Mülheim. Eine Hebamme hat mit Kindern der Mülheimer Grundschule am Dichterviertel über Schwangerschaft und Geburt gesprochen. Die Lehrkräfte sind dankbar.
Die vielleicht wichtigste Botschaft, die die Kinder der Mülheimer Grundschule am Dichterviertel aus einem neuen Projekt mitgenommen haben, lautet wohl: Eigentlich sind wir alle gleich, aber dennoch ist jeder für sich etwas ganz Besonderes. Gemeinsam mit Hebamme Annika Bardenhorst sprachen die Kinder über Schwangerschaft und Geburt.
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Dabei erzählte sie den Kindern auch, dass nur, weil ihre Samenzelle – und nicht eine der Millionen von Kontrahenten – die schnellste gewesen sei, genau sie entstanden und im Bauch der Mutter herangewachsen seien. „Die Kinder spüren dann auch einen gewissen Stolz und ich habe schon das Gefühl, dass das bei den Kindern angekommen ist“, freut sich die Hebamme, die die Idee zu dem gemeinsamen Projekt des Evangelischen Krankenhaus Mülheim (EKM) und der Grundschule am Dichterviertel hatte.
Mülheimer Kinder durften in die Rolle einer werdenden Mutter schlüpfen
„Es ist wichtig, dass die Kinder wissen, dass sie etwas ganz Besonderes sind, jeder für sich.“ Doch auch praktisch lernten die Kinder der dritten und vierten Klassen ganz viel über das Wunder der Geburt. Um den Geburtsvorgang anschaulich zu zeigen, hatte Hebamme Bardenhorst extra eine Nachstellung eines weiblichen Beckens und eine Säuglingspuppe im Gepäck. Auch durften die Kinder mal in die Rolle einer werdenden Mutter, mal in die Rolle einer Hebamme schlüpfen. „Ich hatte eine Puppe unter dem T-Shirt“, erzählt der 9-jährige Ali, der auch als Junge einmal wissen wollte, wie sich eine Schwangerschaft in etwa anfühlen könnte. „Medina hat dann die Hebamme gespielt und geguckt, in welcher Lage das Baby liegt.“
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Annika Bardenhorst ist selbst Mutter zweier Töchter und weiß deshalb, dass Kinder neugierig sind und auch zum Thema Schwangerschaft und Geburt viele Fragen haben. „Ich als Hebamme habe natürlich noch mal eine ganz andere Sicht auf diese Themen“, sagt Bardenhorst. „Daher kam mir die Idee an Schulen heranzutreten und Kinder über diese ganz normalen und natürlichen Vorgänge kindgerecht zu informieren.“ Sie holte sich Dr. Andrea Schmidt, Chefärztin Frauenklinik im EKM, mit ins Boot, die sofort von der Idee begeistert war.
Lehrerinnen haben mit den Eltern vorab über das Projekt gesprochen
Bei Schulleiterin Nicola Küppers und ihren Kolleginnen rannten die beiden Fachfrauen mit der Projektidee offene Türen ein. Sexualkundeunterricht ist an den Grundschulen verpflichtend, aber nicht immer einfach. Deshalb „bin ich für dieses Angebot, diese Möglichkeit für die Kinder sehr dankbar“, sagt Nicola Küppers. Auch die Lehrerinnen Silke Schneider und Renate Naderwitz begrüßen die fachkundige und kindgerechte Unterstützung. Denn der unkommentierte Bildkonsum, mit dem Kinder in Sachen Sexualität heutzutage schon früh konfrontiert würden, erfordere, dass man mit den Kindern in den Dialog komme. Auch als Schutzfunktion. Deshalb habe man im Vorfeld mit den Kindern und auch mit den Eltern über die Inhalte des Projekts gesprochen.
Um die Jungen habe sich extra der Sozialarbeiter der Grundschule gekümmert und sie auf das Projekt vorbereitet. Denn, wie an vielen anderen Grundschulen auch, arbeiten an der Grundschule am Dichterviertel nur Lehrerinnen.
„Kurz bevor mein Bruder geboren wurde, hat meine Mama ziemlich geweint“
Aus Erzählungen wussten viele Kinder auch etwas über die eigene Geburt oder die von Geschwistern und die Zeit kurz danach. Einige waren Schreikinder, andere waren als Baby, so haben es die Eltern erzählt, ganz pflegeleicht. „Kurz bevor mein Bruder geboren wurde, hat meine Mama ziemlich geweint, wegen der Schmerzen“, kann sich Ali erinnern und fügt lachend hinzu: „Am Anfang durfte ich meinen Bruder nicht halten, weil meine Mama Angst hatte, dass er mir runterfällt.“
Ein ganz besonderes Kind unter den Besonderen ist der 9-jährige Abud. Denn der Schüler der Zebraklasse hat, so stellten Ärzte erst lange Zeit nach seiner Geburt fest, sein Herz buchstäblich am rechten Fleck.