Mülheim. CDU-Frau Elke Oesterwind ist nach der Kommunalwahl erneut im Amt bestätigt worden. Was Sie in Mülheim-Saarn, Broich und Speldorf erreichen will.

Nach dem überraschenden Tod von Bezirksbürgermeister Hermann-Josef Hüßelbeck hat die CDU-Politikerin Elke Oesterwind nach einstimmiger Wahl das Amt in der Bezirksvertretung 3 (Saarn, Broich, Speldorf) übernommen. Mit welchen Themen Sie im großen Bezirk links der Ruhr nah am Bürger bleiben will, erzählt sie Dennis Vollmer.

Frau Oesterwind, Sie sind nach dem überraschenden Tod von Hermann-Josef Hüßelbeck im Januar zur Bezirksbürgermeisterin gewählt worden. Was hat Sie zur CDU gebracht? Und wann?

Am 12. März 2020 wurde ich einstimmig zur Bezirksbürgermeisterin gewählt, nach der Kommunalwahl in der neuen Besetzung mit großer Mehrheit wiedergewählt. Schon sehr lange vor meinem Eintritt in die CDU - im Jahre 2008 - habe ich mich immer ehrenamtlich engagiert. Das begann schon im Elternbeirat im Kindergarten, in der Grundschule und im Gymnasium bis zur Volljährigkeit unserer Tochter. Von 2005 bis 2013 war ich Hauptschöffin am Amtsgericht Mülheim an der Ruhr und von 1990 bis 2018 ehrenamtliche Geschäftsführerin des DLRG Bezirks Mülheim an der Ruhr.

Da ich mich als engagierten Menschen bezeichnen möchte, also jemanden, der nicht nur meckert, sondern sich auch einbringt, bin ich 2008 in die CDU eingetreten. Mein politisches Engagement im Ortsverband Saarn-Selbeck-Mintard begann als Beisitzerin im Vorstand als stellvertretende Vorsitzende und ab 2016 als Vorsitzende. Seit 2012 bin ich Mitglied in der Bezirksvertretung 3. Von 2014 bis 2020 als Fraktionsvorsitzende und nun als Bezirksbürgermeisterin.

"Angela Merkel ist eine starke und bemerkenswerte Frau"

Sie haben in ein Erinnerungsbuch zum 90. Geburtstag von Helmut Kohl geschrieben: „Helmut Kohl verkörpert für mich all das, was mir selbst als Mandatsträgerin in der Politik wichtig ist: Leidenschaft für die Sache, Interaktion zwischen den Parteien, Weltoffenheit, ein christliches Menschenbild und die Fähigkeit andere von seinen Ideen und Visionen zu überzeugen damit diese für die Bürger und Bürgerinnen umgesetzt werden können.“ Warum ist er ein Vorbild und nicht Angela Merkel?

Mein Zitat ist meine Meinung und Auffassung als Mandatsträgerin in der Politik. Ihre Frage nach der Vorbildfunktion kann ich daraus nicht ableiten. Ich halte Angela Merkel für eine starke und vor allen Dingen bemerkenswerte Frau, die auf einem von vielen Männern bestimmten Gebiet sowohl in Deutschland, Europa als auch international sehr viel in ihrer Amtszeit erreicht und bewältigt hat. Viele kritisieren sie gerne, aber erst im Nachhinein wird man ermessen können, was Sie geleistet hat.

Was macht das Amt der Bezirksbürgermeisterin für Sie aus?

Nah am Bürger und an den Menschen zu sein, ist für mich ein wesentlicher Grund. Ich bin immer ansprechbar. Vieles bewegen und lösen zu können, ist toll - das kann ich schon nach der erst sehr kurzen Zeit als Bezirksbürgermeisterin feststellen.

Einkaufen – top, medizinische Versorgung – top, Sicherheit – top, Freizeit – top. Das sagen Bürger in unserem Stadtteilcheck. Im Mülheimer Süden scheint die Welt noch in Ordnung: Wozu braucht es noch die Politik?

