Mülheim. Wenn Gott zur Videokonferenz einlädt: Familien der Vereinten Ev. Kirchengemeinde in Mülheim haben das Krippenspiel coronagerecht verfilmt.

Weil die traditionellen Krippenspiele in diesem Jahr pandemiebedingt ausfallen müssen, haben sich Kinder und Eltern aus elf Familien der Vereinten Evangelischen Kirchengemeinde in Mülheim etwas Besonderes einfallen lassen: Sie haben das Krippenspiel coronakonform verfilmt.

Erschöpft läuft ein junges Paar über den Kirchenhügel, vorbei an der Petrikirche, steuern die beiden auf die Mausefalle zu, um Einlass zu erbitten. Doch ähnlich wie schon beim Hotel Thiesmann an der Dimbeck werden sie auch hier enttäuscht.

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Immer begleitet vom Stern von Bethlehem

Hendrik Peek, Inhaber der Mausefalle, weist die hochschwangere Frau und ihren Mann ab. Auch hier finden sie keinen Unterschlupf, so gerne Peek das junge Paar auch aufnehmen würde. Schließlich gilt für Privatreisende ein strenges Beherbergungsverbot. Und so müssen Maria und Josef weiterziehen, immer begleitet von Janne als Stern von Bethlehem, der noch kurz durchs Bild springt. Dann ist auch diese Szene im Kasten.

Maria heißt eigentlich Zwaantje – die Achtjährige hatte für das diesjährige Krippenspiel der Pauluskirche die Rolle der Mutter Jesu übernommen. Dass es in diesem Jahr jedoch kein gewohntes Krippenspiel geben kann, war allen Beteiligten schon recht früh klar. Und als sich abzeichnete, dass die traditionelle Aufführung nicht möglich sein wird, kam die Idee, das Krippenspiel zu verfilmen.

Gemeinsam ein Drehbuch erarbeitet

Gott spricht zu den Engeln in einer Zoom-Konferenz.
Gott spricht zu den Engeln in einer Zoom-Konferenz. © Screenshot: Ev. Kirchengemeinde Mülheim

Rund elf Familien der Vereinten Ev. Kirchengemeinde, die das Krippenspiel seit vielen Jahren gemeinsam auf die Beine stellen, machten sich dran, ein Drehbuch zu erarbeiten. Die unterschiedlichen Szenen sollten an unterschiedlichsten Orten mit viel Lokalkolorit entstehen. Doch auch hier machte Corona den engagierten Gemeindemitgliedern wieder einen Strich durch die Rechnung.

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Durch den Lockdown light und die damit verbundenen, strengen Kontaktbeschränkungen musste erneut umgedacht werden. „Mit allen Schäfchen, Hirten und weiteren Rollen spielen locker um die 40 Personen mit“, sagt Ulla Bottenbruch, Jugendleiterin im Haus für Kinder, Jugend und Familien an der Pauluskirche. „Szenen mit vielen Personen konnten wir dann nicht mehr alle zusammen oder in größeren Gruppen drehen.“

Gott spricht zu den Engeln in einer Zoom-Konferenz

Und so ergab es sich, dass Gott in einer Zoom-Konferenz zu den Engeln spricht. Auch andere Szenen mit vielen Teilnehmern wurden coronakonform via Videokonferenz gedreht. Wie etwa die Szene mit den Hirten, die eigentlich mit einem echten Schäfer und seinen Tieren gefilmt werden sollte. Die Szenen mit weniger Schauspielern haben die Familien dann in kleinen Gruppen selbst in die Hand genommen, erarbeitet und gedreht.

Vorweihnachtszeit online erleben

Da auch die Vorweihnachtszeit ganz im Zeichen von Corona steht, können viele liebgewonnene, traditionelle Aktionen in diesem Jahr nicht stattfinden.

Die Vereinte Evangelische Kirchengemeinde hat daher ersatzweise viele interaktive Online-Aktionen im Angebot. Weitere Informationen und Termine gibt es auf www.vek-muelheim.de .

