Mülheim. . Mülheims Wettgeschäfte, nächstes Kapitel: Auch wenn die Schadenersatzklagen in Vergleichen münden,drohen weitere gut 10 Millionen Euro verloren zu gehen.

  • Abwicklungsanstalt der West LB hat neue Wette gegen Stadt in Gang gesetzt
  • Es drohen Verluste von mehr als 10 Millionen Euro bis 2026
  • Stadtrat segnet derweil Vergleich mit der Commerzbank ab

Die Klagen der Stadt auf Schadenersatz gegen die Erste Abwicklungsanstalt der West LB und nun auch gegen die Commerzbank werden in Vergleichen münden, die Stadt wird auf ihren Millionenverlusten mit Zins- und Währungswetten größtenteils sitzenbleiben. Und seit diesem Sommer wettet sich die Stadt noch einmal um Kopf und Kragen – weitere gut zehn Millionen Euro als Verlust sind möglich. Rückstellungen für die Drohverluste hat die Kämmerei nicht gebildet.

Zuletzt gab der Stadtrat in nicht-öffentlicher Sitzung grünes Licht auch für einen mit der Commerzbank ausgehandelten Vergleich. So wird die Stadt auch dieses Klageverfahren, das sich in der Berufung am Oberlandesgericht befindet, absehbar wohl abschließen. Dabei hatte das Gericht signalisiert, dass es das Urteil des Landgerichtes Essen in erster Instanz einkassieren würde, weil es Mängel an der Beweisaufnahme sah. In einem vertraulichen Bericht für die Politik gab das Rechtsamt an, dass es nicht mehr ausgeschlossen schien, dass Schadenersatz wegen einer Falschberatung fließen könnte. Da die Stadt aber beweispflichtig sei für die Pflichtverletzung der Bank, bestehe weiter ein hohes Prozessrisiko – diese Feststellung traf das Rechtsamt wohl auch, weil das städtische Finanzmanagement die Beratungen zu den Wettgeschäften, wie 2008 schon in einem verwaltungsinternen Gutachten festgestellt, seinerzeit äußerst dürftig protokolliert und dokumentiert hatte.

Gericht hat Vergleich empfohlen

Auf Anraten des Oberlandesgerichtes handelte die Stadt einen Vergleich mit der Commerzbank aus. In der kleinen Klage zu den Wetten ging es „nur“ um gut 600.000 Euro Schadenersatz. 180.00 Euro soll die Stadt bekommen, aber auch 70 Prozent der Gerichtskosten tragen.

Deutlich happigere Zahlungsverpflichtungen kommen auf den Nachfolger des scheidenden Kämmerers da in anderer Sache zu. Wie zu erwarten war, setzte die Abwicklungsanstalt der West LB im Sommer eine weitere Wette gegen die Stadt in Gang, die bis ins Jahr 2026 läuft: Dabei wettet die Stadt darauf, dass der Drei-Monats-Euribor als Interbankenzins über 4,98 Prozent liegt. Dieses Niveau ist nicht nur aktuell utopisch, der Zinssatz lag am vergangenen Freitag bei gut -0,3 Prozent und hält sich schon länger im negativen Bereich auf. Auch hat der Euribor in den vergangenen 16 Jahren überhaupt nur in vier Monaten die Marke überschritten, auf die die Stadt nun zu wetten verdammt ist.

Modellrechnung weist Drohverlust von 10,6 Millionen Euro aus

Legt man den aktuellen Negativzins zugrunde, kommt die Modellrechnung dieser Zeitung auf ein Verlustrisiko für die zehn Jahre Laufzeit von knapp 10,6 Millionen Euro. Der Stadt war es nicht gelungen, diese Wette im außergerichtlichen Vergleich mit der EAA zu tilgen. Die Option für die Bank, diese Wette allein nach eigenen Gewinnaussichten in Gang setzen zu können, ist wohl Teil des Ausstiegsszenarios, das die Stadt unter Kämmerer Uwe Bonan gewählt hat.

Der Politik hat die Stadt eine solche Risikorechnung übrigens nie präsentiert, es hat sie aber auch niemand vehement eingefordert.