Mülheim. Lange lag das Jahrzehnte umkämpfte Areal der Schrottverwertung Jost in Mülheims Hafen brach. Jetzt sind erste Pläne für Neuansiedlungen bekannt.
Dagmar Mühlenfeld war noch Mülheims Oberbürgermeisterin, als 2014 nach jahrzehntelangem Kampf von Anwohnerinitiative und MBI die Schrottverwertung der Paul Jost GmbH ihren Betrieb an der Weseler Straße nach einem Grundstücks-Deal sukzessive einstellte. Jetzt, nach fast sieben Jahren, bereiten Bagger den Grund für Neuansiedlungen vor.
+++ Nach 57 Jahren: Mülheimer jubeln über Ruhe +++
Bürger insbesondere der benachbarten Hofackerstraße hatten über Jahrzehnte zähe Auseinandersetzungen mit der Firma Jost und Genehmigungsbehörden um den Schrottbetrieb samt Fallwerk geführt.
Ersten Bauanfragen begegnete die Stadt mit einer Veränderungssperre
Neben Lärm war es insbesondere die Emission allerlei hoch gesundheitsgefährdender Schwermetalle, die den Protest der Bürger nicht ruhen ließ. Nickel, Blei, Arsen - gesetzliche Grenzwerte waren bei Messungen immer wieder, zum Teil um ein Vielfaches überschritten. Bis die Stadt mit dem Unternehmen aus Herne 2014 handelseinig war für einen Grundstücksverkauf an der Timmerhellstraße, wo der Betrieb mit modernen Standards und erweitert weitergeführt wurde.
Nun ist Eigentümer Jost wohl endlich mit der Vermarktung auf die Zielgerade eingebogen, nachdem Pläne von ihm vor Jahren keine Begeisterung bei der Stadt ausgelöst hatten. Vielmehr hatte die Stadt mit einer Veränderungssperre und einem neu aufgesetzten Bebauungsplanverfahren reagiert, als ihr Bauanträge für einen Baumarkt mit angeschlossenem Gartencenter sowie für eine Tankstelle und Burger-Kette präsentiert worden waren. Es gelte, im Hafen eine weitere Ansiedlung von zentrenrelevantem Einzelhandel zu verhindern, so hatte der damalige Planungsamtsleiter Jürgen Liebich die ablehnende Haltung der Stadt unter anderem begründet.
Mr. Wash setzt auf Nachfrage aus Mülheim und Duisburg
Die Veränderungssperre galt zwei Jahre, heute scheinen benannte Bedenken wie weggeblasen, ist doch zu vernehmen, dass das Jost-Areal durchaus zum Teil mit Handel besetzt werden könnte. Im Gespräch sind danach aktuell Pachtverträge für einen Großhandelsbetrieb, weiterhin für "Burger King", für eine Erweiterung eines bereits am Hafen ansässigen Unternehmens sowie für eine Waschanlage der Essener Kette "Mr. Wash".
Richard Enning, Vorstand von Mr. Wash, bestätigte im Gespräch mit dieser Zeitung den festen Willen zur Ansiedlung auf einer Jost-Teilfläche. Enning, der selbst in Mülheim wohnt, sieht im Hafengebiet, in Schlagweite zum neu entstehenden Edeka-Markt, einen idealen Standort zur Expansion. "An unseren Standorten sowohl in Düsseldorf als auch in Essen sehen wir, dass eine große Zahl der Kunden aus Mülheim und Duisburg kommt", glaubt er mit einer Ansiedlung eine Angebotslücke zu schließen.
Firmenvorstand attestiert Mülheims Hafen eine gute Perspektive
Enning ist der Überzeugung, dass sich Mülheims Hafengebiet in den nächsten fünf bis zehn Jahren positiv entwickeln, "attraktiver wird nicht nur für Ansiedlungen von Lagern" in mitunter ziemlich maroden Gewerbeimmobilien, die sich heute noch reihenweise im Gewerbegebiet wiederfinden.
Er betont zwar, dass die Ansiedlung seines Unternehmens noch nicht in trockenen Tüchern sei. Mit der Eigentümerin sei man aber "in allen Punkten einig", nun laufe die Abstimmung mit Mülheims Baubehörde zum Bauantrag.
Alleinstellungsmerkmal von Mr. Wash: Auto-Innenreinigung am Fließband
Ein großes Autoservice-Center will Mr. Wash in einer Bauzeit von rund einem Jahr an der Weseler Straße errichten. Zwei Waschbänder soll es für die Außenwäsche von Fahrzeugen geben. Mr. Wash plant mit 200.000 Autowäschen pro Jahr in Mülheim; bei einer theoretischen Kapazität von rund 2000 Wäschen pro Tag.
Als Alleinstellungsmerkmal bietet Mr. Wash dazu eine Innenreinigung am Fließband an. Auch soll es einen Selbstbedienungsbereich für die Innenwäsche geben, größtenteils wettergeschützt in einer Halle. "Für das rundum perfekte Auto gibt es auch noch eine Oberflächenversiegelung des Lackes, die wir als Handwax anbieten", so Enning.
Mr. Wash plant mit 50 bis 60 Mitarbeitern
Eine Tankstelle will Mr. Wash nicht bauen; das mache man schon seit rund fünf Jahren nicht mehr, so Enning mit Verweis auch auf die Zukunft der E-Mobilität, die er sieht. Auch wird es nicht, wie an anderen Standorten, die Möglichkeit für einen Ölwechsel geben, weil das Mülheimer Areal in die höchste Gewässerschutz-Kategorie eingestuft ist.
50 bis 60 Mitarbeiter will Mr. Wash am Hafen beschäftigen. Enning hebt nicht nur die Chancen für ungelernte Arbeitskräfte hervor. Man werde unbefristet einstellen, im ersten Jahr 12,50 Euro pro Stunde zahlen und in jedem weiteren Jahr 50 Cent mehr. Neben unbefristet angestellten Beschäftigten arbeiteten für Mr. Wash gerne auch Studenten, "weil wir sehr flexible Arbeitszeitmodelle haben", so Enning.
Burger King auf der Suche nach einem neuen Standort in Mülheim
Weitere Unternehmen wollten sich aktuell noch nicht dazu äußern, ob sie den Standort Weseler Straße fest im Auge haben. Bei Burger King etwa hieß es nur: "Mülheim ist ein interessanter Standort. Deshalb befindet sich das Unternehmen zurzeit auf der Suche nach einer Möglichkeit für ein neues Restaurant."
INFO
Mr. Wash betreibt bundesweit 34 Standorte, aktuell sind zwei weitere (in Bonn und Saarbrücken) im Bau. In Bonn soll laut Vorstand Richard Enning die "vermutlich aufwändigste Waschanlage der Welt" stehen, denn aufgrund beengter Platzverhältnisse sei sie über drei Etagen geplant.
Aktuell beschäftigt Mr. Wash nach eigenen Angaben 1500 Mitarbeiter (aus 73 Ländern) und sieht sich als Marktführer. Im Waschgeschäft erzielt das Essener Unternehmen einen Jahresumsatz von circa 100 Millionen Euro.
Richard Enning führt das Unternehmen in zweiter Generation, seit sein Vater und Firmengründer Joseph Enning 2014 verstorben ist. Enning war 2019 Präsident des Car Wash Weltverbandes.