Mülheim. Die Flüchtlingshäuser auf dem Saarner Kirmesplatz sollen verschwinden. Das hat der Stadtrat beschlossen. Die SPD hatte für ihre Ablehnung Gründe.
Die Politik sollte erst im Dezember ein Gesamtkonzept zur Zukunft der Flüchtlingsunterbringung in Mülheim debattieren und beschließen. Jetzt hat sie eine Entscheidung vorweggenommen. Der Stadtrat hat beschlossen, die Holzhäuser auf dem Saarner Kirmesplatz mit Beginn des Jahres so schnell wie möglich abzubauen. Im Stadtrat votierte nur die SPD dagegen. Das hatte seine Gründe.
Die FDP war mit einem Antrag vorgeprescht und hatte die Frage zur Zukunft des Saarner Kirmesplatzes damit aus dem Paket herausgelöst, das die Sozialverwaltung im Dezember von der Politik beschließen lassen wollte.
Verwaltung wollte Notunterkünfte weiter vorhalten, nur für anderen Zweck
Die Verwaltung will die Erstaufnahmeeinrichtung vom Saarner Kirmesplatz an den Klöttschen in der Innenstadt verlegen, wollte die Sammelunterkunft in Saarn aber weiter vorhalten, um dort Notunterkünfte anbieten zu können: vorübergehend im Bedarfsfall im kommenden Jahr noch für Geflüchtete, aber auch für Bürger, die kurzerhand aus „Schrottimmobilien“ ausziehen müssen. Bekanntlich will die Stadt ihr im Sommer groß aufgelegtes Vorgehen gegen „Schrottimmobilien“ in größerem Stil fortführen.
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Sozialdezernent Marc Buchholz hatte Bezirksbürgermeister und Bürgerverein allerdings nach eigener Aussage jüngst zugesagt, für den Fall, die Notunterkunft vor Ort zu halten, zumindest einen Teil des alten Festplatzes wieder freigeben zu wollen.
Beitz (FDP) und Hendriks (CDU): Stehen bei Saarnern im Wort
Die Pläne der Verwaltung sind nun durchkreuzt. Leicht abgeändert seitens der CDU ging die FDP-Initiative bei Gegenstimmen nur der SPD durch den Stadtrat, die Holzhäuser in Saarn alsbald möglich abzubauen. Hatte die FDP noch gefordert, die Häuser bereits Anfang 2020 abzubauen, ließ sie sich darauf ein, den Abbautermin vage zu lassen. CDU-Fraktionschefin Christina Küsters hatte zuvor festgestellt, „dass wir alle wissen, dass es bis 2020 nicht die finanziellen Mittel gibt und auch zeitlich nicht klappt“.
Man stehe in Saarn im Wort, bei Abebben des Flüchtlingszuzugs den Festplatz wieder freizugeben, betonten FDP-Fraktionschef Peter Beitz und Heiko Hendriks (CDU) aber ihr grundsätzliches Votum für eine möglichst baldige Räumung des Platzes. Im Zweifel gelte es, auch andere Investitionen nach hinten zu schieben, sagte Hendriks, mahnte aber, dass es eine kostspielige Zwischenlagerung der Holzhäuser zu vermeiden gelte.
Stadt will Holzhaus-Elemente andernorts verbauen
Holzhaus-Elemente will die Stadt bekanntlich andernorts verbauen. Einen Verkauf der Häuser lehnt Kämmerer Frank Mendack aus wirtschaftlichen Gründen ab. Unter anderem, weil der zu erzielende Preis aufgrund mangelnder Nachfrage gering erscheine. Zum anderen, weil die Häuser seinerzeit mit zinslosen Darlehen der NRW-Bank angeschafft worden seien und die Darlehen bei einem Verkauf zu schlechteren Konditionen umzuschulden seien. Entsprechend folgte der Rat am Donnerstag auch nicht einem BAMH-Antrag.
Die SPD blieb mit ihren Bedenken gegen einen voreiligen Beschluss zum Saarner Festplatz im Stadtrat unerhört. Die Genossen plädierten dafür, eine Entscheidung im Rahmen des Gesamtkonzeptes zur Zukunft der Flüchtlingsunterbringung erst im Dezember zu treffen.
SPD-Bedenken bleiben von anderen Politikern unerhört
Ablehnende Haltung der Verwaltung
Das für die Flüchtlingsunterbringung zuständige Sozialdezernat von Marc Buchholz (CDU) hatte der Politik ebenso wie die SPD empfohlen, eine Aufgabe des Saarner Flüchtlingsdorfes erst in der noch anstehenden Debatte zum Gesamtkonzept der Flüchtlingsunterbringung zu behandeln.
Es gebe den Bedarf, die Einrichtung als Notunterkunft weiter vorzuhalten, heißt es weiterhin in einer Vorlage, die in der kommenden Woche zunächst in der Bezirksvertretung zur Diskussion steht.
Weiter heißt es im Papier, dass die Holzhäuser, wenn Elemente von ihnen nicht anderweitig zu verbauen wären, aus wirtschaftlichen Gründen auch dann an der Mintarder Straße verbleiben sollen, wenn die Unterkünfte nicht mehr gebraucht werden.
Neben Fraktionschef Dieter Spliethoff machten Planungspolitiker Claus Schindler und Sozialpolitiker Rodion Bakum die Sicht der SPD deutlich, dass eine Lex Saarn verfrüht sei. Schindler wies darauf hin, dass die Stadt durch die Aufgabe von Flüchtlingsunterkünften an anderen Orten kurzfristig in die Lage versetzt sein könnte, dringend nötige Einnahmen zu generieren.
Am Klöttschen gebe es die Pläne, eine Wohnbebauung „für Menschen, die nicht so gut betucht sind“, zu schaffen (samt Kita). An der Gustavstraße in Styrum könne durch den Abriss der alten SWB-Bausubstanz ein Gewerbegebiet entstehen, ebenso an der Oberheidstraße in Dümpten.
Baum (SPD): Es geht auch um Verteilungsgerechtigkeit in der Stadt
Bakum brachte noch ein anderes Argument vor. Bei der Frage, wo zuerst Unterkünfte aufgegeben werden sollen, gehe es auch um innerstädtische „Verteilungsgerechtigkeit“. Räume die Stadt zuerst den Kirmesplatz in Saarn, gab Bakum zu bedenken, „werden Geflüchtete vor allem noch in der Stadtmitte und im Norden der Stadt untergebracht“ – also dort, wo die soziale Lage ohnehin schon angespannt ist.