Mülheim. Eine Mülheimerin stürzte über einen herumliegenden E-Scooter an der Schloßstraße und verletzte sich schwer. Wer kommt nun für den Schaden auf?
Auf den E-Scooter steigen und von A nach B flitzen, danach das Gefährt einfach dort stehen lassen, wo es gerade passt. Was für die einen eine umweltfreundliche Alternative zum Auto darstellt, kann für andere zum Ärgernis werden: Hildegard B. (Name geändert) stürzte über einen umgekippten Scooter auf dem Gehweg und verletzte sich dabei schwer. Nun stellt sich ihr die Frage: Wer übernimmt die Kosten für ihren Schaden?
Von vorne: „Am 22. Juli stieg ich mit meiner Freundin um 12 Uhr an der Haltestelle Stadtmitte aus dem Bus aus“, berichtet die 71-Jährige, die seheingeschränkt ist. „Ein paar Schritte hinter der Haltestelle auf der Schloßstraße befand sich ein Werbeaufsteller eines Rechtsanwalts.“ Gleich dahinter lag ein Elektroroller der Firma „Lime“ auf dem Gehweg, „für mich unsichtbar.“ Hildegard B. stolperte über den Scooter und fiel auf ihr Gesicht.
Mülheimer Rentnerin hat bereits Anzeige erstattet
Falsch geparkte Scooter melden
Bürgerinnen und Bürger, denen falsch geparkte Scooter auffallen, haben die Möglichkeit, diese über die Lime-Servicehotline zu melden. Die Nummer der Hotline, genauso wie eine E-Mail-Adresse, ist auf einem Sticker direkt am Scooter zu finden: hilfe@li.me; 069/770 447 33.
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Unternehmens sammeln die Scooter anschließend ein und verteilen sie wieder an den richtigen Stellen im Betriebsgebiet. Auch die Scooter der anderen drei Unternehmen haben entsprechende Kennzeichnungen mit Kontaktdaten. Spin: 0221/82829792, Tier: 030/56838651, Zeus: 0157/35981123.
„Danach blutete ich heftig aus dem Mund.“ Zeugen halfen der geschockten Dame auf eine Bank und alarmierten Polizei und Krankenwagen, der sie in eine Spezialklinik für Gesichtschirurgie brachte. „Dort stellten sie in sehr schmerzhaften Untersuchungen fest, dass die Schneidezähne gebrochen sind und der Kiefer Frakturen erlitten hat.“ Um die Zähne wieder in Position zu bringen, muss B. vier Wochen lang eine Schiene tragen.
„Ich bin nicht generell gegen Elektroroller“, sagt sie. „Aber man sollte besser kontrollieren, dass sie nicht überall einfach abgestellt werden oder herumliegen.“ Die Rentnerin hat bereits Anzeige erstattet und möchte sich nun bei einem Anwalt für Verkehrsrecht beraten lassen, ob sie Anspruch auf Schmerzensgeld hat. „Wer zahlt mir die hohen Zahnarztkosten, die noch auf mich zukommen, und die Reinigung meiner Kleidung, die voller Blut ist?“
Vier Anbieter verleihen E-Scooter in Mülheim
Seit März dieses Jahres sind die E-Scooter von vier Anbietern im gesamten Mülheimer Stadtgebiet im Einsatz. Das sogenannte Free-Floating ermöglicht es, die Scooter im öffentlichen Raum bis auf einige Sperrzonen überall abstellen zu können. „Im Innenstadtbereich und in den Stadtteilzentren ist das ,Free Floating’ der E-Scooter jedoch nicht erlaubt“, erklärt Stadtsprecher Volker Wiebels. Vielen Bürgern sind die Scooter ein Dorn im Auge, denn die Gefährte stehen oft willkürlich im Weg, manchmal werden sie auf Grünstreifen geworfen oder im Wald „wild geparkt“.
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Der jeweilige Anbieter sei jedoch dafür zuständig, verirrte Scooter einzusammeln und zu den vorgesehenen Parkstationen zu bringen, so Wiebels. „Es gibt etwa 73 solcher Stationen.“ Ob dies auch wirklich geschieht, könne von den rund 20 Ordnungskräften der Stadt gerade in Coronazeiten kaum kontrolliert werden, so Wiebels. Dennoch: „Haftbar zu machen, ist der Anbieter, da er der Verursacher ist.“
Unternehmen bedauert den Unfall – Versicherung soll Schaden zahlen
Die Firma Lime bedauert den Vorfall und weist darauf hin, dass ihre Versicherung für den Schaden der Dame aufkommt. „Beim ordnungsgemäßen Abstellen unserer Fahrzeuge sehen wir uns klar mit in der Verantwortung - insbesondere natürlich für Menschen mit einer Sehbeeinträchtigung“, sagt ein Unternehmenssprecher. „Grundsätzlich setzen wir dafür auf eine Kombination von Aufklärung, technischen Lösungen, den persönlichen Einsatz unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor Ort und Kooperationen mit den Städten.“
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Die Kunden würden in der App auf die zulässigen Abstellbereiche hingewiesen und durchlaufen ein Tutorial mit den wichtigsten straßenverkehrsrechtlichen Regeln. Auch seien in Mülheim bereits spezielle Parkflächen geschaffen worden, das Abstellen, etwa in Grünbereichen sei untersagt.
Um für mehr Rücksichtnahme im öffentlichen Raum zu werben, werden Mitarbeiter regelmäßig geschult und Nutzer gezielt über die App informiert. „Für Lime steht fest, dass neue Mobilitätsangebote nicht auf Kosten anderer entstehen dürfen“, so der Unternehmenssprecher. Auch wenn die Scooter gefühlt oft im Weg stehen: Eine ADAC-Studie habe gezeigt, dass die deutliche Mehrheit der Fahrzeuge an den richtigen Stellen geparkt werde. „An dem Rest arbeiten wir selbstverständlich weiterhin hart - so auch in Mülheim.“