Auch wenn alles „top“ bewertet wurde, ist Politik wichtig. Gerade viele kleine und größere Probleme des täglichen Lebens, wie z.B. Bauvorhaben, Fällung von Bäumen, Bebauung von Grünflächen, Verdichtung durch Bebauung zeigen uns doch, dass es immer wieder Dinge gibt, die geregelt, diskutiert und gelöst werden müssen. Politik ist aber auch eine Interaktion zwischen den Bürgern und den Parteien und ein Werben um Mehrheiten zur Lösung zugunsten eines guten Zusammenlebens der Menschen in unserer Stadt.

"Eine Vermüllung von öffentlichen Flächen ist für mich so nicht hinnehmbar"

Welche Themen wollen Sie persönlich setzen?

Mir ist es wichtig in einer lebens- und liebenswerten Stadt zu wohnen. Daher setze ich mich ehrenamtlich dafür ein. Besonders wichtig sind mir Sauberkeit, Sicherheit und Ordnung. Eine Vermüllung von öffentlichen Flächen trotz vorhandener Müllbehälter oder von Wertstoffsammelplätzen ist für mich so nicht hinnehmbar. Ein Punkt ist mir aber außerdem sehr wichtig. Es geht um den Neubau einer Rettungswache und eines Standortes für die Freiwillige Feuerwehr. Erst durch diese Neubauten erreichen wir auch in der BV 3 eine gute Erreichbarkeit in den vorgegebenen Zeiten. Dieses wird erheblich zur Sicherheit der Bevölkerung beitragen. Sven Werner, Leiter der Berufsfeuerwehr, hat dazu bereits Pläne vorgestellt und wir setzen uns für eine schnelle Umsetzung ein.

Der Süden links der Ruhr ist begehrt, weil er naturnah ist. An der Christuskirche in Saarn hat sich das Dilemma zwischen Verdichtung und Erhalt der Attraktivität entzündet. Wie will die Politik das künftig lösen?

Die Bezirksvertretung 3 hätte das Problem lösen können. Der eingeleitete Bebauungsplan O 36 wurde aber von Seiten der Verwaltung nicht weiter verfolgt, so dass wir als Bezirksvertretung in das weitere Verfahren nicht mehr eingebunden waren. Dadurch war es nicht möglich wie bei einem normalen Bebauungsplanverfahren zum Bespiel eine Bürgerversammlung durchzuführen um dort alle Bürger auch zu informieren und ihre Vorschläge oder Bedenken usw. einfließen zu lassen. Hätte man das Verfahren also weiterlaufen lassen, so hätte man sich viel Ärger, Telefonate und Emails ersparen können.

Erst durch einen Antrag der CDU in der BV-Sitzung am 14. August 2020 war es möglich, das ganze Thema auch mit dem Planungsamt und dem Architekten zu besprechen. Eine Bürgerversammlung wurde uns auf dieser BV Sitzung zugesagt, hat aber aufgrund der Corona-Situation leider noch nicht stattfinden können.

"Wir werden alles tun, damit es nicht zu einem Verkehrskollaps kommen wird"

Der Süden ist sozial kaum durchmischt, hat neben Heißen vergleichsweise die wenigsten Menschen mit Migrationshintergrund – das liegt auch an den Wohnpreisen. Muss man da ran?

Das liegt vor allen Dingen an den Bodenrichtwerten im Mülheimer Süden. Es gibt daher zwar viele Einfamilienhäuser und Eigentumswohnungen, aber auch Mietwohnungen. „Muss man da ran?“- gute Frage, und wer ist „man“? Bodenrichtwerte und Wohnpreise kann ich nicht beeinflussen, aber für ein gutes Leben aller Menschen, egal welcher Herkunft und welchen sozialen Standes in unserer BV können wir beitragen.

Mehr Einwohner bedeutet mehr Verkehr: Am Nadelöhr Kassenberg geht der Autoverkehr zu bestimmten Zeiten in die Knie. Im Sommer aber kommen durch das Terrassenhaus weitere 13 Wohnungen mit Tiefgaragen hinzu, auf dem Lindgens-Gelände ist mindestens das 20-fache – also rund 300 Wohnungen – geplant. Was ist gegen einen drohenden Verkehrskollaps zu tun?

