Mülheim. Finanzen, Schule, Mobilität in Mülheim: In der virtuellen Bürgersprechstunde der Grünen mit OB-Kandidat Steitz wurden wichtige Themen diskutiert.

So langsam muss die Politik ihre gemütlichen Hauspantoffeln wieder ausziehen, um das Leben in der Stadt zu politisieren. Einen Anfang haben die Grünen mit einer Bürgersprechstunde am Donnerstagabend gemacht. Ihr neuer OB-Kandidat Wilhelm Steitz stellte sich den Fragen um Mobilität, Finanzen und Schulsanierung.

Gut 25 Menschen klinkten sich ins Gespräch ein. Denn das lief freilich anordnungsgemäß über Videokonferenz. OB-Kandidat Steitz meldete sich aus der nüchtern gekachelten Küche, aber mit einer leidenschaftlichen Forderung zu den desolaten Stadtfinanzen: Mülheim sollte künftig mehr an den privaten Bauvorhaben verdienen. Es könne nicht sein, dass der Rat zustimmt, wenn günstiges Ackerland in sündhaft teures Bauland umgewidmet werden soll, argumentierte dieser, aber die Gewinne überwiegend der Landeigentümer und der Investor machen.

OB-Kandidat: Mülheim soll mehr an privaten Bauvorhaben verdienen

Steitz spielte damit auf Projekte wie in Holthausen an, wo ein Investor entlang einer Straße baue und die von der Stadt geschaffene Infrastruktur nutze, ohne dafür selbst investiert zu haben. Klug investiert habe aber auch die Stadt eher selten: „Bausünden“ wie die – aus seiner Sicht – völlig überzogen großzügige Konrad-Adenauer-Brücke mit dem damaligen Overfly, den Tourainer Ring, die Tunnel für die U- und Straßenbahn und auch die „Platte“ über der Eppinghofer Straße hätten die Stadt bis heute nicht nur viel Geld gekostet.

Die Radwege in Mülheim waren ein Thema bei der Videokonferenz der Bürger mit dem grünen OB-Kandidaten Wilhelm Steitz.
Die Radwege in Mülheim waren ein Thema bei der Videokonferenz der Bürger mit dem grünen OB-Kandidaten Wilhelm Steitz. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Sie könnten auch nur noch mit hohen Investitionen verändert werden, lähmen somit die Stadtentwicklung.„Wir müssen eisern sparen“, warf Martin Brock, Mülheimer Bürger und kein Parteimitglied, ein. Aber alles, was Mülheim mache, helfe nicht weiter, weil die kleine Großstadt beim kommunalen Finanzausgleich oft den Kürzeren ziehe. Heißt: Bei der Verteilung von Steuergeldern erhalte die hoch verschuldete Stadt deutlich weniger Mittel pro Einwohner als andere. Steitz, der als Beigeordneter und Vizepräsident der Bezirksregierung Köln etliche Jahre Verwaltungserfahrung hat, pflichtete nur vage bei, der Schlüssel sei „nicht völlig ungerecht“.

Rad-Mobilität: Es mangelt oft an den letzten 100 Metern

Zweites Thema mit dem der gebürtige Mülheimer punktete: der Fahrradverkehr. „Man merkt, dass die Entscheider über Radwege selbst kein Fahrrad fahren“, fiel Steitz auf, der selbst viel mit dem Rad unterwegs ist. Der Radwegausbau sei zum einen an den Straßenbau gekoppelt und oft nicht bis zum Ende gedacht. „Es fehlen oft die letzten 100 Meter in die Innenstadt“, führte der 65-Jährige etliche Beispiele an. Etwa an der Kaiser-, Leineweberstraße und auch am beliebten Radschnellweg, dessen Abgang am Ruhrufer nur über einen anfälligen Fahrstuhl möglich ist.

Den Dauerkonflikt „Leinpfad“ würde er mit einer Einbahnstraße Mendener Straße und Dohne in Richtung Innenstadt lösen. Damit wäre die Straße breit genug, um einen großzügigen und sicheren Radweg parallel zum Leinpfad anzulegen. Das wäre eine Alternative zum Vorschlag des ADFC, der hier eine Fahrradstraße mit Tempo 30 ins Spiel gebracht hat.

Ein eigener Haushalt nur für Schulentwicklung

Wichtige Themen im Gepäck

Das positive Resümee der Grünen zum Auftakt ihrer virtuellen Bürgersprechstunde war zwar zu erwarten, allerdings auch nicht ungerechtfertigt. Wichtige Themen waren im Gepäck.

Ein wenig spröde wirkte der Talk mit OB-Kandidat Wilhelm Steitz gelegentlich jedoch – was nicht nur an dem Distanzmedium „Videokonferenz“ lag. Mülheim sei eine „mittelprächtige Stadt, in der man gut leben kann“, die aber „wenig Weltrekorde“ aufweise, charakterisierte der Verwaltungsmensch seine Stadt am Fluss. So weit so nüchtern analysiert. Etwas mehr „Pulsschlag“ könnte der OB-Wahlkampf wohl vertragen.

Jetzt gilt es aber noch mehr Mülheimer in den Talk einzubinden, denn das gute Drittel Bürger – von 25 Teilnehmern – ist ausbaufähig. „Wir werden intern besprechen, wie wir die Reihe fortsetzen“, kündigte der grüne Parteivorsitzende Fabian Jaskolla an.

Dritter Punkt: die Schulen. „Gibt’s einen Weg, den Schulen mehr Geld zukommen zu lassen?“, fragte Julian Bausch, Mitglied der jungen Grünen und Abiturient am Broicher Gymnasium. Steitz schlägt vor, die Schulen aus dem Gesamthaushalt herauszunehmen und sie gesondert mit eigenen Mitteln zu verwalten. So würden sie nicht mit den übrigen Gebäuden in der Stadt um Mittel konkurrieren.

Die Grüne Fraktionsvorsitzende Franziska Krumwiede-Steiner pflichtete seinem Ansatz bei und hofft zudem auf den neuen Schulentwicklungsplan nach der Kommunalwahl. „Es wird sich zeigen, dass wir eine zusätzliche weiterführende Schule brauchen werden.“