Mülheim. Mehr als 200 Jahre nach ihrer Gründung ist Mülheims Friedrich-Wilhelms-Hütte an einen Finanzinvestor verkauft. Was der nun vorhat.
Die traditionsreiche Friedrich-Wilhelms-Hütte, einst feste Größe im industriellen Kern Mülheims, ist verkauft. Die Georgsmarienhütte trennt sich von dem zuletzt immer stärker kriselnden Betrieb, verkauft ihn an einen Finanzinvestor.
Die Hamburger Beteiligungsgesellschaft CE Capital Partners wird den Geschäftsbetrieb des Herstellers von Stahlgussprodukten übernehmen, hieß es am späten Freitagnachmittag in einer Mitteilung des Unternehmens. CE Capital Partners ist nach eigener Darstellung „eine Beteiligungsgesellschaft nach hanseatischem Vorbild, die Unternehmen weltweit Kapital unabhängig von Banken, Investmentfonds oder dem Kapitalmarkt zur Verfügung stellt“. Über den Kaufpreis und die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen haben beide Seiten Stillschweigen vereinbart.
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Formelle Übernahme des Mülheimer Stahlguss-Herstellers zum 1. September
Die entsprechenden Kaufverträge sind unterzeichnet, der Deal perfekt. Die formelle Übernahme soll „aus technischen Gründen“ zeitversetzt erst zum 1. September vollzogen werden. Ab diesen Zeitpunkt wird die FWH als FWH Stahlguss GmbH, die Verwaltungsgesellschaft als CE Mülheim Verwaltungs-GmbH firmieren.
„Wir freuen uns sehr, nach einem herausfordernden Investorenprozess mit CE Capital Partners einen Käufer gefunden zu haben, der die traditionsreiche Friedrich-Wilhelms-Hütte übernimmt und weiterentwickeln will“, ließ sich der für die Restrukturierung verantwortliche Geschäftsführer Dirk Andres, Rechtsanwalt und Sanierungsexperte von der Kanzlei Andres Partner, am Freitag zitieren. Die Investorensuche war international ausgerichtet.
Einige vorherige Verhandlungen mit möglichen Investoren waren Informationen dieser Redaktion nach in der Vergangenheit gescheitert – manches Mal erst kurz vor möglichen Vertragsabschlüssen. Auch CE Capital Partners hatte demnach schon einmal als potenzieller Investor vorgefühlt. Jetzt sollen sie doch wieder ins Rennen eingestiegen sein. Die Zusage eines herausragenden Ankerkunden der Hütte, langfristig Aufträge nach Mülheim geben zu wollen, soll die Entscheidung pro Kauf befördert haben.
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CE Capital Partners will internationale Marktposition der Hütte stärken
Nicolas Neumann, geschäftsführender Gesellschafter bei CE Capital Partners, drückte derweil seine Freude aus über „den Erwerb einer der führenden Stahlgießereien in Europa, welche in den nächsten Jahren durch CE Capital Partners mit ihren hervorragenden Produkten global am Markt positioniert werde“. Neumann sagte, dass eigens die CTI Industrie Holding gegründet worden sei, um die Marktposition der Hütte zu stärken. Weitere Zukäufe seien nicht ausgeschlossen.
Die Geschäftsführung der Hütte wird im Zuge der Übernahme ausgetauscht. Die Geschicke der FWH Stahlguss GmbH soll Lars Steinheider in die Hand nehmen, ein seit über 25 Jahren in der Gießereibranche tätiger Manager, der zuletzt als Geschäftsführer der Buderus Guss GmbH in Breidenbach (Produktbereich der Robert Bosch GmbH) und als Vorstand und Gesellschafter bei MAT Foundry Group in Großbritannien wirkte.
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Aus für den Mülheimer Eisenguss war im September 2020 verkündet worden
Der Verkauf wurde umgesetzt von der Düsseldorfer Unternehmensberatung Knight Wendling. Deren Geschäftsführer Klaus Schmitz-Cohnen dankte am Freitag auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Hütte. Sie hätten die jetzt vorliegende Fortführungslösung der FWH erst möglich gemacht, ergänzte Rechtsanwalt Dirk Andres. Die Belegschaft der Friedrich-Wilhelms-Hütte ist am Freitagmittag über den Verkauf und das weitere Vorgehen informiert worden.
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Wegen massiver Umsatzeinbrüche durch die Corona-Pandemie hatten die Friedrich-Wilhelms-Hütte Eisenguss GmbH sowie die Friedrich-Wilhelms-Hütte GmbH am 22. Juni 2020 jeweils ein Schutzschirmverfahren gestartet, um eine Restrukturierung möglich zu machen. Als Ergebnis dessen schloss die Hütte ihre traditionsreiche Eisengießerei; 235 Mitarbeiter mussten den Betrieb verlassen. Seither existiert von dem Unternehmen, das einst einer der größten Arbeitgeber der Stadt war, nur noch die Stahlgießerei, die hochtechnologische Stahlguss-Stücke verschiedenster Legierungen für verschiedenste Anwendungsbereiche herstellt.
IG Metall glaubt an gute Perspektive für die Hütte: Investor sei keine Heuschrecke
Dirk Horstkamp von der örtlichen IG Metall wertete den überraschend schnell zustande gekommenen Deal positiv. Der neue Geschäftsführer Steinheider habe signalisiert, dass die Arbeitgeberin an der Tarifbindung und an Besitzständen der rund 230 verbliebenen Mitarbeiter festhalten wolle. Auch die Ankündigung, womöglich durch Zukauf weiterer zukunftsfähiger Gießereien, neue Produkte und Kunden wachsen zu wollen, sei zu begrüßen.
In CE Capital Partners sieht der Gewerkschafter keine der berüchtigten Heuschrecken-Investoren, denen es nur darum gehe, „auszuquetschen und wegzuschmeißen“. Aus Sicht der IG Metall sei die Übernahme „eine Chance“ für die Friedrich-Wilhelms-Hütte. Die Trennung von der Georgsmarienhütte sei zu verschmerzen. Sicher: Einen solchen Großkonzern als Rückhalt zu wissen, gebe auch ein Stückweit Sicherheit. Andererseits sei die Hütte nun aber auch befreit von trägen Konzernstrukturen, die eine Entwicklung auch hemmen könnten, so Horstkamp. „Ich weine der Georgsmarienhütte nicht hinterher.“