Mülheim. Für Mülheim meldet das Intensivregister am Mittwoch nur ein freies Bett. Die Lage in den Kliniken ist alarmierend – und spitzt sich täglich zu.

Ein einziges freies Intensivbett meldet das DIVI-Intensivregister am Mittwochmorgen für Mülheim. Schon am Montag hatten die Kliniken im Krisenstab über die alarmierende Situation auf den Intensivstationen berichtet, die Lage spitzt sich täglich weiter zu.

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Neun Landkreise beziehungsweise Städte in Nordrhein-Westfalen leuchten rot, blickt man auf die Karte des Intensivregisters, in dem alle Intensiv-Kapazitäten Deutschlands aufgeführt sind. In den roten Städten liegt der Anteil der freien Intensivbetten bei unter zehn Prozent, nirgendwo ist er so niedrig wie in Mülheim mit 2,9 Prozent. Allerdings, so sagt es Nils B. Krog, Geschäftsführer des Evangelischen Krankenhauses (EKM), müsse man diese Übersicht relativieren. Über das gesamte Jahr werden die Kapazitäten gemeldet, 35 Intensivbetten gibt es laut Register in Mülheim, der Großteil davon im EKM. „Es kann immer mal passieren, dass wir uns stundenweise abmelden, maximal eine Nacht“, sagt Krog.

Knapp 100 Covid-Patienten in Mülheimer Krankenhäusern

60 Covid-Patienten behandelte das Krankenhaus am Mittwoch, etwa sieben auf der Intensivstation, drei müssen beatmet werden. Die Behandlung der Covid-Patienten ist besonders arbeitsintensiv, der Aufwand entspreche, so Krog, Faktor drei bis vier der Patienten, die sonst betreut werden. Das Problem bei der Versorgung sei kein räumliches, sondern das fehlende Personal. Belastung und Krankenstand sind hoch, höher als normal.

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Seit rund vier Wochen spitze sich die Lage zu. Bis sie sich entspannen könne, werde es noch Wochen dauern. „Unser Problem ist der Zeitverzug“, sagt Krog. „Jetzt startet der Lockdown, aber wir werden noch bis Weihnachten steigende Zahlen haben.“ Erst danach könne sich die Situation langsam verbessern und „Mitte bis Ende Januar eine richtige Entlastung“ eintreten. Doch eine Gefahr birgt Weihnachten, denn möglicherweise lässt das Fest die Zahlen ansteigen. Krog appelliert, die Feiertage nicht in großem Kreis zu verbringen: „Bleiben Sie wirklich zu Hause!“

Versorgung in Mülheimer Krankenhäusern jederzeit gesichert

Trotz der angespannten Lage sei die Versorgung der Patienten jederzeit gesichert. „Wir sind in Deutschland in der Lage, viele Sachen zu ermöglichen, aber eventuell nicht mehr unter den Standards, die wir gewohnt sind“, sagt Krog, stellt aber klar: „Jemand, der ins EKM oder ins St. Marien-Hospital kommt, wird immer versorgt.“

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Ins katholische Krankenhaus kommen täglich 20 bis 30 Patienten mit Verdacht auf Covid-19, so Sprecherin Sandra Flügen. „Im Schnitt werden davon fünf Patienten positiv getestet.“ Derzeit befinden sich 36 Covid-Patienten im St. Marien-Hospital, sechs davon werden intensivmedizinisch betreut und müssen beatmet werden. Flügen allerdings widerspricht den Zahlen des Intensivregisters: Sechs Intensivbetten seien derzeit nicht belegt.

Mülheimer St. Marien-Hospital: „Wir sind in einer angespannten Situation“

„Die aktuelle Situation verlangt den ärztlichen und pflegerischen Teams den maximalen Einsatz ab“, so Flügen. Allerdings sei das Krankenhaus „sehr gut ausgestattet mit Schutzmaterialien und die Teams sind bestens geschult“. Es gebe eine große Unterstützung durch die Arbeit mit niedergelassenen Ärzten, der Feuerwehr, Pflegeheimen und ambulanten Pflegediensten, eine enge Absprache mit dem Krisenstab.

Sauerstoff für Pflegeheime

Viele Betten in den Krankenhäusern sind durch Bewohner von Senioreneinrichtungen belegt. Um die Kliniken zu entlasten, liefert die Feuerwehr derzeit Sauerstoff an die Altenheime, damit die Bewohner auch dort versorgt werden können.

Derzeit können in den Krankenhäusern alle Patienten behandelt werden. „Wir könnten auf einen Notfallbetrieb umstellen, in dem nur noch Covid-Patienten und Notfälle behandelt würden“, sagt EKM-Geschäftsführer Krog. „Das war aber die absolute Endstufe.“

„Wir können eine professionelle Patientenversorgung gewährleisten, sind aber entsprechend der Prävalenz aktuell in einer angespannten Situation“, so Sandra Flügen weiter. „Wir passen täglich die Klinikstruktur an den Bedarf an. Niemand kann vorhersehen, wie hoch die Inzidenz der nächsten Tage sein wird.“ Auch sie appelliert, sich an alle strikten Corona-Regeln zu halten, denn mit einer kurzfristigen Lösung durch Impfungen sei nicht zu rechnen, da die Zahl der Impfdosen anfangs gering sein wird.

Stadt richtet noch kein Behelfskrankenhaus ein

Trotz der angespannten Lage plant die Stadt derzeit noch nicht, ein Behelfskrankenhaus im ehemaligen Flüchtlingsdorf auf dem Saarner Kirmesplatz in Betrieb zu nehmen. Dort könnten Patienten aufgenommen werden, die keine intensive medizinische Betreuung benötigen. „Es wäre ein reines Bettenhaus“, sagt Stadtsprecher Volker Wiebels. Bei Bedarf sei es aber sofort einsatzbereit.

Dieser Bedarf könnte allerdings schnell eintreten, sollten die Patientenzahlen an den Krankenhäusern weiter steigen. EKM-Geschäftsführer Krog sagt: „Wenn jetzt jeden Tag zehn Covid-Patienten dazukommen, sind wir bis Weihnachten am Limit.“