Mülheim. Zum Jahresende hat die Stadt Mülheim ihre letzten Schweizer-Franken-Kredite aufgelöst. Das Risikogeschäft brachte am Ende einen Millionenverlust.

Stadtkämmerer Frank Mendack räumt in diesem Jahr ein Altbaustelle seines Vorgängers Uwe Bonan ab und löst ein letztes Kredit-Paket auf, das das Währungsrisiko der Schweizer Franken in sich birgt. Das unkalkulierbare Risiko verschwindet damit, doch am Ende steht ein Millionenverlust.

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Sieben Kredite auf Schweizer Franken hatte Mülheims Ex-Kämmerer Bonan, der heute als Geschäftsführer der Ruhrbahn fungiert, in der Vergangenheit abgeschlossen. Insgesamt betrug der Gegenwert Ende 2016 60,6 Millionen Schweizer Franken.

Mülheims Altkämmerer sah lange Zeit mehr Chancen als Risiken

Bonan hatte in den Kreditgeschäften einen Benefit für die Stadt gesehen, weil im Währungsgeschäft Zinsvorteile zu erzielen waren. Geradezu als unverschämten persönlichen Angriff gegen sich quittierte er kritische Nachfragen.

Mülheims Stadtkämmerer Frank Mendack hat noch vor Weihnachten die letzten städtischen Kredite in Schweizer Franken aufgelöst.
Mülheims Stadtkämmerer Frank Mendack hat noch vor Weihnachten die letzten städtischen Kredite in Schweizer Franken aufgelöst. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Doch das Risiko durch Währungsschwankungen war ungemein höher als jene Zinsgewinne, wie sich schnell herausstellte. Bonan gab sich trotzdem gelassen: Da die Stadt ohnehin einen hohen Schuldenberg vor sich herschiebe, betonte er immer wieder, könnten die auf den Franken dotierten Kredite in der Laufzeit einfach verlängert werden, so dass sich das Problem einer überteuerten Rückzahlung nicht stelle.

Mülheims Politik folgte Bonans Argumentation über Jahre

Mülheims Politik folgte dieser Argumentation einige Jahre, bis ihr der neue Stadtkämmerer Frank Mendack gnadenlos aufzeigte, dass der eingeschlagene Weg der Spekulationsgeschäfte insbesondere mit Blick auf die Teilnahme am Stärkungspakt des Landes dringend zu verlassen sei. Ende 2016 rechnete Mendack den Stadtverordneten vor, dass schon acht Millionen Euro zusätzlich in die Hand zu nehmen seien, wolle die Stadt das Kreditvolumen in Schweizer Franken aktuell tilgen.

Im Sommer 2017 ließ sich Mendack schließlich seine Strategie des schrittweisen Ausstiegs von der Politik absegnen, getreu dem Motto: Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. Je nach Fälligkeit sollten die Kredite aufgelöst werden. Ein abruptes Ende kam nicht infrage, um nicht noch Vorfälligkeitsentschädigungen an die Banken zahlen zu müssen.

Der neue Stadtkämmerer räumte noch 2017 die ersten Kredite ab

Noch 2017 räumte Mendack die ersten drei Franken-Kredite ab und schuldete zu Euro-Konditionen um. Abzüglich der Zinsvorteile stand schon für jenes Paket ein Verlust von rund 2,5 Millionen Euro zu Buche.

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Kurz vor Weihnachten nun hat die Stadtkämmerei mit politischem Segen die letzte Kredit-Tranche in Höhe von 10,5 Millionen Schweizer Franken zurückgezahlt – vorzeitig. Mendack hatte der Politik vorgerechnet, dass die Stadt allein bis Ende der Laufzeit im März 2020 noch kräftig draufgezahlt hätte, würde der Wert des Schweizer Franken im Vergleich zum Euro zulegen. Allein wenn pro Franken ein Euro-Cent mehr zu zahlen wäre, ergäbe sich für Mülheims Etat ein Mehraufwand von 90.000 Euro, so der Kämmerer. Da nahm er lieber rund 9300 Euro Kosten in Kauf, die das vorzeitige Ablösen der Kredite vor Weihnachten kostete.

Mendack: Die Bücher im Schweizer Franken sind endgültig geschlossen

Millionen-Risiko schlummert noch in einer Zinswette

„Aus den Risikogeschäften sind wir dann komplett raus“, hat Kämmerer Frank Mendack jüngst für den Zeitpunkt vorausgesagt, wenn die Kredite in Schweizer Franken aufgelöst seien. Dies ist nun der Fall.

Allerdings trägt die Stadt noch eine immense Last aus ihren Wetten auf Zins- und Währungsentwicklungen, die Anfang des Jahrtausends Kämmerer Gerd Bultmann eingegangen war.

Im Bemühen, das damals immens aufgetürmte Risiko in Schach zu halten, hatte sich die Stadt unter Kämmerer Bonan auf ein Ausstiegsszenario mit der ehemaligen West LB eingelassen, das ihr noch bis zum Jahr 2026 Millionenverluste einbringen dürfte.

So zog die Abwicklungsanstalt der ehemaligen Landesbank im Jahr 2016 erwartbar die Option, mit einer Laufzeit von zehn Jahren eine weitere hoch riskante Wette gegen die Stadt zu initiieren. Eine Modellrechnung dieser Zeitung hatte im Jahr 2016 ein Verlustrisiko hierfür in Höhe von knapp 10,6 Millionen Euro ergeben.

Wie viel Verlust durch diese Wette schon angefallen ist, hat die Stadtverwaltung bislang nie öffentlich berichtet. Die Politik hat auch nicht nachgefragt.

In nicht-öffentlicher Runde soll Mendack der Politik den Gesamtschaden benannt haben: Er soll nicht weit über jenen 2,5 Millionen Euro liegen, die bereits Ende 2017 zu Buche standen. Dass es nicht noch mehr Verlust geworden ist, soll darin begründet sein, dass der Wechselkurs Euro zu Franken sich stabil dargestellt habe. Andererseits halfen mitunter noch einmal weiter gesunkene Zinsen.

In einer nicht-öffentlichen Berichtsvorlage für die Politik, die dieser Redaktion vorliegt, zeigt sich Mendack froh, mit den Franken-Krediten „ein finanzielles Risiko für den Haushaltsausgleich“, der laut Stärkungspakt-Regel ab 2020 zwingend ist, nicht mehr im Portfolio zu haben. „Die Bücher im Schweizer Franken sind endgültig geschlossen.“