Mülheim. Aldi spendet 5000 Prepaid-Karten für Mülheimer Kinder, die zu Hause kein WLAN haben. Der OB macht daraus einen „Hilferuf“ an die Bundesregierung.

Über eine Spende von Aldi Süd im Wert von rund 50.000 Euro freut sich die Stadt Mülheim. Sie besteht weder in Geld noch in Geräten, sondern in Datenvolumen: Der Discounter stellt 5000 Prepaid-SIM-Karten von Aldi Talk zur Verfügung, für Schülerinnen und Schüler, die zu Hause kein WLAN haben. Regulär kosten sie 9,99 Euro pro Stück.

Mülheimer OB: Bundesregierung müsste Datenvolumen bezahlen

Mülheims Oberbürgermeister Marc Buchholz nahm die Spende am Montagmorgen in der Aldi-Verwaltung an der Burgstraße entgegen. Seinen Dank an den Konzern verbindet Buchholz mit Kritik an der Bundesregierung: Eigentlich, so der OB, müsste sie diese Kosten tragen.

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Tatsächlich hat Mülheim schon Unterstützung für die digitale Ausstattung finanziell schwächer gestellter Kinder und Jugendlicher bekommen. Fast 5000 Schul-Tablets wurden gekauft und Ende März verteilt, dafür gab es im Rahmen des Sofortausstattungsprogramms rund 1,4 Millionen Euro. Weitere rund acht Millionen Euro aus dem Digitalpakt liegen bereit, um das WLAN in den Schulen auszubauen. Hier hat die Stadt bislang die aufwendigen Anträge noch nicht gestellt, will dies aber zeitnah in Angriff nehmen.

„Bildungsflatrate“ für finanzschwache Familien

Bei den Schul-Tablets wurde lange über Modelle und Ausschreibungsmodalitäten gestritten. Der OB betont jetzt noch einmal, dass er stets darauf gedrungen habe, LTE-fähige Geräte anzuschaffen. So könnte man SIM-Karten verwenden, wenn die Kinder und Jugendlichen zu Hause nicht über WLAN verfügen. Über eine „Bildungsflatrate“ müsse der Bund für die Kosten aufkommen, meint Buchholz. Sie sei auch im Zusammenhang mit dem Soforthilfeprogramm für IT-Endgeräte versprochen worden, lasse aber auf sich warten.

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Tatsächlich heißt es in der Vereinbarung zum Sofortausstattungsprogramm (Präambel) wörtlich: „Darüber hinaus wird der Bund, in Absprache mit den Ländern, mit Mobilfunkanbietern nach Lösungen für Schülerinnen und Schüler suchen, die in ihrer häuslichen Situation nicht auf eine bestehende Netzanbindung zugreifen können und auch insoweit der Unterstützung bedürfen.“

5000 Prepaid-Karten für Schüler ohne WLAN: Mülheims OB Marc Buchholz nimmt die Spende von den Aldi-Süd-Vertreterinnen Michele Ermels (li.) und Carla Henckel entgegen.  
5000 Prepaid-Karten für Schüler ohne WLAN: Mülheims OB Marc Buchholz nimmt die Spende von den Aldi-Süd-Vertreterinnen Michele Ermels (li.) und Carla Henckel entgegen.   © Aldi SÜD

Darauf pocht der Mülheimer Oberbürgermeister nun. Dass Aldi Datenvolumen spende, sei auch „ein Hilferuf an die Bundesregierung, um sie an ihr Versprechen zu erinnern, nicht nur die Hardware für das Homeschooling zu finanzieren, sondern auch die finanziellen Ressourcen für das Datenvolumen zu Hause beizusteuern“.

Brandbrief an Angela Merkel und die zuständigen Ministerien

In einem „Brandbrief“ an Bundeskanzlerin Angela Merkel hat Marc Buchholz schon Anfang Mai gefordert, SIM-Karten für Schülerinnen und Schüler bereitzustellen. Nur so könnten bedürftige Kinder am Distanzunterricht teilnehmen. Gerade eine Stadt mit so angespannter Haushaltslage wie Mülheim habe hier keine Möglichkeit, mit freiwilligen Leistungen zu helfen, so Buchholz in seinem Schreiben an die Bundesregierung. Kopien sind auch an NRW-Ministerpräsident Armin Laschet und an die zuständigen Bundes- bzw. Landesministerien gegangen, „in der Hoffnung, dass wir im Sinne einer Bildungsgerechtigkeit eine Lösung herbeiführen, die im besten Fall kurzfristig nach den Sommerferien 2021 auch vor Ort greift“.

Prepaid-Karten werden über die Schulen verteilt

Der Oberbürgermeister weist darauf hin, dass fast jedes dritte Kind in Mülheim von Sozialleistungen lebt. Sein Vorschlag: Bedürftige Familien bekommen zehn Euro extra im Monat für Datenvolumen für das Homeschooling. Die gesetzlichen Grundlagen könnten im Rahmen des sogenannten Bildungs- und Teilhabepaketes (BuT) des Bundes geschaffen werden. Eine Antwort auf den Brandbrief hat es nach Auskunft der Stadt aber bislang nicht gegeben.

Aldi-Manager: Leistung der Mülheimer Schulen ist „großartig“

Aldi-Manager Carlos Rasel, der im Unternehmen für den Bereich Corporate Citizenship (gesellschaftliches Engagement) verantwortlich ist, sagte zu der SIM-Karten-Spende: „Wir freuen uns sehr, die Schulen vor Ort unterstützen zu können. Was sie in der aktuellen Situation leisten, ist einfach großartig.“

Die Grundschule im Dichterviertel habe mit ihrem Online-Unterrichtskonzept sogar den Deutschen Schulpreis gewonnen, so Rasel. „Das zeigt, wie viel Potenzial in Mülheim steckt, und macht uns als Unternehmen von hier besonders stolz.“

Vorerst springt Aldi in die Bresche. Verteilt werden die Prepaid-Karten, genau wie die kürzlich angeschafften Tablets, über die Schulen. „Sie kennen die bedürftigen Familien am besten“, erklärt Stadtsprecher Volker Wiebels. Die SIM-Karten sollen nach den Sommerferien ausgegeben werden.