Mülheim. Ein neues Integrationskonzept soll in Mülheim dabei helfen, Geflüchtete besser zu begleiten. Angedacht ist ein Case-Management wie im Job-Center.
Die Flüchtlingswelle 2015/16 hat deutsche Behörden vor große Herausforderungen gestellt – und aufgezeigt, dass längst nicht alles reibungslos läuft im Bereich Integration. Damit die Akteure vor Ort künftig besser zusammenarbeiten und der Geflüchtete mit seiner individuellen Geschichte im Mittelpunkt steht, hat man bei der Stadt jüngst mit dem Aufbau einer neuen Koordinierungs- und Steuerungsstelle begonnen. Das Kommunale Integrationsmanagement, kurz KIM, ist im Werden. Sonja Clausen sieht in dem vom Land geförderten Projekt eine Chance, „dass weniger Eingewanderte durchs Raster fallen und dass sie als selbstständige Menschen in der Gesellschaft leben können“.
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Ähnlich wie im Job-Center soll künftig der konkrete Fall im Vordergrund stehen, das so genannte Case-Management werde für Verbesserungen sorgen, glaubt die Leiterin des Kommunalen Integrationszentrums (KI). Gerade bei komplexen Fällen, in denen sich etwa umfangreiche aufenthaltsrechtliche Fragen stellen und es vielleicht noch andere Probleme gibt, müsse man genau überlegen, was langfristig zur Integration beiträgt. Beraten und Begleiten, Kümmern und Stärken seien Vokabeln in diesem Zusammenhang – aber eben auch die Erstellung eines genauen Profils, um herauszufinden, welche konkreten Schritte für den jeweiligen Menschen sinnvoll sind. „Es geht um ein Coaching durch den Dschungel der Möglichkeiten.“
Jeder Flüchtling soll das für ihn passende Angebot kennenlernen
Schon heute gebe es viele Stellen, die sich um das Schicksal der Neuankömmlinge kümmern, „doch immer wieder wundert man sich, dass jemand zum Beispiel nach fünf Jahren noch keine Arbeit gefunden hat“. Die Akteure vor Ort – Mitarbeiter des KI und verschiedener Ämter zählen dazu, aber auch Träger der Wohlfahrtspflege und Ehrenamtliche wie die vom CBE – müssten enger zusammenwirken. Durch Vernetzung und Analyse könne man erreichen, dass Hilfsbedürftige „die Angebote vor Ort wirklich kennenlernen, sie einschätzen können und gern daran teilnehmen wollen“.
Menschen aus 140 Nationen leben in der Stadt
In Mülheim leben rund 170.000 Menschen aus mehr als 140 Nationen. Die Zahl der Einwohner mit Zuwanderungsgeschichte nimmt zu, heißt es in dem Konzept, das erklärt, warum KIM gebraucht wird.
Von einem niedrigen Qualifikationsniveau bei 48 Prozent der Migrantenfamilien, ist die Rede, und von Gebieten, in denen 40 Prozent der Bewohner von SGB II und Grundsicherung leben. „Es gibt Straßenseiten, dort liegt die Quote nahezu bei 100 Prozent.“ Bei einem großen Teil der Kinder, vor allem aus nördlichen Stadtteilen, werden bei der Schuleingangsuntersuchung mangelnde Sprachkenntnisse festgestellt.
Integration von (neu) Zugewanderten sei eine immer wichtiger werdende Querschnittsaufgabe, heißt es. Um dieser Aufgabe gerecht zu werden, sei das ressortübergreifende Integrationsmanagement notwendig.
Die Landesregierung hat auch Geld für weitere Stellen in den Ausländer- und Einbürgerungsbehörden in Aussicht gestellt.
Seit 2020 fördert das Land Kommunen, die ihre bestehenden Strukturen weiterentwickeln wollen zu einem ganzheitlichen und ressortübergreifenden Integrationsmanagement. Allein in diesem Jahr stellt die NRW-Regierung dafür 50 Millionen Euro zur Verfügung. Der für Mülheim vorgesehene Anteil fließt erst nach und nach, erklärt Clausen. Rund 205.000 Euro seien bewilligt worden, um das im KI angedockte KIM aufzubauen. Zwei Stellen für Koordinierungsarbeiten und eine halbe für Verwaltungstätigkeiten sollen finanziert werden.
Fünf speziell geschulte Case-Manager sollen bei der Integration helfen
Eingestellt werden sollen auch bis zu fünf speziell geschulte Case-Manager; dafür steuert das Land 250.000 Euro bei. Dieses Geld geht an die Wohlfahrtsverbände, die die individuelle Fall-Bearbeitung voraussichtlich durchführen werden. Dass man beim Thema Integration bessere Ergebnisse erzielt, wenn man das Einzelschicksal in den Fokus stellt, sei eine zentrale Erkenntnis aus dem Pilot-Projekt „Einwanderung gestalten“, an dem die Kommune teilgenommen hat. „Dass die Beteiligten sich abstimmen und koordinieren müssen, war vorher schon klar – dass das besser gelingt, wenn man vom Einzelfall aus guckt, war neu“, so Clausen.
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Noch steckt KIM in den Kinderschuhen, der Politik sind jüngst erste Ergebnisse des Prozesses vorgestellt worden. Wie die Zusammenarbeit der Steuerungs- und Koordinierungsstelle KIM mit den anderen Beteiligten genau aussehen kann, zeichnet sich erst langsam ab. Gespräche laufen, auch eine Arbeitsgruppe mit Vertretern der Träger soll Input liefern. „Nach der Sommerpause“, so hofft Clausen, könne man mit ersten Fällen starten. „Wir wollen, dass die Menschen möglichst bald von KIM profitieren“.