Mülheim. Zwischen Hochschule und Stadtgrenze ist die Trasse für Mülheims Radschnellweg gerodet. Straßen.NRW plant. Grundstücke gehören noch der Bahn.

Anwohner Christian Jacobi (36) neben einem Baumstumpf nahe der Steinbruchstraße. Dort wurde die Böschung ebenfalls gerodet. Jacobi meint: Es gab zu viel Kahlschlag.
Anwohner Christian Jacobi (36) neben einem Baumstumpf nahe der Steinbruchstraße. Dort wurde die Böschung ebenfalls gerodet. Jacobi meint: Es gab zu viel Kahlschlag. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

„Die Leute haben mit ihren Kettensägen alles umgelegt, was dort stand. Das war ein richtiger Kahlschlag. Was soll das? Warum hat man die Anlieger darüber nicht informiert?“ So und ähnlich fragten Christian Jacobi und weitere Anwohner der Rheinischen Eisenbahntrasse an der Steinbruchstraße in Speldorf, als vor ihren Fenstern die Motorsägen knatterten. „Da fahren kaum noch Züge. Aber etwa 80 Stämme sind gefallen“, klagt Dietlinde Kocks. Sie und ihre Nachbarn haben gehört, die Bäume würden für den Radschnellweg (RS 1) gefällt. „Wann soll der denn gebaut werden?“, fragen sie weiter.

Drei Kilometer Strecke fehlen noch

„Projektiert ist der Baubeginn für 2021“, antwortet Sebastian Artmann. Das sei eine sportliche Aufgabe, um Baugenehmigungen und Grunderwerb mit der Deutschen Bahn abzuschließen, erläutert der Projektleiter für den RS 1 bei Straßen.NRW. Mit den aktuellen Rodungs- und Gehölzschnittarbeiten sei jetzt das Baufeld für die Trassenvermessung freigeräumt worden.

Dabei geht es um die noch zu bauenden drei Kilometer Radschnellweg von der Hochschule Ruhr-West über Heer- und Friedhofstraße, unter den Brücken Saarner Straße und Blötter Weg, bis zum Rund- und Grenzweg an der Stadtgrenze zu Duisburg. Teilweise liegt die Bahntrasse auf Straßenniveau und in einem Einschnitt.

Gutachter hat Rodungen begleitet

„Die Bäume wurden gefällt, ohne dass bisher festgelegt ist, wo der Radweg überhaupt genau verlaufen soll“, wundern sich Carsten Voß (Grüne) und Anlieger, die die Grünen informierten. „Wir brauchen die gerodeten Freiflächen, damit wir mit dem Vermessen der Trasse beginnen können“, erklärt Sebastian Artmann. Bei einer Breite von 6,50 Metern seien Entwässerungsgräben, Leitungsverläufe und der notwendige Abstand zum befahrenen Güterzuggleis zu berücksichtigen. „Das ergibt die exakte Lage des Radweges.“


Entlang der gesamten Baustrecke sind inzwischen Böschungen sowie der Bereich des früheren zweiten Bahngleises freigeräumt. „Die Untere Naturschutzbehörde der Stadt Mülheim hat alles genehmigt. Ein Gutachter hat die Rodungsarbeiten begleitet“, fügt der Projektleiter von Straßen.NRW hinzu. Am Mittwoch hat eine Spezialfirma die letzten Stämme am Katzenbruch abtransportiert.

Verknüpfungen mit anderen Radwegen

Güterzüge pendeln täglich zwischen Mülheimer Hafen und Duisburg. Zwischen Bahngleis und Hang soll im nächsten Jahr die 6,50 Meter breite Asphalttrasse des Radschnellweges entstehen.
Güterzüge pendeln täglich zwischen Mülheimer Hafen und Duisburg. Zwischen Bahngleis und Hang soll im nächsten Jahr die 6,50 Meter breite Asphalttrasse des Radschnellweges entstehen. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Nach dem alle vermessenen Daten erfasst sind, starten bei Straßen.NRW sofort die Planungen für den Weiterbau des Radschnellweges. „Überall dort, wo Verknüpfungen mit anderen Radwegen möglich existieren, soll es Anschlüsse geben“, beschreibt Sebastian Artmann die Vorgaben.

An Heer- und Friedhofstraße sowie Katzenbruch/Grenzweg gebe es niveaugleiche Zufahrten an den Bahnübergängen. An der Saarner Straße und am Blötter Weg „klären wir die Lage der Auf- und Abfahrten über Rampen.“ Dafür seien an einigen Stellen Stützwände erforderlich. Die Wegefläche wird auf ganzer Breite asphaltiert.

Strecke wird schonend beleuchtet

Einige Anlieger sind jedoch der Meinung, dass nicht an jeder Straßenkreuzung eine Rampe zum neuen Radweg erforderlich sei. „Wir möchten viele Zufahrten verwirklichen, damit möglichst viele Bewohner der Umgebung kurze Anfahrten zum RS 1 bekommen“, erläutert Sebastian Artmann. Auch das sei eine Vorgabe.

Innerhalb geschlossener Ortschaften wird der Radschnellweg beleuchtet. „Es gelten dafür die gleichen Regelungen wie für Landesstraßen“, fügt der Projektleiter hinzu. „Dabei müssen wir jedoch den Tierschutz – vor allem für Fledermäuse – berücksichtigen.“ Volle Beleuchtung sei dabei eher unangebracht.

Einzelabschnitte gehen nach Baufortschritt in Betrieb

Die Verhandlungen über den Verkauf der Grundstücke laufen jetzt ebenfalls an. „Wir arbeiten parallel, um möglichst bald die Genehmigungen zu erhalten und die Arbeiten ausschreiben zu können“, begründet Sebastian Artmann. Daher könne es passieren, dass „wir im Bereich Steinbruchstraße oder anderswo zuerst den Radweg bauen und einzelne Abschnitte in Betrieb nehmen“. Die komplette Durchfahrt sei dann erst später möglich.

Für die Anlieger sowie die Grünen erscheint der Kahlschlag entlang der Trasse in Speldorf jedoch „übertrieben und zu viel“. „Das Telefon stand nicht still“, berichtet Bezirksvertreter Carsten Voß. Er erwartet auch von der Stadtverwaltung dazu mehr Informationen im Bezirksparlament.