Mülheim. Nach der Massenschlägerei in Mülheim wollen die Beteiligten die Sache lieber selber regeln. Es ist nicht der erste Vorfall dieser Art in Mülheim.
Die Massenschlägerei am vergangenen Mittwochabend hat Mülheim einmal mehr in die Negativschlagzeilen katapultiert. Zwischen Hauptbahnhof und Eppinghofer Straße prügelten sich zig junge Männer – in ersten Berichten war von bis zu 60 Leuten die Rede, die sich stritten. Die Polizei sucht jetzt dringend weitere Zeugen. Die Beteiligten legen auf Ermittlungen offenbar keinen großen Wert.
Laut Schilderung der Polizei waren es mehrere Schlägereien, die für Aufruhr sorgten – oder eine, die sich immer wieder neu entzündete. Der erste Notruf kam gegen 21.45 Uhr von einem Café an der Eppinghofer Straße, Ecke Parallelstraße, berichtet Polizeisprecher Christoph Wickhorst. Als die Polizei eintraf, konnte sie keine Auseinandersetzung mehr feststellen. Sie fand allerdings einen verletzten jungen Mann vor, dem Blut aus der Nase lief – und etliche Zuschauer ringsherum. Der 23-Jährige berichtete von Streit mit einer anderen Gruppe. „Strafanzeige erstatten wollte er nicht.“ Zwei Autos in der Nähe waren beschädigt, sie wiesen Dellen und Kratzer auf, vermutlich Folgen der Schlägerei.
Nach Massenschlägerei in Mülheim: Junger Mann landet bei Prügelei auf der Motorhaube eines Taxis
Auf der Suche nach Verdächtigen trafen die Polizisten einen Taxifahrer. Der berichtete: Vor dem Nordeingang des Hauptbahnhofes habe es eine Prügelei gegeben, einer der Beteiligten landete auf der Motorhaube seines Taxis. Mehrere Personen seien in Richtung des Cafés an der Parallelstraße gerannt.
Wenig später erneuter Alarm, wieder wegen einer Massenschlägerei vor dem Mülheimer Hauptbahnhof. Dieses Mal rückte die Polizei mit einem Großaufgebot an. Einer der Beteiligten wurde von einem Polizeihund gebissen und verletzt. Er kam ins Krankenhaus. Mehrere Anzeigen wurden geschrieben, unter anderem wegen Widerstandes und Körperverletzung. Festgehalten wurden laut Auskunft des Polizeisprechers ausnahmslos junge Männer zwischen 18 und 22 Jahren. Die Nationalitäten waren „ganz gemischt“, vor allem seien aber afrikanisch-stämmige Jugendliche darunter gewesen.
Mülheim: Polizei spricht von schwieriger Aufklärung nach der Massenschlägerei - „Die Leute reden nicht mit uns“
Was die Aufklärung sehr schwierig mache – nicht nur in diesem Fall, sondern generell, wenn große Gruppen in Streit geraten: „Die Leute reden nicht mit uns.“ Auch am Mittwochabend sei signalisiert worden, man wolle die Angelegenheit lieber selber regeln. Daher werden nun Augenzeugen gesucht – Schaulustige waren ja reichlich vor Ort.
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Erst vor wenigen Wochen wurde die Liste „gefährlicher Orte“ in NRW heiß diskutiert, die das Innenministerium auf Anfrage der AfD-Fraktion veröffentlichen musste. Aktuell taucht Mülheim dort nicht mehr auf, während in einer früheren Fassung 30 Straßen im Bereich Eppinghofen genannt waren. Wenn eine Einstufung als „gefährlicher Ort“ im Sinne des Polizeigesetzes erfolgt, haben die Behörden dort mehr Durchgriffsrechte, dürfen etwa Personen ohne konkreten Anlass kontrollieren.
Mülheimer Hauptbahnhof kein "gefährlicher Ort" in NRW
Ob und wo genau die Polizei „gefährliche Orte“ sieht, wird fortlaufend neu geprüft. Der jüngste Fall werde bei der Bewertung sicher auch eine Rolle spielen, erläutert Polizeisprecher Christoph Wickhorst. „Möglicherweise stellen wir dann fest, dass rund um den Hauptbahnhof mehr gemacht werden muss. Man muss aber auch bedenken, dass sich durch verdachtsfreie Kontrollen erhebliche Eingriffe in Grundrechte ergeben.“
Ordnungsamt bis 20 Uhr unterwegs
Streifen des Mülheimer Ordnungsamtes sind regelmäßig im gesamten Stadtgebiet unterwegs, auch im Bereich des Hauptbahnhofes, betont Stadtsprecher Volker Wiebels. Dienstzeiten sind 8 bis 20 Uhr, am Wochenende von 12 bis 20 Uhr.
Gewalttätige Auseinandersetzungen seien jedoch allein Sache der Polizei. Die Mitarbeiter des Ordnungsamtes, die unbewaffnet unterwegs sind, müssen und sollen sich nicht in Gefahr bringen.
Die Massenschlägerei vom Mittwochabend war ein spezieller Fall – wegen der Vielzahl von Beteiligten. Seit Jahresbeginn gab es aber schon mehrere Gewaltausbrüche auf offener Straße im nördlichen Umfeld des Mülheimer Hauptbahnhofs. So bekämpften sich Mitte Januar zwei junge Männer zu nächtlicher Stunde vor einem Café auf der Eppinghofer Straße. Dabei wurde ein 20-Jähriger mit einem Messer leicht verletzt. Wie auch bei dem Vorfall am Mittwoch gab es zahlreiche Zuschauer.
Mehrere Gewaltausbrüche auf der Eppinghofer Straße in Mülheim, zahlreiche Zuschauer
Anfang April wurde ein Döner-Imbiss am Kreisverkehr attackiert, augenscheinlich aus nichtigem Anlass: Einem Kunden war das Fleisch zu dunkel. Es entwickelte sich eine wüste Schlägerei zwischen insgesamt rund zehn Personen, die teils mit Holzlatten aufeinander einschlugen. Der türkisch-stämmige Betreiber der Dönerbude, der ebenso wie zwei andere Familienmitglieder verletzt wurde, hatte umgehend Anzeigen erstattet und von Drohungen gegen ihn berichtet, damit er diese zurücknehme.
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Am Freitag berichtete er auf Anfrage dieser Redaktion: „Bislang ist nichts passiert.“ Von der Polizei habe er nichts mehr gehört. Die Polizei erklärt demgegenüber, dass die Ermittlungen in diesem Fall laufen: „In der vergangenen Woche haben Vernehmungen stattgefunden“, so der Polizeisprecher. Insgesamt müssten rund 20 Personen angehört werden, darunter elf direkte Beteiligte an der Schlägerei.
Gerüchteweise ging es um Drogen – Polizei hat hierzu keine Hinweise
Dass es nun in unmittelbarer Nähe seines Imbisses wieder eine Massenprügelei gab, hat der Betreiber der Dönerbude natürlich mitbekommen. Es ist ein großes Thema im Viertel, Gerüchte gehen um, manche glauben auch schon genau zu wissen, worum es ging, nämlich um Drogen.
Dafür hat die Polizei laut Sprecher Christoph Wickhorst bisher keinerlei Anhaltspunkte. Bei den Beteiligten seien jedenfalls keine Drogen gefunden worden. Dem Imbissbetreiber ist das eigentlich auch egal. Als ihm ein Kollege jetzt vom turbulenten Mittwochabend berichten wollte, habe er nur gesagt: „Erzähl mir nichts, Bruder. Ich muss arbeiten.“
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