Oberhausen. Integration durch Bienenzucht: Zwei Flüchtlinge aus Mülheim züchten Bienen auf einem Friedhof in Oberhausen. Der erste Honig ist schon verkauft.
Furchtlos, beinahe etwas andächtig stehen Hameet Abdollabi und Mohammed Mahdi Ahadi vor den großen Bienenkästen. Völlig unbeeindruckt von den summenden Tieren um sie herum öffnen sie die Behälter und präsentieren stolz ihre Bienen. Die beiden Flüchtlinge sind seit einem Jahr Mitglieder im Bienenzucht-Verein Oberhausen und können nun endlich selbst Tiere halten.
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Abdollabi kommt ursprünglich aus dem Iran, Ahadi aus Afghanistan. Die beiden leben nun in Mülheim, haben ein neues Leben angefangen. Ahadi ist 30 Jahre alt und arbeitet in Osterfeld als Schweißer. Er und der 35-jährige Abdollabi arbeiten in Mülheim zunächst ehrenamtlich in der Talentwerkstatt des Centrums für bürgerschaftliches Engagement (CBE), reparieren Fahrräder. Doch dann kommt heraus: Hameet Abdollabi war im Iram Berufsimker. Eine Leidenschaft, die er auch in Deutschland wieder verfolgen möchte.
Bienenzucht auf dem Friedhof
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Wolfgang Seiring vom CBE ist von Hameets Berufswunsch begeistert und stellt 2019 den Kontakt zum Bienenzucht-Verein Oberhausen her. Die beiden Flüchtlinge haben sich derweil in der Talentwerkstatt angefreundet; Ahadi hilft seinem Freund bei Sprachbarrieren weiter und entwickelt selbst ein Interesse für die Bienen. „In Afghanistan hatte ich auch Tiere, Hähne und Esel“, erzählt der 30-Jährige. Auch wenn er noch viel von Hameet über die Tiere lernen muss, ist er zufrieden. „Die Bienen machen mir Spaß, ich kümmere mich gerne um sie.“
Und das an einem ungewöhnlichen Ort. Der Barbara Friedhof an der Teutstraße ist die neue Heimat von tausenden Bienen, die von Abdollabi und Ahadi gezüchtet werden. Dazu wurde eine Randfläche des Friedhofs komplett abgeräumt. Hermann-Josef Schepers hatte diesen kleinen Traum schon länger.
Der erste Honig ist bereits abgefüllt und verkauft
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Der Vertreter der Pankratius-Pfarrei ist selbst Imker und Mitglied im Verein. Als die Fläche immer leerer wurde, kam ihm die Idee zur Bienenwiese. „Wir haben schon vor Jahren so geplant, dass wir die Fläche jetzt benutzen können, haben neuen Rasen gepflanzt und sogar Vogelhäuser angebracht.“ Die Fläche liegt neben der Autobahn und unweit vom Olga Park – eine gute Lage für die Bienen.
Die Bienenzucht ist jedoch mit Herausforderungen verbunden. Der Berufsimker aus dem Iran hat erst einmal mit den neuen Wetterbedingungen in Deutschland zu kämpfen. Doch der Verein hilft. Hameet nimmt seinen Freund unter die Fittiche, bringt ihm alles Wissenswerte bei. Vom Verein durften die beiden Imker eine Schleuder ausleihen – der erste Honig ist bereits abgefüllt und an Bekannte und Freunde verkauft worden.
Iraner möchte auch in Deutschland als Berufsimker arbeiten
„Der Honig im Iran schmeckt stärker, intensiver“, erklärt Hameet Abdollabi. Wer das nicht glaubt, darf den Honig aus der Heimat Iran und den frisch geschleuderten Friedhofs-Honig probieren. Das Geheimnis: Die Luft in den Iraner Bergen ist anders, trockener. Die feuchte deutsche Luft kann da nicht ganz mithalten, meint der Fachmann. Aber: „Deutscher Honig ist der zweitbeste“, zwinkert der Iraner. Sein Wunsch ist es, auch hier in Deutschland wieder als Berufsimker arbeiten zu können. Er züchtet derzeit fleißig Ableger seiner Völker und hofft, weitere Abstellplätze für die Bienenkästen zu finden.
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Auch Heinz Depping, Vorsitzender des Bienenzucht-Vereins, ist begeistert von den beiden Mitgliedern. „Sie haben halt keinen heimischen Garten, wo sie die Kästen aufstellen können“, erklärt er. „Deshalb hat das mit der Fläche auf diesem Friedhof so besonders gut gepasst. Die beiden dürfen sich hier frei bewegen, haben sogar einen Schlüssel für das Tor und die Toilette.“ Sie hätten sich schnell im Verein integriert und sich für die Bienen begeistern lassen. Auch Mohammed Mahdi Ahadi, der sich an die Bienenstiche erst einmal gewöhnen musste. „Das merkt man aber irgendwann gar nicht mehr.“