Mülheim. Kommt nun Tempo in die VHS-Frage? Nachdem Architekt Dietmar Teich das Mülheimer Gebäude begangen hat, soll in vier Wochen ein Fahrplan entstehen.

Es dauerte nur knapp zwei Stunden, dann hatte der VHS-Architekt Dietmar Teich am Donnerstagmittag das VHS-Gebäude schon wieder verlassen. Geplant waren sieben. Schlechtes Zeichen? Absolut nicht: Vielmehr scheinen die Differenzen – und manchmal auch nur vermeintliche – zwischen Mülheimer Verwaltungsspitze und Bewahrern des denkmalgeschützten Gebäudes nach zwei Jahren harter Debatte erst einmal beiseite gelegt. „Ich will die Perspektive des Architekten ermöglichen“, betont OB Marc Buchholz, es sei gelungen, die Diskussion auf eine konstruktive Ebene zu bringen.

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Erste Erkenntnis des Architekten: „Brandschutz und Sanierung lassen sich nicht trennen“

Dietmar Teich bestätigt „das gute Gefühl“, dem Erhalt der VHS einen Schritt näher gekommen zu sein. Schon in vier Wochen will der Architekt mit dem Darmstädter Diplom-Ingenieur Matthias Pfeifer einen Fahrplan erstellt haben, anhand dessen das Gebäude genauer unter die Lupe genommen wird.

Teichs erster Besuch im Gebäude-Inneren nach rund 40 Jahren Abwesenheit dürfte allerdings manche Hoffnung nach einer schnellen und günstigen Sanierung bröckeln lassen: „Eine Trennung zwischen Brandschutz und Sanierung ist nicht möglich“, räumte Teich nach der Besichtigung am Donnerstag ein. Die Sanitär-, Heizungs-, Lüftungs-, Klima- und Elektrotechnik seien eng mit den Brandschutzmaßnahmen verbunden und überdies „marode“.

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Fahrplan für weiteres Vorgehen schon in vier Wochen

Und dennoch sieht Teich einen insgesamt „zufriedenstellenden Zustand, eine Basis, auf der man arbeiten kann“, und hält an dem Ziel, die VHS an der Bergstraße „sinnvoll in Betrieb nehmen zu können“, fest. In welchen Schritten das erfolgen kann, soll in den kommenden vier Wochen erarbeitet werden. Einigen sich Stadt und Architekt auf den Fahrplan, bedarf es neben dem politischen Beschluss schließlich der Ausschreibung.

Zu welchen Kosten? Nun, das ist die Preisfrage, die beide Seiten – Kämmerer, OB einerseits, der Architekt andererseits – zunächst einmal nach hinten schieben. Teichs Einschätzung bleibt, wenn auch deutlich vorsichtiger als bislang zu vernehmen war: „Es wird unterhalb dessen liegen, was das erste Gutachten von Assmann angegeben hat.“ Dieses veranschlagte damals 22 Millionen Euro. Doch ob es nun die Hälfte wird – wie Teich noch vor der Besichtigung hoffte – oder doch mehr, ist derzeit nicht abzusehen.

Gutachten und Kosten sind vorerst keine Hürden mehr

Die Initiative zum Erhalt der VHS mahnt mit Plakaten vor der Vier.zentrale an der Leineweber Straße, wo OB Buchholz die Politik und Initiative über die Begehung informierte.
Die Initiative zum Erhalt der VHS mahnt mit Plakaten vor der Vier.zentrale an der Leineweber Straße, wo OB Buchholz die Politik und Initiative über die Begehung informierte. © FUNKE FotoServices | Kerstin Bögeholz

Das wichtigere Signal jedoch ist: Auch Buchholz und Mendak haben sowohl das erste Gutachten als auch die Kostenfrage als Hürden, überhaupt über eine Sanierung nachzudenken, vorerst aus dem Weg geräumt. „Wir orientieren uns nicht am Gutachten“, sagt Teich, es gebe aber auch keine Notwendigkeit, das Gutachten zu kritisieren. Man gehe einen konstruktiven Weg.

Die tiefen Gräben zwischen Verwaltung und Bürgerinitiative scheinen ebenso zugeschüttet. Geschürte Vorwürfe, der Architekt habe damals „Planungsfehler“ gemacht und die Statik falsch berechnet, seien „so nicht gesagt worden“ und „nie ein Thema gewesen“, will Kämmerer Frank Mendack „die Emotionen herausnehmen“.

Bürgerinitiative „optimistisch, dass aus Worten nun auch Taten folgen“

Das Friedenspfeifchen raucht die Bürgerinitiative zum Erhalt der VHS mit: „Wir sind optimistisch, dass aus den vielen Worten nun auch Taten folgen werden“, sagte die BI-Sprecherin Inge Ketzer am Donnerstag der Redaktion, nachdem der OB sie und die politischen Fraktionssprecher über das Treffen mit Teich informiert hatte.

Erste Begegnung nach 40 Jahren

Vierzig Jahre ist es her, dass Dietmar Teich die von ihm entworfene VHS betreten hat. „Es kamen bei mir heute viele Erinnerungen hoch, zum Beispiel an die Schlüsselübergabe“, schildert der Architekt gerührt.

Bis heute ist die entworfene, schon damals besondere Architektur hoch geschätzt. Möglicherweise, hofft OB Marc Buchholz, finde sich aufgrund dessen auch eine Chance auf Landesfördermittel, um die Sanierungskosten für die Stadt zu senken.

Nach zwei Jahren Streit darum, ob der Architekt überhaupt ins Gebäude darf, ist ebenso die Schlüsselfrage geklärt. Teich, Pfeifer und sein Team können für ihre weiteren Analysen „jederzeit“ in die VHS. Wie das Ergebnis ausfällt, wann die VHS an die Bergstraße zurückkehrt, bleibt noch offen. Am Ende wird Teichs Analyse auch dem Gutachten gegenüberstehen – die Politik muss dann entscheiden.