Mülheim. . Der Entwurf zu Mülheims Masterplan Industrie und Gewerbe zeigt, was sich in den nächsten zehn bis 15 Jahren tun soll. Es kündigt sich Kritik an.

Mit dem „Masterplan Industrie und Gewerbe“ will die Stadt definieren, wohin sich der Wirtschaftsstandort Mülheim in den kommenden zehn bis 15 Jahren entwickeln soll. Ein Entwurf liegt nun zur politischen Debatte vor. Und er sorgt im Hintergrund schon für Säbelrasseln.

Der Standort Mülheim hat laut aktuellster Statistik der Arbeitsagentur von Juni 2017 bis Juni 2018 Hunderte sozialversicherungspflichtige Jobs verloren. Allein für die Metall-, Elektro und Stahlindustrie weist die Statistik ein Minus von 341 Arbeitsplätzen aus, im verarbeitenden Gewerbe sind es gar 377 Jobs, die innerhalb eines Jahres verschwunden sind. Der Krise in der Industrie steht derweil ein ausgewachsener Mangel an verfügbaren Gewerbeflächen gegenüber, auf denen sich neue Unternehmen niederlassen beziehungsweise wachstumsstarke Bestandsunternehmen sich ausbreiten könnten.

Erhalt des hohen Grünanteils als Markenkern

In diesem Spannungsfeld, das zusätzlich elektrisiert ist von der fortwährenden Debatte um den Erhalt des hohen Grünanteils als einem der Markenkerne der Stadt, ist nun der Masterplan-Entwurf ohne große Überraschungen, mit Blick auf die Wirtschaftsinteressen ohne den großen Wurf geblieben. Was dann wohl auch der Grund dafür ist, dass IHK und Unternehmerverband schon für diesen Donnerstag eine kritische Würdigung des 91-seitigen Papiers ankündigen, in dem die Beschreibung konkreter Projekte und Maßnahmen gerade einmal 20 Seiten einnehmen.

Die 20 Seiten dürften bei der Wirtschaft Kritik hervorrufen – insbesondere deshalb, weil der Masterplan kaum Abhilfe beim beklagten Gewerbeflächen-Notstand verspricht. An brachliegende Flächen kommt die Stadt nicht ran, weil in privater Hand. Und auch bleibt der Masterplan bei der Skizzierung künftiger Gewerbeflächenpotenziale wohl deutlich hinter dem zurück, was sich die Wirtschaftsverbände wünschen. 28 Hektar, so heißt es im Entwurf, könnten kurz- bis mittelfristig zur Verfügung gestellt werden. Von den sieben Potenzialflächen, die die Politik im vergangenen Sommer zur Prüfung ausgerufen hatte, finden nur mehr vier Erwähnung: jene an der Liebigstraße (Grenze Broich/Speldorf), an der Gustavstraße (SWB-Fläche in Styrum), an der Oberheidstraße (Dümpten) und am Erzweg (Selbeck) – allesamt nicht frei von Restriktionen.

Perspektiven auf dem Flughafen-Areal

Weitere Potenziale sehen das Wirtschaftsdezernat von Peter Vermeulen und die Wirtschaftsförderung perspektivisch am Flughafen oder auf dem Tengelmann-Areal, auf dem sich die Stadt ein Innovationszentrum und hochschulnahes Gewerbe wünscht. Entlang des Radschnellweges werden Potenziale gesehen für die Entwicklung gemischter und gewerblich genutzter Standorte.

Ansonsten bietet der Masterplan eher eine Zusammenschau laufender Projekte und Probleme. Etwa derer am Hafen, wo durch planungs- und wirtschaftspolitische Fehler der Vergangenheit zu wenige Betriebe ansässig sind, die die kostspielige Hafeninfrastruktur dort nutzen, und sich an der Weseler Straße Handel breit gemacht hat, den man sich heute am liebsten wegwünschen würde. Die Revitalisierung von Brach- und nicht optimal genutzten Gewerbeflächen ist ein Wunsch, der sich im Masterplan des Öfteren wiederfindet. Nur hat die Stadt keinen direkten Zugriff, die Privateigentümer müssten mitspielen.

Innenstadt als Innovationsstandort

Die Innenstadt sieht der Masterplan als „Innovationsstandort“. Versucht werden soll, Leerstände zunehmend auch mit kleineren produzierenden Betrieben zu besetzen. Mehr Kreativität wollen Wirtschaftsdezernat und -förderung in die Innenstadt locken. Dafür sei mit den Angeboten wie dem des Co-Working-Anbieters „WorkInn“ an der Friedrich-Ebert-Straße und die Existenzgründer-Initiative „Starbuzz Accelerator“ ein Anfang gemacht.