Mülheim. Ein Mülheimer Gewinner im Jahr 2020 war OB Marc Buchholz. Am Ende der Kommunalwahlen siegte er deutlich. Was ihn ausmacht, was ihn antreibt.
Dieser 27. September 2020 barg eine besondere Genugtuung für ihn; das können alle spüren, die an diesem Abend mit ihm sprechen und denen er stolz aufzählt, wer ihm denn schon alles gratuliert habe: Marc Buchholz (CDU) ist Mülheims neuer Oberbürgermeister. „Jetzt geht’s los!“, rufen Buchholz’ Parteifreunde ihm unter lautem Jubel und Klatschen an diesem Abend bei der Wahlparty an der Ruhrpromenade zu. Buchholz genießt es.
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Vor einem Jahr, da war noch nicht abzusehen, dass Buchholz seinen dritten Anlauf in der dritten Stadt nehmen würde, um es doch noch zu Höherem zu schaffen, als es ihm sein Lebenslauf ohnehin schon beschert hatte. Vor einem Jahr war Diane Jägers OB-Kandidatin von Schwarz-Grün. Erst im Frühjahr machte diese mit ihrem Rückzieher den Weg frei. Für Buchholz, der da gerade erst ein Jahr als neuer Chef in Mülheims Mega-Dezernat mit Bildung, Sozialem, Jugend, Gesundheit, Sport und Kultur wirkte.
Zwei erfolglose Kandidaturen von Buchholz für den Landtag und als OB in Bottrop
Im Jahr 2000 war Buchholz „ganz überraschend“, wie er heute schmunzelnd bemerkt, als Landtagskandidat der Duisburger CDU seinem Kontrahenten, dem späteren Innenminister Ralf Jäger (SPD), im roten Meiderich unterlegen. 2009 hatte er es als OB-Bewerber in Bottrop versucht. Auch gegen Bernd Tischler (SPD): keine Chance. Es reichte nicht mal für eine Stichwahl.
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Verantwortung zu übernehmen – das ist lange schon Buchholz’ Antrieb. Jetzt hat der 52-Jährige, gebürtig aus Duisburg-Hamborn, einen weiteren Schritt gemacht. Ende der 1980er Jahre hatte sich Buchholz für eine höhere Beamtenlaufbahn bei der Bundesagentur für Arbeit auf den Weg gemacht; lange war er als Arbeitsvermittler tätig. Im Nachgang zur Landtagswahl 2000 dann die Neuorientierung: Buchholz folgte dem Ruf des Düsseldorfer OB Joachim Erwin und wechselte zunächst als Referent, später als Fraktionsgeschäftsführer auch beruflich auf kommunalpolitisches Parkett.
Mit einem Husarenstreich 2019 zum Dezernenten in Mülheim gewählt
Mehr als 13 Jahre war Buchholz schließlich Beigeordneter in Kevelaer, bevor ihn ein von der Mülheimer CDU organisiertes Zweckbündnis 2019 nach Mülheim lotste, um der SPD mit einem Husarenstreich das Super-Dezernat abzuluchsen – ein Fingerzeig auf die Kommunalwahl 2020, bei der der Sieger schließlich erneut den Namen Buchholz trug.
„Angestrebt“ habe er die Verantwortung in dieser bis über beide Ohren verschuldeten Stadt, es sich „nicht angetan“, sagt Buchholz. Die Entscheidung, die Kandidatur zu wagen, habe er sich nicht leicht gemacht, hätte gerne noch ein wenig mehr Zeit gehabt, um „in Mülheim anzukommen“. Aber: „So eine Chance gibt es vielleicht nicht zwei- oder dreimal.“ Nun sei noch vieles kennenzulernen, aufzuarbeiten, „gerade die Netzwerk-Strukturen“, die in Mülheim doch „sehr besonders“ seien.
Aktuell steht Buchholz die erste Meisterprüfung bevor: die Etat-Entscheidung
Buchholz will Kommunikator sein, will über „Harmonie“ etwas möglich machen. Er will Offenheit an den Tag legen und diese als „neuen Spirit“ im Rathaus vorleben. Vor allem will er aber auch: zu Entscheidungen kommen. Kritik meint er annehmen zu können, seine eigene Position will er aber nicht gleich der Windrichtung anpassen. Der OB verweist da auf seine frühe Festlegung im Wahlkampf, Gewerbeflächen im Grünen abzulehnen. Auch hatte er sich, ohne dass sich seine CDU dazu durchgerungen hätte, in der Flughafen-Frage offen gezeigt für einen Betrieb über 2034 hinaus, wenn denn die technische Entwicklung Mülheim zu einer Drehscheibe für Flugtaxis und Drohnen machen könne.
