Bei dem Landesprogramm „Einwanderungs gestalten“ hat Mülheim Vorbildcharakter. Der Aufbau der kommunalen Erstaufnahme wird gefördert. Dort wird der individuelle Weg der Flüchtlinge definiert

  • Die kommunale Erstaufnahme in Saarn ist für das Land ein Erprobungsprojekt im Programm „Einwanderung gestalten“
  • Gefördert werden zwei Stellen, die wissenschaftliche Begleitung und Sachleistungen
  • Für Flüchtlinge werden hier die Ziele definiert und ein roter Faden der Integration entwickelt

Mit seiner Willkommenskultur gilt Mülheim schon lange als vorbildlich. Nun wird die Stadt landesweit zu einem Pionier für einen neuen Weg, den das Land mit dem Förderprogramm „Einwanderung gestalten“ geht. Elf Kommunen werden für dieses Modellprojekt gesucht, Mülheim ist als Erprobungskommune gesetzt. „Wir brauchen ein modernes Einwanderungsmanagement. Ob Ausländerbehörde, Sozialamt, Jugendamt oder Kommunales Integrationszentrum, alle müssen an einem Tisch, um gemeinsam die Rahmenbedingungen zur Integration zu verbessern“, sagte Minister Rainer Schmeltzer in Düsseldorf bei der Projektpräsentation. Neben den Behörden müssten auch die Sozialverbände, die Agentur für Arbeit und weitere wichtige Akteure mit einbezogen werden. Das ist genau das, was in Saarn in der kommunalen Erstaufnahmestelle seit August bereits unter provisorischen Bedingungen geschieht. „Mülheim ist immer mit uns im Dialog und offen für die Umsetzung neuer Ideen“, begründet das Ministerium. Bei Fragen der Integration sei Mülheim erster Ansprechpartner.

Einwanderungsmanagement, das Wort sagt es schon, wie Klaus Konietzka betont, es ist davon auszugehen, dass die meisten der Flüchtlinge, wohl 80 Prozent, dauerhaft bleiben. Die Stadtgesellschaft habe sie daher aufzunehmen. „Wir müssen die Voraussetzungen schaffen, die ihnen ein gutes Leben ermöglicht. Das ist für alle Seiten von Vorteil“, sagt Sozialdezernent Ulrich Ernst. Die Menschen sind jung, der größte Teil jünger als 35 Jahre.

Der rote Faden der Integration

Es gibt Chancen: Die Menschen verfügen über Erfahrungen, Kompetenzen, auch wenn keine formalen Abschlüssen vorliegen, und sie sind motiviert. „Wir sollten kein Potenzial verschenken“, sagt er. Aber man sollte auch keine Illusionen hegen. Es wird ein langwieriger Prozess, bei dem die Menschen auch auf Hartz IV angewiesen sein werden. Ziel müsse es sein, dass sie dauerhaft ohne Leistungsbezug leben können. Das ist eine Investition in die Zukunft.

„Die Willkommenskultur muss in eine Willkommensstruktur umgewandelt werden“, sagt Konietzka. Die Fülle der Angebote und Anforderungen, mit denen sich Flüchtlinge bei ihrer Ankunft konfrontiert sehen, beschreibt er als Dschungel, in dem sie Orientierung und Hilfen benötigen. In einer Dienstleistungskette sollen die Fragen von Wohnen, Gesundheit, Bildung bis Kinderbetreuung zentral geregelt werden. Es gibt weder den typischen Flüchtlinge noch gibt es den geraden Weg, der zum Ziel führt.Wie bei einem Arztbesuch steht eine gründliche Anamnese am Anfang, die auch klärt, über welche Stärken der Mensch verfügt. Das ist das Herzstück des Prozesses. Dann wird gemeinsam der Weg zum Ziel festgelegt: der persönlichen roten Faden der Integration. „Damit dies gelingt, müssen alle Stellen verbindlich und verlässlich kooperieren“, so Konietzka. Es reicht nicht, wenn jede Stelle ihr Ding durchzieht. Die Blaupause für diesen Prozess ist die Sozialagentur in Styrum. Aber dieser Prozess geht tiefer, betont Ernst, weil auch das reibungslose ineinandergreifen der unterschiedlichen Stellen im Fokus steht. Dabei geht es um einen tiefgreifenden Wandel. Konietzka vergleicht die Situation mit einem Eisberg; Nur 20 Prozent sind sichtbar. Noch steht man mit der Arbeit ganz am Anfang.