Ob es so, wie Sie prognostizieren zu einem Verkehrskollaps kommen wird, ist laut Aussagen der Verwaltung nicht gegeben. Die genannten Bauvorhaben sind gerade in der Bebauung oder noch gar nicht fertiggestellt. Das Terrassenhaus ruht zurzeit und wann auf dem Lindgens-Gelände mit der Bebauung angefangen wird, steht noch nicht fest. Natürlich haben wir als BV immer ein Auge auf den durch eine Bebauung entstehenden Verkehr. Bereits beim Einleitungsbeschluss zu einem Bebauungsplan ist dieses Thema immer ein Punkt unserer Diskussionen gewesen. Wir werden also alles dafür tun, dass es nicht zu einem Verkehrskollaps kommen wird.

Alternativen zum Auto? CDU schlägt Rad und ÖPNV vor - aber keine Bahn nach Saarn

Der ÖPNV könnte helfen, ist aber in einem schlechten Zustand: Zur Innenstadt tummeln sich viele Parallelverkehre, wer aber nach Mintard, nach Selbeck oder von Saarn nach Duisburg will, ist umständlich und lang unterwegs. Gegen eine Bahn nach Saarn sträubt sich die CDU. Was ist zu tun, damit das Auto nicht alternativlos bleibt?

Das Thema Mobilität wird in den nächsten Jahren eines der zentralen Themen in Mülheim werden. Der ÖPNV muss für alle Bürgerinnen und Bürger im gesamten Stadtgebiet, in den einzelnen Stadtteilen und auch stadtteilübergreifend am tatsächlichen Bedarf orientiert gestaltet werden. Es muss ein neues Konzept erstellt werden, wo alles, auch z.B. Parallelverkehre etc. auf den Prüfstand kommt. So könnte insbesondere für Mintard ein „On- Demand“, also Auf-Bedarf-Angebot zu Verbesserungen und einer schnelleren Anbindung dieses Stadtteils führen.

Radwege sind auf den Hauptachsen Richtung Innenstadt aber auch zwischen den Stadtteilen im Süden mangelhaft und ein Flickwerk: Am Kassenberg fehlt Platz, an der Straßburger Straße existiert nur eine Buckelpiste, auch die Radspur an der Saarner Straße ist nicht durchgängig. Was muss für das Alltagsradeln getan werden?

Wenn man über ein neues ÖPNV-Konzept nachdenkt, so gehören Radwege für die individuelle Mobilität der Menschen dazu. Gerade in der Corona-Pandemie hat man gesehen, dass mehr Menschen auf das Rad umgestiegen sind. In der Vergangenheit wurde schon einiges am Radwegenetz verbessert. Aber wie man Ihren Bespielen entnehmen kann, besteht noch eine Menge Handlungsbedarf. Erst vor kurzem haben wir in der BV die Neugestaltung der Mühlenbergkreuzung für die Radfahrer in Richtung Duisburg beschlossen.

Autofreies Dorf? Kein Thema mehr

In der Mülheimer Innenstadt planen CDU und Grüne eine Neuordnung der Parkplätze, vielleicht sogar eine deutliche Reduzierung. Auch im Dorf gab es Überlegungen, den Autoverkehr auf der Düsseldorfer Straße zu reduzieren, damit Fußgänger und Radler sicher und gemütlich shoppen können. Autofreies Dorf – wäre das etwas?

Nein, auch das war schon mal Thema in der Bezirksvertretung. Ein autofreies Dorf klingt erstmal gut, würde aber auch Probleme aufwerfen. Vor allen Dingen ältere Menschen schätzen es gerade wegen der kurzen Wege mit dem Bus direkt ins Dorf oder mit dem Auto bis vor das Geschäft zu fahren. Alle an der Düsseldorfer Straße ansässigen Geschäftsleute profitieren davon und erst dieser Branchenmix macht das „Dorf“ quirlig und lebenswert.

In Mülheim fehlen die Schwimmflächen ausgerechnet im vermögenderen Teil der Stadt. Zuletzt wurde 2015 darüber politisch gesprochen. Wie sehen die Chancen für eine Schwimmbad links der Ruhr in dieser Legislaturperiode aus?

Der Traum eines Schwimmbades links der Ruhr wird bestehen bleiben. Im Kommunalwahlprogramm der CDU ist der Bau auch enthalten. Angesichts der Haushaltslage der Stadt wird er aber wohl nicht so schnell Wirklichkeit werden können.