Mülheim. Seit dem Bürgerentscheid tut sich an der Mülheimer VHS weiter nichts. Das will die Initiative nun ändern – und für mehr Öffentlichkeit sorgen.

Schon fast ein Jahr ist vergangen, seitdem sich rund 18.000 Mülheimer für den Erhalt der VHS in der Müga mit ihrer Stimme beim Bürgerentscheid ausgesprochen haben. Doch das Gebäude an der Bergstraße steht weiter verschlossen im Park, eine Sanierung ist nicht in Sicht. Die Bürgerinitiative hat zu einem Workshop geladen, um neue Ideen zu entwickeln, endlich die Umsetzung des Bürgerentscheids voran zu bringen.

Bereits Anfang des Jahres – vor Corona – hatte die Bürgerinitiative allen Oberbürgermeister-Kandidaten einen offenen Brief zugeschickt, inklusive zwei Fragen: ob sie die Umsetzung des Bürgerentscheids zur Chefsache machen wollen und ob sie dem Architekten, Dietmar Teich, den Zugangs zum Gebäude ermöglichen würden. Das hatte der scheidende Oberbürgermeister Ulrich Scholten Ende vergangenen Jahres zugesagt. In der VHS gewesen ist Teich bislang trotzdem nicht.

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OB-Kandidatin Monika Griefahn will VHS-Architekten Teich Zugang ermöglichen

Ausführlich schriftlich auf die Anfrage geantwortet hätte lediglich Andy Brings, OB-Kandidat von „Die Partei“, sagte Inge Ketzer von der Bürgerinitiative zur Begrüßung beim Workshop in der Alten Dreherei. Brings war auch der einzige Kandidat, der teilnahm an der Veranstaltung, später gesellte sich noch Cevat Bicici von „Wir aus Mülheim“ dazu.

Mit Monika Griefahn, OB-Kandidatin der SPD, habe die Initiative aber bereits zwei Gespräche geführt. „Sie hat uns zugesichert, wenn sie gewählt wird, Herrn Teich innerhalb von 100 Tagen in die VHS zu lassen“, sagte Ketzer. Mit dem Grünen-Kandidaten Wilhelm Steitz steht ein Gespräch kommende Woche an.

Albrecht Warth (MBI), Andy Brings (OB-Kandidat der Partei) und Heiner Schmitz, waren beim Workshop dabei.
Albrecht Warth (MBI), Andy Brings (OB-Kandidat der Partei) und Heiner Schmitz, waren beim Workshop dabei. © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka

Nun will die Initiative wieder mehr Aufmerksamkeit auf sich ziehen, sich im Wahlkampf noch mal positionieren und das Bewusstsein für den Bürgerentscheid hochhalten. Neue Ideen sollen her: Wie kann man mehr Öffentlichkeit schaffen? Wie soll sich die Erwachsenenbildung in Mülheim weiterentwickeln? Wie kann die Renovierung und Instandsetzung vorangetrieben werden? In drei Gruppen haben sich die knapp 20 Teilnehmer diesen Fragen gewidmet.

Aufmerksamkeit für Umsetzung des Mülheimer Bürgerentscheids gesunken

Gerade das Thema Öffentlichkeitsarbeit treibt die Initiative um, ist doch die Aufmerksamkeit für ihr Ansinnen seit der guten Wahlbeteiligung beim Bürgerentscheid merklich geschwunden. Dazu hat letztlich auch die Corona-Zeit beigetragen. Andy Brings schlug vor, sich intensiver in sozialen Netzwerken zu tummeln, dort „für sich eine eigene Öffentlichkeit zu finden“. Zu knapp seien dafür die Kräfte, entgegnete Inge Ketzer.

Doch für mehr Präsenz sprachen sich alle Workshop-Teilnehmer aus. „Man hat das Gefühl, dass man die zwei Jahre einfach verstreichen lassen will, bis der Bürgerentscheid seine Bindungswirkung verliert“, sagte Heiner Schmitz. „Das wäre eine Katastrophe, eine Ungeheuerlichkeit.“

VHS als Ort der Begegnung in den Vordergrund stellen

Eine Gelegenheit böte nun der Ende August anstehende Geburtstag des VHS-Gebäudes, schlug Initiativen-Mitglied Bernd Mienert vor. „Wir können die Mülheimer auffordern, Fotos zu machen und damit dem Gebäude zu gratulieren.“ Vielleicht ließe sich auch der ein oder andere Prominente dafür finden. Gar Angela Merkel könne man anfragen.

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Außerdem wünscht sich Mienert, „das Konzept der VHS als Ort der Begegnung in den Vordergrund zu stellen“. Auch wenn an der Aktienstraße Kurse angeboten werden können – ein Treffpunkt wie die Bergstraße sei sie nicht. „Dort sind Leute hingegangen, einfach um dort zu sein.“

VHS-Initiative will mit Fridays-for-Future reden

Und auch Erich Bocklenberg von der Bürgerinitiative will „die Chancen, die das Gebäude bietet“, in den Fokus stellen – auch vor dem Hintergrund der anhaltenden Coronaregeln. „Dort ist ausreichend Platz, um Abstand zu halten.“ Unbeantwortet bleibt die Frage, ob doch eine Teilsanierung in Frage komme. Das hatte das von der Stadt beauftragte Gutachten als nicht machbar dargestellt, aufgrund von Unwirtschaftlichkeit und weil so nicht ausreichend Fluchtwege angeboten werden können.

Die Ideen der OB-Kandidaten

Die Oberbürgermeisterkandidaten der drei größten Parteien hatten sich auf Anfrage vor zwei Monaten zu ihren Plänen mit der VHS geäußert. Monika Griefahn (SPD) sagte zur Umsetzung des Bürgerentscheids: „Die Frage des ,Ob’ ist verbindlich entschieden, strittig bleibt allein die Frage des ,Wie’.“ Sie befindet sich mit der Initiative im Austausch.

Wilhelm Steitz von den Grünen trifft sich kommende Woche das erste Mal mit der Initiative. Er sagte vor zwei Monaten: „Der Bürgerentscheid ersetzt einen Ratsbeschluss. Man muss den umsetzen, ob einem das nun gefällt oder nicht.“ Steitz schlug vor, die Aktienstraße weiterhin auch für Kurse zu nutzen, das Gebäude an der Bergstraße solle als „städtebauliches Highlight“ weiter als Ort der Begegnung fungieren.

Marc Buchholz (CDU) wünschte sich im Juni ein Konzept mit einer dezentralen Verteilung der VHS auf die Stadt. Für das Gebäude an der Bergstraße brachte er eine Schule ins Gespräch – falls es eine Schulraumerweiterung gebe.

Ein weiteres Ziel nach dem Workshop ist es, mit anderen Bürgerinitiativen ins Gespräch zu kommen, sich miteinander noch stärker zu solidarisieren. Auch mit der Fridays-for-Future-Gruppe wolle man nun reden. Als erstes steht nun die Planung des Geburtstages an, am 5. September soll es eine Feier geben. Acht Tage vor der Wahl wird daran vielleicht der ein oder andere Politiker mehr teilnehmen.