Mülheim. Die Kreissynode der Mülheimer Protestanten muss sich mit Einsparungen beschäftigen. Der Superintendent nennt dabei Personal und Standorte.
Vor der Kreissynode, die am Samstag, 12. Juni, Corona-bedingt als Online-Konferenz abgehalten wird, äußert sich Mülheims oberster Protestant, der aus der Gemeinde Broich-Saarn kommende Pfarrer Gerald Hillebrand zu den aktuellen Kernthemen, die auf dem Beratungs- und Beschlusstisch der Synodalen liegen. Der 64-jährige Superintendent Hillebrand steht seit 2017 an der Spitze des Kirchenkreises An der Ruhr.
Das Kirchenparlament wird unter anderem über die Finanzlage des Kirchenkreises beraten. Der demografische Wandel und die Kirchenaustritte führen tendenziell zum Absinken der Gemeindegliederzahlen. Was bedeutet das perspektivisch für die Finanzausstattung und die Handlungsfähigkeit des Kirchenkreises?
Gerald Hillebrand: Wir müssen kreativ und flexibel sein, um mit weniger Geld weiter gute Arbeit zu machen. Es ist damit zu rechnen, dass die finanziellen Spielräume kleiner werden. Perspektivisch projiziert die von der Evangelischen und Katholischen Kirche in Deutschland gemeinsam in Auftrag gegebene „Freiburger Studie“ bis 2035 ein finanzielles Minus von 26 Prozent. Aktuell wird das durch Entnahmen aus den Rücklagen aufgefangen, das kann aber keine Dauerlösung sein.
Größter Haushaltsposten ist das Personal
Die größten Kostenpositionen in allen unseren Haushalten sind das Personal. Das bedeutet also für uns, dass wir in Zukunft nicht mehr mit ebenso viel Personal und an ebenso vielen Standorten arbeiten können, wie wir es jetzt tun. Dennoch bleiben wir aktiv: insbesondere in Gottesdiensten und Seelsorge, aber auch in den Schwerpunkten „Zum Glauben ermutigen“ und „Familien stärken“. Wobei mit „Familie“ nicht allein das Modell „Vater-Mutter-Kind“, sondern umfassend jede Form des Generationen übergreifenden solidarischen Zusammenlebens gemeint ist.
Die Kreissynode ist das Kirchenparlament
Die Kreissynode ist das aus 78 gewählten Abgeordneten bestehende Kirchenparlament des Evangelischen Kirchenkreises, das im Frühjahr und im Herbst sowohl über finanzielle, sozialethische und theologische Fragen berät.
Das Gremium wählt auch den zwölfköpfigen Kreissynodalvorstand und den Superintendenten. Der Superintendent ist auch Aufsichtsrat und Kurator des Diakonischen Werkes, des Diakoniewerkes Arbeit und Kultur und der Evangelischen Altenhilfe.
Zum Kirchenkreis gehören die Gemeinden Broich-Saarn, Speldorf, Lukas, Markus, Vereinte Kirchengemeinde Mülheim, die Theodor-Fliedner-Stiftung und Heißen.
In Mülheim gehören der Evangelischen Kirche 42.700 Mitglieder an. 1973 gab es in Mülheim 193.000 Einwohner, davon waren 105.000 evangelisch. 2010 gab es in Mülheim noch 60.000 evangelische Gemeindemitglieder. Heute leben in Mülheim 172.000 Menschen aus mehr als 140 Nationen. Vor diesem Hintergrund hat die Kreissynode bereits 2014 eine Strukturreform beschlossen.
Was bedeutet die vorgesehene Auflösung der Anstaltskirchengemeinde bei der Theodor-Fliedner-Stiftung für die Seelsorge der Bewohnerinnen und Bewohner im Selbecker Fliednerdorf?
Es wird nicht nur die Anstaltskirchengemeinde aufgelöst, sondern auch eine neue, zum großen Teil durch die Fliedner Stiftung refinanzierte Pfarrstelle eingerichtet. So ist gewährleistet, dass die Bewohner der Stiftung weiter seelsorglich begleitet werden. Das Konstrukt der „Anstaltskirchengemeinden“, hat sich mittlerweile überholt, so dass in der gesamten Rheinischen Kirche diese an Einrichtungen orientierten Gemeinden aufgelöst worden sind. Die Gemeinde bei der Fliedner Stiftung in Mülheim war die letzte dieser Art in unserer Landeskirche.
Seelsorge, Jugendarbeit und Kirchenmusik müssen mit weniger Stellen planen
Mit Blick auf die inhaltliche und die Finanzplanung werden auch Arbeitsberichte zu den Bereichen Jugendarbeit, Seelsorge und Kirchenmusik diskutiert: Welche Herausforderungen und Handlungsschwerpunkte sehen Sie in diesen Bereichen?
Die Frage ist, inwieweit wir unseren Blick über den Tellerrand richten, um auch mit einem langfristig schmaleren Stellenplan Kirchenmusik, Jugendarbeit und Seelsorge anzubieten. Dabei kann es helfen, wenn man sich nicht mehr allein an Gemeindegrenzen orientiert, sondern die inhaltliche Arbeit in diesen Feldern stärker als gemeinsame Aufgabe für ganz Mülheim in den Blick nimmt.
Wir werden perspektivisch nicht mehr so sehr in der Fläche präsent sein können wie zuvor. Dennoch ist uns an der Qualität der Arbeit gelegen. Wie Seelsorge, Jugendarbeit und Kirchenmusik künftig gestaltet werden können, damit beschäftigen sich Arbeitsgruppen, die zur Synode einen Zwischenbericht abgeben.
Mülheim, Essen, Oberhausen arbeiten künftig in einem Schulreferat zusammen
Gibt es mehrere Kandidaten für den zu wählenden Vorsitz des neuen kirchenkreisübergreifenden MEO-Schulausschuss – und welche Aufgabe hat diese Kommission?
Bei uns ist es üblich, dass die Arbeit in kreiskirchlichen Aufgabengebieten von einem Ausschuss begleitet wird. Über die Ausschüsse bekommen die Arbeitsbereiche eine Rückbindung an die Kirchengemeinden, und es ist eine Plattform zum Austausch gegeben. Neu ist an dieser Stelle die kirchenkreisübergreifende Zusammenarbeit von Mülheim, Essen und Oberhausen in einem gemeinsamen Schulreferat, daher gibt es auch einen neuen gemeinsamen Ausschuss. Für den Vorsitz gibt es eine Kandidatin.