Mülheim. Die Mülheimer Angelvereine merken ein steigendes Interesse auch bei Jugendlichen. Warum sich die Angler vor allem auch um kleine Fische kümmern.
Das vergangene Corona-Jahr hat den Mülheimer Angelvereinen viel Zulauf gebracht: Deutlich mehr Mitgliedschaften als in den Vorjahren hat die Interessengemeinschaft (IG) der Fischervereine Untere Ruhr verzeichnet, in der 19 Mülheimer Vereine mit rund 3500 Mitgliedern vertreten sind. Das einsame Angeln am Ruhrufer dürfte zu den coronakonformen Beschäftigungen gehören.
„2020 war für die Angelvereine ein starkes Jahr“, sagt Michael Raspel, der Vorsitzender der IG der Fischervereine. Sein Verein, die „Angelfreunde Mülheim“, dessen Geschäftsführer er zudem ist, hat von seinen aktuell 641 Mitgliedern 127 neu im vergangenen Jahr hinzugewonnen. Darunter sind auch viele Jugendliche. Das Motiv für die hohe Nachfrage glaubt Raspel zu kennen: „Die Leute haben den Corona-Blues. Die wollen einfach raus in die Natur und etwas für sich tun.“
Die Mülheimer Angelvereine sind in der Jugendarbeit aktiv
Warum dann nicht gleich im Verein, wo man Gleichgesinnte trifft und Unterstützung findet? Vereine wie die Angelfreunde sind auch in der Jugendarbeit sehr aktiv. Der Verein habe zwei Jugendwarte, berichtet Raspel, das mache auch Sinn, denn die Fischereiprüfung darf man ja schon ab 15 Jahre ablegen. Die meisten Jugendlichen kennen das Angeln vom Vater oder Großvater und wollen dann auch selbst fischen. Denn auch das gehört zu Wahrheit: Es gibt Anglerinnen, natürlich auch in den Vereinen, aber der überwiegende Anteil ist männlich. Und die Männer, die in der Jugend schon geangelt haben, kommen oft nach längerer Pause wieder, weiß Raspel, dann oft schon mit den eigenen Kindern im Schlepptau.
Aktivitäten der Angelvereine
Wenn die Vereinsmitglieder Jungfische in der Ruhr freilassen, „Besatzmaßnahme“ heißt das in der Anglersprache, können sie sicher sein, auf großes Interesse zu stoßen.
Auch die Mülheimer Angelvereine beteiligen sich am Quappenprogramm: Damit soll der dorschartige Fisch in der Ruhr wieder heimisch gemacht werden. Quappen sind in NRW bedroht. 6500 Mini-Quappen hat die IG im letzen Frühsommer in die Ruhr gesetzt.
Sobald die Pandemiesituation es wieder zulässt, wollen die Fischereivereine zusammen mit ihren Jugendlichen Krebsreusen in die Ruhr setzen um so den Bestand der heimischen Krebse zu untersuchen. Denn auch die Flusskrebse drohen von „invasiven Arten“ verdrängt zu werden.
Angeln darf man nicht einfach so: Nach bestandener Fischerprüfung – auf die man sich in mehrstündigen Lehrgängen vorbereitet – muss man beim Ordnungsamt einen Fischereischein beantragen. Das ist eine Ausweispapier mit Lichtbild, das fünf Jahre lang gilt, erläutert Raspel.
Damit man damit auch in der Mülheimer Ruhr angeln darf, fehlt noch der Fischereierlaubnisschein, also die Lizenz. Diese kann man für die Ruhr (auf dem Abschnitt zwischen Essen-Kettwig-Unterwasser und der A 59-Brücke in Duisburg) erwerben bei der IG der Fischervereine Untere Ruhr. Denn die IG ist der Fischereirechtsinhaber, hat diese Uferabschnitte von der Ruhrfischereigenossenschaft gepachtet. Der Fischereierlaubnisschein wird tageweise oder für ein Jahr gegen Gebühr vergeben. Und auch das ist eine Zahl aus dem Coronajahr: 2020 waren alle 1500 Fischereierlaubnis-Jahresscheine der IG schon im September vergeben.
Die Aktion sauberes Ruhrufer muss 2021 coronabedingt verschoben werden
Wie die Jäger sind auch die Fischer zur Hege und Pflege in dem gepachteten Gebiet gesetzlich verpflichtet, erläutert Michael Raspel: „Es geht ja um den schonenden Umgang mit der Kreatur und der Natur.“ Das zeigen die aktiven Mitglieder der IG zum Beispiel alle Jahre wieder, wenn sie zur „Aktion sauberes Ruhrufer“ aufrufen und vor dem Frühling den Müll an der Ruhr wegräumen.
Die für den 6. März 2021 geplante Aktion muss in diesem Jahr coronabedingt ausfallen, bedauert Michael Raspel, der hofft, die Putzaktion im Herbst nachholen zu können.
Auch die Angelvereine kenne schwarze Schafe
Verantwortungsbewusste Angler beachten, welche Fische wann Schonzeit haben. Auch Raspel weiß, dass sich nicht alle daran halten, dass auch in Mülheim ohne gültige Angelpapiere, ohne Lizenz geangelt wird: „Das ist auch uns ein Dorn im Auge. Aber schwarze Schafe gibt es überall.“
Als Fischereirechtsinhaber sei man auch verpflichtet, „den Fischbestand zum Positiven zu verändern“, betont Raspel. Dann kümmern sich die Angler um die kleinen Fische: Für rund 20.000 Euro habe die IG im vergangenen Jahr Jungtiere heimischer Fischarten in die Ruhr gesetzt, darunter Hechte, Zander, Barsche, Brassen und Rotaugen, sagt Raspel.
Damit müssten Angler allerdings nicht ausgleichen, was sie selbst aus dem Wasser ziehen, erläutert Raspel, sondern sie arbeiten damit der gefräßigen Grundel entgegen. „Die Grundel ist eine stark invasive Fischart, die den Laich der anderen Fische frisst“, und damit den Bestand der heimischen Fischarten gefährde.