So verkündete etwa der neunjährige Tjade als Römer auf dem Rathausmarkt das Gebot der Volkszählung von Kaiser Augustus. Nun muss das ganze Material noch zusammengeschnitten und vertont werden. Ein Projekt mit viel Herzblut also, das dennoch nicht den Anspruch eines Blockbusters an sich selbst stellt.

Eltern drehen Szenen mit dem Smartphone

Gedreht wurde mit Smartphones und da gab es schon die „ein oder andere Schwierigkeit mit den Tücken der Technik“, sagt Nina Jebbink, die Maria und Josef bei der Herbergssuche filmisch begleitet hat. „Wir haben uns extra Videostabilisatoren für unsere Handys gekauft, außerdem hat mein Teenagersohn in Sachen Technik viel geholfen.“

Der neunjährige Tjade verkündet als Römer das Gebot der Volkszählung vor dem Mülheimer Rathaus.
Der neunjährige Tjade verkündet als Römer das Gebot der Volkszählung vor dem Mülheimer Rathaus. © FFs | Oliver Müller

Über 40 Darsteller und freiwillige Helfer waren in den letzten Wochen unterwegs und haben ihren Teil zum Krippenspiel-Film beigetragen. „Bei unserem traditionellen Krippenspiel sind immer die ganzen Familien involviert“, erklärt Ulla Bottenbruch. „Das war jetzt beim Film nicht anders, es ist ein Gemeinschaftsprojekt, das den Gemeinschaftssinn zeigt, der trotz Corona ungebrochen ist.“

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Nun drücken alle Gemeindemitglieder die Daumen, dass das filmische Krippenspiel wenigstens gemeinsam beim Weihnachtsgottesdienst auf der Freilichtbühne geschaut werden kann. Auf der Internetseite der Vereinten Ev. Kirchengemeinde wird dem Krippenspiel 2020 aber auf jeden Fall ein digitales Denkmal gesetzt.

Die Petrikirche zur Innenstadtseite hin beleuchten

Das Licht in der Finsternis ist ein Leitmotiv der Vorweihnachtszeit. Deshalb möchte die Vereinte Ev. Kirchengemeinde ein Zeichen setzen und wird an den Adventswochenenden bis hin ins neue Jahr die Petrikirche auch zur Innenstadtseite hin beleuchten. „Sonst waren die Kirche und das Petrikirchenhaus traditionell in Richtung Altstadt zum Adventsmarkt hin weihnachtlich beleuchtet und geschmückt“, sagt Pfarrerin Annegret Cohen.

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Die Mülheimer Petrikirche wird an den Adventswochenenden nun auch zur Innenstadt hin beleuchtet.
Die Mülheimer Petrikirche wird an den Adventswochenenden nun auch zur Innenstadt hin beleuchtet. © FFs | Michael Dahlke

„Dieses Jahr möchten wir auch zur Innenstadt hin leuchten und zeigen, dass wir da sind.“ Die Petrikirche sei ein Wahrzeichen, das die Mülheimer mit Heimatgefühlen , mit Zugehörigkeit verbinden. Zahlreiche Scheinwerfer hat Küster Harald Helming-Arnold so positioniert, dass die Seite der Kirche, die man so gar nicht richtig wahrnimmt, und die Friedenstreppe an den Adventswochenenden in ein warmes Licht getaucht werden.

Ein Hoffnungsschimmer in dunklen Zeiten

Da in diesem Jahr die Sträucher rund um die Petrikirche ordentlich gestutzt wurden, sieht man die Kirche von der Innenstadt her im Moment besonders gut. „Es gibt einen ganz neuen Blick auf die Petrikirche und es sieht irgendwie verzaubert aus“, freut sich Annegret Cohen. Es sei eine „Art Hoffnungsschimmer in dunklen Zeiten“. Die Petrikirche wird an den nächsten Wochenenden immer freitags, samstags und sonntags zwischen 17 und 22 Uhr angestrahlt.