Mülheim. Wer mehrsprachig aufwächst, ist geistig flexibler. Das Integrationszentrum Mülheim fordert mehr Mut im Klassenraum. Doch Vorurteile stehen im Weg

Manchmal können die eigenen Worte im Weg stehen. Im Technikunterricht fehlen einem syrischen Schüler beim Erklären die deutschen Begriffe, die Lehrerin aber beherrscht seine Muttersprache nicht. Und nun? „Ich kam nicht auf die Idee, einen syrischen Mitschüler, der besser Deutsch konnte, übersetzen zu lassen“, räumt Andrea Eikmeyer-Kitschenberg heute ein. Sie fordert mehr Mut zur Mehrsprachigkeit im Unterricht.

Vorurteile auch im Klassenzimmer gegen Sprachen aus dem arabischen Raum

Freilich hat die Mülheimer Pädagogin und Mitarbeiterin des Kommunalen Integrationszentrums (KI) dafür heute wissenschaftliche Unterstützung. In die Willy-Brandt-Gesamtschule hat das KI Mülheim am Dienstagmittag Pädagogen wie Experten eingeladen, um die Möglichkeiten und Vorteile mit rund 80 Teilnehmern zu diskutieren.

Und dabei spielen Vorurteile durchaus mit hinein, weiß der Sprachwissenschaftsstudent und Experte Benjamin Puente Schick: „Englisch in der Klasse ist kein Problem. Es sind eher die Sprachen aus dem arabischen Raum, die problematisch für manche Lehrer sind, weil diese nicht verstanden und auch ihre Kulturen in der Gesellschaft debattiert werden.“

Wer mehrsprachig aufwächst, ist geistig flexibler und leistungsfähiger

Lehrer seien keine Ausnahme, weiß der angehende Sprachwissenschaftler um etliche Beispiele, in denen es im Unterricht nicht erlaubt ist, arabisch zu sprechen. Denn die Sorge, dass Schüler in einer fremden Sprache über Lehrer oder andere Schüler herziehen, ist nicht gering, bestätigt auch Eikmeyer-Kitschenberg: „Sprache kann ausgrenzen. Schüler können aber auch über Lehrer flüstern.“

Sonja Clausen, Leiterin des Kommunalen Integrationsfenster, begreift „Sprache als Fenster in Lebenswirklichkeiten“ der rund 140 Nationen, die in Mülheim aktuell leben. Doch ihr geht es um mehr als nur um Verständnis: „Wer mehrsprachig aufwächst, ist nach wissenschaftlichen Erkenntnissen geistig flexibler und leistungsfähiger.“

Es lohne sich aus Sicht der Leiterin, diesen Schatz zu heben. Einige Vorträge und praktische Übungen gehen der Frage nach, wie das in der Kita und der Grundschule gelingen kann. „Und was wäre die Alternative? Sicher nicht, dass Schüler Sprachhürden aufbauen“, appelliert Clausen, Mehrsprachigkeit an Mülheimer Schulen zu fördern.