Mülheim. Die Aussagen von Mülheims Krisenstabsleiter zu Corona unter Migranten lösen Empörung aus. Es werden Forderungen nach einer Entschuldigung laut.
Empörung und Wut haben die Äußerungen des Mülheimer Krisenstabsleiters und Stadtdirektors Frank Steinfort beim Integrationsrat ausgelöst. Auch in Teilen der Politik ist die Aufregung groß. Steinfort hatte gesagt, dass der Ramadan zum Infektionsgeschehen beitrage, dass es Teile der Bevölkerung mit Migrationshintergrund gebe, die sich nicht an Regeln hielten und die mit der Kommunikation der Stadt nicht erreichbar seien. Der Integrationsrat hat am Donnerstagabend zusammen mit Vertretern der Politik in einer Videokonferenz über Steinforts Aussagen diskutiert – einige fordern eine Entschuldigung.
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„Das Statement kommt sehr ungelegen“, sagte Saadia Ibaoune, die dem Integrationsrat angehört. „Die Stadt macht es sich damit sehr einfach.“ Es gebe viele Lösungsansätze, sagt sie, und verweist auf die Ideen, die der Integrationsrat vor rund zwei Wochen dem Krisenstabsleiter zugesandt hat.
Mülheimer Integrationsrat hat Krisenstab Ideen vorgelegt
In dem Papier schlagen die Mitglieder unter anderem vor, eine große, mehrsprachige Impfaufklärung zu betreiben, große Plakate „mit bildlichen Symbolen“ aufzuhängen, mehrsprachige Videos zu veröffentlichen, auf Moscheevereine, Kirchen, Synagogen und Verbände zuzugehen sowie Sammelplätze zu sperren.
Auch Iris Schmitt, Diakonin und Mitglied der Grünen, forderte, dass nach Lösungen gesucht werden müsse statt zu stigmatisieren. Sie empfinde die Aussagen von Steinfort in seiner „exponierten Position“ als „unsäglich“. Sie seien ein „Fünf-Gänge-Menü für die AfD“, erklärte Hasan Tuncer, Vorsitzender des Integrationsrates.
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Politische Vertreter diskutieren mit – CDU trotz Einladung nicht dabei
Der Integrationsrat hatte politische Vertreter zur Diskussionsrunde eingeladen, darunter Franziska Krumwiede-Steiner von den Grünen, Nadia Khalaf und Rodion Bakum von der SPD, Andrea Mobini von den Linken, sowie Alfa Kay Preker-Frank und Dominik Meßink von „Die Partei“. Die CDU war trotz Einladung nicht vertreten.
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„Unter aller Kanone“ betitelte Preker-Frank Steinforts Äußerungen: „Es ist nicht zu akzeptieren, dass eine Unterscheidung zwischen Migranten und Nicht-Migranten gemacht wird. Das ist eine rassistische Äußerung und da ist eine Entschuldigung fällig.“ Krumwiede-Steiner sagte, es tue ihr leid „für alle, die sich emotional angesprochen fühlen“. Auch sie forderte eine Entschuldigung von Steinfort.
Nadia Khalaf: „Ein schlauer Schritt wäre es gewesen, vor dem Ramadan auf die Imame zuzugehen“
Deutliche Worte fand ebenfalls Nadia Khalaf, stellvertretende Vorsitzende der Mülheimer SPD. „Ich habe kurzzeitig Schnappatmung bekommen“, beschrieb sie ihre Reaktion auf den Bericht zu den Äußerungen Steinforts. Es habe ein Jahr Zeit gegeben, die Kommunikation zu suchen. „Ein schlauer Schritt wäre es gewesen, vor dem Ramadan auf die Imame zuzugehen.“ Die Zahlen seien nicht zu leugnen, doch keiner frage nach dem Warum.
Beengte Wohnverhältnisse, größere Familien, mehr Kinder, die unterschiedliche Klassen oder Kita-Gruppen besuchen – dies sind die Gründe, die in der Diskussionsrunde für die hohen Zahlen fielen. Doch es gab auch eine Stimme, die sich gegen die Meinungen der anderen stellte.
Ehemaliges Integrationsratsmitglied: „Viele arabische Familien treffen sich ständig“
„Viele arabische Familien treffen sich ständig“, sagte Robertina Ashouri, die als Dolmetscherin in Mülheim arbeitet, und vor der Wahl dem Integrationsrat angehörte. Sie selbst werde häufig zu Baby-Partys von arabischen Frauen eingeladen. „Wir haben Probleme und müssen sehen, wie wir damit klarkommen.“ Die Antwort aus dem Integrationsrat: „Wir müssen kritisch mit uns selbst sein, aber wir dürfen nicht kategorisieren.“
Konkrete Schritte sind an dem Abend noch nicht beschlossen worden. Der Integrationsrat wartet auf ein Gespräch mit Frank Steinfort. Franziska Krumwiede-Steiner schlug vor, ein Mitglied des Integrationsrates in den Krisenstab zu integrieren. Das allerdings sei aus Datenschutzgründen nicht möglich, sagte Steinfort auf Nachfrage am Freitag. Im Krisenstab sitzen keine Verbände. Er wolle nun aber an einer Sondersitzung des Integrationsrates teilnehmen – um den Dialog zu suchen.