Mülheim. . Friedrich-Wilhelms-Hütte, Europipe, bald Mannesmann Grobblech? Große Mülheimer Unternehmen müssen mit Kurzarbeit auf Auftragsflauten reagieren.

Die Beschäftigungskrise in Mülheims großen Industrieunternehmen setzt sich fort. Neben der Friedrich-Wilhelms-Hütte fährt seit Februar auch Großrohr-Produzent Europipe Kurzarbeit, bei Mannesmann Grobblech (MGB) deutet die Auftragslage auch kurzfristig auf Kurzarbeit hin.

„Die Marktsituation der MGB ist unverändert. Die Grobblechkunden ordern sehr kurzfristig und nur kleine Mengen“, so Bernhard Kleinermann als Sprecher der Salzgitter AG zur Lage beim Mülheimer Tochterunternehmen. Es gebe nach wie vor Überlegungen, ab Ende März, Anfang April Kurzarbeit im Betrieb einzuführen.

Bei Europipe, dem Joint Venture von Salzgitter AG und Dillinger Hütte, wird seit Anfang Februar in Teilbereichen Kurzarbeit gefahren. „Die Auftragslage ist auch hier unverändert schwierig“, so Kleinermann. Bereits im Dezember hatte Mannesmann-Chef Clemens Stewing im Gespräch mit dieser Zeitung düstere Prognosen für die zwei stahlverarbeitenden Betriebe in Mülheim abgegeben, weil zwar international rund 15 große Pipeline-Projekte in Planung sind, „aber überall ein Fragezeichen dransteht“.

Von rund 180 Leiharbeitnehmern hat man sich getrennt

Der Flaute sollte zunächst damit begegnet werden, dass Mitarbeiter ihre prall gefüllten Arbeitszeitkonten räumen. Der Puffer wird absehbar aufgebraucht sein. Von rund 180 Leiharbeitnehmern hatte man sich zuvor schon getrennt.

Die wirtschaftliche Entwicklung des Geschäftsbereiches Mannesmann werde mindestens im ersten Halbjahr von der unbefriedigenden Auslastung von Europipe gekennzeichnet sein, heißt es in der aktuellen Prognose der Salzgitter AG. Für MGB stellt der Konzern fest, dass der Grobblechmarkt nach wie vor von besonders hohen Importvolumina aus Drittländern in die EU gekennzeichnet sei. Zudem verschärften fehlende Anschlussaufträge zur Lieferung von Vormaterial für Rohrleitungen an Europipe die Situation für das Mülheimer Werk. Insgesamt rechnet die Salzgitter AG im Geschäftsbereich Grobblech/Profilstahl in diesem Jahr mit einem Umsatz und Ergebnis spürbar unter den Vorjahreswerten, gar mit einem Vorsteuerverlust.

Auftragsflaute in der Energietechnik hält an

Kurzarbeit wird seit Februar auch im Bereich Eisenguss der Friedrich-Wilhelms-Hütte (FWH) gefahren. Auslöser waren Auftragsrückgänge in der Energietechnik. „Das hat sich noch nicht normalisiert, die Auftragsflaute in der Energietechnik hält an, wir haben im Eisenguss keine Vollbeschäftigung“, sagt Geschäftsführer Mark Vierbaum.

Auch die Nachfrage aus dem Maschinenbau schwächele. Einer der Gründe sei ein Cyber-Angriff auf ein Kundenunternehmen, das die FWH mit Komponenten beliefert hat – der Münchener Maschinenbauer Krauss-Maffei, erläutert der Geschäftsführer. Der Hackerangriff mit einem Trojaner hatte Fertigung und Montage des Münchener Anlagenbauers lahmgelegt, das Unternehmen produzierte anschließend nur mit gedrosselter Leistung. In der Folge gingen weniger Aufträge bei der FWH ein.

Versetzungen aus dem Eisenguss in den Stahlguss

„Zwar scheint die Cyber-Attacke für das Unternehmen so gut wie überstanden“, sagt Vierbaum. Nachhol-Bestrebungen aus München aber verzeichne man in Mülheim noch nicht. Wie lange der Eisenguss noch Kurzarbeit fahren müsse, sei derzeit nicht abzusehen. „Ich gehe davon aus, dass es beim Eisenguss noch zwei, drei Monate so bleiben wird.“ Allerdings kompensiere die Hütte einen Teil des Ausfalls durch den Geschäftsbereich Stahlguss. „Wir gleichen dadurch etwas von dem Nachfragemangel aus“, so Vierbaum.

Einher gehe damit die interne Versetzung von Mitarbeitern aus dem Eisenguss in den Stahlguss. Der Austausch von Mitarbeitern zwischen den beiden Bereichen sei seit einigen Jahren geübte Praxis, so Vierbaum.