Ein Duisburger an der Stadtspitze Mülheims
Marc Buchholz wurde am 10. März 1968 in Duisburg-Hamborn geboren. Er hat von 1989 bis 1992 an der Fachhochschule Mannheim die Laufbahnprüfung für den gehobenen Dienst bei der Bundesagentur für Arbeit absolviert, später auch ein Sozialmanagement-Studium.
Am 27. September 2020 wählten die Mülheimer Buchholz in der Stichwahl mit SPD-Kandidatin Monika Griefahn mit 56,74 Prozent der Stimmen zum OB. Zwei Wochen zuvor hatte Buchholz nur knapp die Nase vorn. Er hatte 25,43 Prozent im ersten Wahlgang erzielt, Griefahn 25,28 Prozent.
Der 52-Jährige will Möglichmacher werden für Mülheim. „Wir müssen sparen“ will er ausdrücklich nicht zu seiner einzigen Botschaft erklären, muss aber aktuell seine erste Meisterprüfung bestehen, wenn der Haushaltsentwurf mit saftig geplanten Kürzungen bei Offenem Ganztag und Kita zur Abstimmung steht. Sparen, um wieder handlungsfähig zu werden, sei das eine, sagt der OB.
Schwächen? „Schokolade. . . und Ungeduld“
Er will auch das eine oder andere Projekt in der Stadt möglich machen wie jüngst die Förderung für die Leichtathletik-Anlage am Wenderfeld. Buchholz verweist da auf seine Kontakte, auf sein Netzwerk, das er über die Jahre geknüpft habe. Mit Ministerpräsident Laschet per Du, mit Finanzminister Lienenkämper im Wahlkampf. . . „Das kann ein Kapital sein, das der Stadt hilft in schwieriger Zeit“, glaubt er. Überzeugen will Buchholz mit Argumenten. So will er nach einem Gespräch jüngst mit Chef-Initiator Michael Mronz Mülheim doch noch in Position bringen für Olympia 2032. Es gelte, den strategischen Vorteil Mülheims als Stadt inmitten des Ruhrgebiets zu nutzen.
Schwächen? „Schokolade. . . und Ungeduld“, gibt der OB zu, dass er schon manchmal „an Verwaltungshandeln verzweifeln“ könne. Manchmal blitzt diese Ungeduld auch durch, manchmal wirkt Buchholz übermäßig kontrolliert, gar kontrollierend, mit Vorsicht agierend. Viele Punkte aus seinem Wahlprogramm bedürfen noch der Konkretisierung. Seine Vorsicht – nur „themenabhängig“, entgegnet Buchholz. Er wäge ab, wolle alle Informationen vor einer Entscheidung beisammen haben. Er sei aber weder Zauderer noch Zögerer.
Leben in der Mehrgenerationen-WG in Duisburg-Neumühl
Im Wesen geprägt sei er auch durch sein Familienleben. In einer Wohngemeinschaft der Generationen lebt Buchholz mit Frau, Eltern und zwei Kindern in einem Haus in Duisburg-Neumühl. Meinungen zuzulassen, gleichzeitig aber den eigenen Standpunkt zu vertreten, sei doch Alltag des Zusammenlebens, sagt er. Einen klaren Standpunkt hat der OB da auch zu der Frage, ob er nach Mülheim umziehen werde: Es gelte sein Versprechen an die Eltern, im Haus der Generationen zusammenzubleiben.
So reklamiert Buchholz denn auch für sich: Es gebe den OB Buchholz – und die Familie Buchholz. Beides wolle er, so wie es Mönchengladbachs langjähriger OB Hand Wilhelm Reiners als sein Vorbild auch gehandhabt habe, so weit wie möglich trennen. Also hier Sanierer und Möglichmacher sein – und in der WG der Generationen ganz der Familienmensch. Privatier Buchholz, der Entspannung findet bei Gesprächen, beim Essen oder den abendlichen „Runden um den Block“ mit seiner Frau.