Mülheim. Das Coronavirus bremst schon jetzt die Stadtentwicklung in Mülheim aus. Weil das Geld fehlt, stehen zahlreiche Projekte auf der Streichliste.
Allein für 2020 rechnet Mülheims Kämmerer Frank Mendack mit 60 bis 70 Millionen Euro corona-bedingte Zusatzlasten. Das wird gravierende Auswirkungen haben, wie die Planungspolitik schon jetzt erfahren musste.
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Erst Anfang März im Entwurf präsentiert, ist das Stadtentwicklungskonzept für die Innenstadt und Eppinghofen schon wieder Makulatur. „Wir werden eine wesentlich abgespeckte Version entwerfen müssen“, kündigte Planungsamtsleiter Felix Blasch dieser Tage im Planungsausschuss an. Die kompletten 21,7 Millionen Euro, die man im März zum Maßnahmenbündel zusammengetragen habe, seien „nicht zu finanzieren“, so Blasch mit Hinweis auf die corona-bedingten Haushaltsnöte.
Stadt Mülheim nicht in der Lage, Eigenanteil für Investitionen aufzubringen
Zahlreiche alte Projekte noch nicht abgearbeitet
Aus dem Städtebauförderprogramm „Soziale Stadt“ sind auch noch Projekte mit einem Gesamtvolumen von fast 2,9 Millionen Euro abzuarbeiten.
Dazu zählt die Lichtinszenierung samt Neugestaltung des Platzes am Nordeingang des Hauptbahnhofs, was 2020 geschehen soll. Auch dümpelt die Umgestaltung der Leineweberstraße vor sich hin.
Überdies sollen die Pläne zur Aufwertung der Ostruhranlagen im Jahr 2021 endlich umgesetzt werden. Ebenfalls für 2021 in Planung ist, den Platz zwischen Wallstraße, Kohlenkamp und Löhberg zu verschönern.
Insbesondere sei die Stadt nicht in der Lage, für die skizzierten Projekte ihren eigenen Finanzierungsanteil aufzubringen. Das Land wisse um die Problematik und habe signalisiert, den Kommunen in Sachen Städtebauförderung entgegenzukommen. Zum Mülheimer Handlungskonzept für die Jahre bis 2025 hatte es schon positive Signale aus Düsseldorf gegeben; lediglich war abgelehnt worden, Fördermittel für eine Beleuchtung der Radschnellweg-Brücke über der Ruhr zu geben.
Insbesondere für Investitionsprojekte fehlt nun aber laut Blasch das Geld. Hier müsse sich Mülheim auf die Vorhaben konzentrieren, in denen private Investoren maßgebend seien. Diesbezüglich setzt die Stadt auf Impulse zur Entwicklung im Gerichtsviertel, rund um die Hauptpost, wo ein neuer Eigentümer investieren will, oder darauf, dass sich endlich doch mal etwas tun könnte auf den Ruhrbania-Baufeldern 3 und 4 zwischen Radschnellweg- und Konrad-Adenauer-Brücke.
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Zehn Projekte sind auf die lange Bank geschoben
Vorerst gestrichen sind zehn Projekte. Neben der Beleuchtung der Radschnellweg-Brücke trifft es die Pläne, am Peisberg einen Naturerlebnisraum zu schaffen, auch eine Umgestaltung des Goetheplatzes im Dichterviertel, die Aufwertung des Spielplatzes an der Bruchstraße und des Kardinal-Graf-Galen-Parks in Eppinghofen sind auf die lange Bank geschoben.
In der Innenstadt gibt es wieder einmal kein Fortkommen an den Bahnbögen. Eine öffentliche Toilettenanlage dort steht ebenso auf der Streichliste wie eine Neugestaltung des Kaiserplatzes, des Übergangs zur Altstadt rund um den Kohlenkamp oder des Platzes am Hafenbecken, samt Bau einer Hafenbühne und Maßnahmen zur Terrorprävention. Das abgespeckte Handlungsprogramm will das Planungsdezernat im Sommer der Politik vorlegen. Bis Oktober muss es beim Land vorliegen, um Fördermittel bekommen zu können.
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Dezernent will im Juni Pläne für Grundstücksentwicklungsgesellschaft vorlegen
Die Reduzierung der Projekte mit ohnehin überschaubarem finanziellen Rahmen stimme traurig, äußerte sich Claus Schindler (SPD) im Planungsausschuss. Ausschussvorsitzender Dieter Wiechering (ebenfalls SPD) untermauerte noch einmal die Forderung seiner Fraktion, endlich eine Stadtentwicklungsgesellschaft zu schaffen, um womöglich auch privates Geld für die Innenstadtentwicklung akquirieren zu können.
In einem Gespräch unlängst mit dieser Redaktion hatte Planungsdezernent Peter Vermeulen angekündigt, wohl im Juni mit einer Beschlussvorlage für eine Grundstücksentwicklungsgesellschaft an die Politik herantreten zu wollen, die sich in Projekten nicht nur für die Innenstadt, sondern stadtweit engagiert. Dabei sollte seiner Meinung nach mehr die Entwicklung von Flächen als der Ankauf von Schrottimmobilien im Fokus stehen, so Vermeulen. So etwas sei dann kein konstantes Geschäft. Da gehe es darum, Gelegenheiten zu nutzen, wenn sie sich ergäben.
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Mögliche Projekte der Gesellschaft will Vermeulen nicht verraten
Vermeulen will sein Geschäftsmodell an die bestehende Ruhrbania-Gesellschaft andocken, „denn wir haben kein Geld, eine solche Gesellschaft mit einem zusätzlichen Geschäftsführer und Personal auszustatten“.
Auch wenn sich noch zeigen muss, ob die politische Mehrheit Vermeulen in seiner Denkrichtung folgen wird, betont Vermeulen, dass eine Entwicklungsgesellschaft der Stadt schon in der Vergangenheit gut zu Gesicht gestanden hätte, hätte sie doch womöglich zuschlagen können, als größere Immobilienpakete, aber auch einzelne Immobilien an stadtentwicklungspolitisch bedeutsamen Stellen die Eigentümer gewechselt haben.
Auch für die nahe Zukunft habe er da Ideen, so Vermeulen. Konkret werden will er aber nicht. Denn klar ist: Ist das Interesse der Stadt an Immobilie oder Fläche xy erst auf dem Markt, verteuert sich der Preis.