modells abwarten. „Ende des Jahres wird entschieden, wie es weitergeht.“

Aber letztlich wird man das Rad kaum zurückdrehen. „Der E-Roller ist ein zugelassenes Kleinfahrzeug“, sagt Sonja Knopke vom Ordnungsamt, „und auch das Geschäftsmodell ist legal. Wir können also nur regulierend eingreifen.“