Mülheim. Nicht nur am Internationalen Tag der Artenvielfalt lohnt eine Tour durch die Mülheimer Ruhraue: Die Vielfalt ist groß – aber leider gefährdet.
Nicht nur am Internationalen Tag der Artenvielfalt lohnt es sich, beim Spaziergang hier und da mal genauer hinzuschauen. Denn auch vor der eigenen Haustür gibt es eine beeindruckende Vielfalt von Tier- und Pflanzenarten zu entdecken. Insbesondere in den Ruhrauen existiert ein sensibles System, das schützenswert ist. Denn Flora und Fauna sind nicht nur dadurch bedroht, dass durch den Menschen der Lebensraum immer kleiner wird. Auch eingeschleppte Tier- und Pflanzenarten verdrängen die Einheimischen. Welche Auswirkungen das auf das ganze Ökosystem haben kann, erklärt Holger Onnebrink bei einem Spaziergang durch die Ruhrauen.
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„Der Japanische Staudenknöterich und der Riesenbärenklau breiten sich hier am Wasserschutzgebiet flächendeckend aus“, sagt der Biologe vom RWW-Museum Haus Ruhrnatur. „Heimische Insekten gehen an diese Pflanzen nicht dran und damit fehlt wieder die Nahrung für die Vögel und andere Insektenfresser.“
Durch die Grundeln gibt es einen dramatischen Rückgang von Kleinstlebewesen im Fluss
Auch die Grundeln, eine Fischfamilie, die es bis vor einigen Jahren in heimischen Gewässern gar nicht gab, bereiten dem Biologen große Sorgen. Denn durch die Grundeln in der Ruhr gibt es einen dramatischen Rückgang von Kleinstlebewesen im Fluss. Außerdem seien sie Laichräuber, das heißt, sie vertilgen und dezimieren den Laich unserer heimischen Fischarten. „Das habe ich schon länger beobachten müssen, wenn ich mit Kindern eine Exkursion zur Ruhr mache, um mit dem Kescher Wasserproben zum Mikroskopieren zu entnehmen“, so Onnebrink. „Teilweise fangen wir kaum noch etwas.“
Dennoch sei es faszinierend, wie viel Leben, das man mit bloßem Auge nicht erkennen könne, in der Ruhr sei. Unter dem Mikroskop sehe man eine Welt, die einem sonst verborgen bliebe, wenn man immer nur das Große, auf Anhieb sichtbare im Blick habe.
In den Mülheimer Ruhrauen kann man den Tieren sehr nahekommen
Gerade bei Naturfotografen sind die Mülheimer Ruhrauen ein beliebtes Ziel, da man dort den Tieren sehr nahekommen kann. Dies liegt an der geringen Fluchtdistanz, die die Tiere entwickeln, wenn sie sich auf engem Raum an den Menschen gewöhnt haben.
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So wundert es Holger Onnebrink nicht, als er im Wasserschutzgebiet nur wenige Meter vom Gehweg entfernt, ein Reh entdeckt, das trotz der räumlichen Nähe ganz entspannt liegen bleibt. „Das Tier weiß genau, dass da jetzt keiner hinkommt, denn im Wasserschutzgebiet halten sich durch Absperrungen und Zäune die Menschen viel mehr an die Regeln, als in Naturschutzgebieten.“ Für Wildtiere seien diese Gebiete daher ein guter Rückzugsort. Außerdem herrsche in Wasserschutzgebieten eine große Insektenvielfalt, da dort keine oder kaum Pestizide zum Einsatz kommen.
Eine Biberdame mit Nachwuchs ist in die Ruhrauen zurückgekehrt
Dass sich Artenschutz und ein sensibler Umgang mit der Natur lohnt, zeigt die Rückkehr der Baumeister und Baumfäller. Eine Biberdame mit Nachwuchs ist in die Ruhrauen zurückgekehrt und siedelt sich wohl an der Ruhr an. Das sei ein sehr gutes Zeichen und zeige die gute Wasserqualität, so der Biologe. Auch Fischotter kann man wieder häufiger beobachten, Graureiher, Kormorane und Haubentaucher sind vor allem am Wasserwerk und Wehr hinter der Florabrücke keine Seltenheit mehr. Zu verlockend ist das große Fischangebot, das an Wehr und Wasserwerk durch die Umwälzung des Wassers entsteht.
Internationaler Tag der biologischen Vielfalt
Seit dem Jahr 2000 wird der 22. Mai als „Internationaler Tag der biologischen Vielfalt“ gefeiert. Er erinnert an den 22. Mai 1992, an dem in Nairobi Einigkeit über den Text des UN-Übereinkommens über biologische Vielfalt erzielt wurde.
Hauptanliegen der Konvention ist der Schutz der biologischen Vielfalt der Ökosysteme, der Arten bzw. Populationen und deren genetische Differenzierung sowie ihrer Ressourcen.
Um Kindern den Wert des Schatzes Artenvielfalt näherzubringen, bieten Holger Onnebrink und seine Kollegen vom Haus Ruhrnatur regelmäßig Exkursionen und Aktionen an, bei denen auf spielerische Art und Weise die heimischen Tierarten und deren Lebensräume entdeckt werden können. Aber auch Erwachsenengruppen können unter fachkundiger Begleitung die Natur in Mülheim erkunden.
Laut Naturschutzbund sterben jeden Tag rund 150 Arten aus
Wie wichtig Natur- und Artenschutz sind, zeigt die traurige Statistik. Laut dem Naturschutzbund sterben jeden Tag rund 150 Arten aus. Deshalb sei die Arbeit mit Kindern besonders wichtig, weil sie so schon früh für das Thema sensibilisiert würden. Um wichtigen Naturschutz zu unterstützen, muss man aber kein großes Gewässer überqueren. Direkt vor der Haustür können wichtige Aktionen, wie etwa das Anlegen einer Wildblumenwiese für die Insekten, unterstützt werden, motiviert Biologe Onnebrink. Denn nur, wenn wir das Thema ernst nehmen und ein gutes Vorbild seien, könnten die Kinder von heute auch in der Zukunft noch von einer Artenvielfalt sprechen.