Mülheim. Erstes Geheimnis der Kommunalwahl 2020 in Mülheim gelüftet: Die designierte OB-Kandidatin von CDU und Grünen verrät schon einige ihrer Ziele.
CDU und Grüne machen zur Kommunalwahl 2020 in Mülheim gemeinsame Sache, um das Rathaus von der SPD zu erobern. Sie wollen mit Diane Jägers eine gemeinsame OB-Kandidatin ins Rennen schicken.
Am Mittwochnachmittag präsentierten die Partei- und Fraktionsspitzen von CDU und Grünen vorbehaltlich innerparteilich noch notwendiger Voten ihre Wunschkandidatin für den Chefsessel im Rathaus. Die 58-jährige Gelsenkirchenerin Diane Jägers, ausgestattet mit dem Zweiten Juristischen Staatsexamen und mit Berufserfahrung sowohl als Richterin als auch als Rechtsdezernentin der Städte Bochum und Dortmund, soll es sein. Aktuell leitet Jägers im NRW-Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung die Gleichstellungsstelle.
Parteien stellen Anforderung an neuen OB: eine klare Führung
Schon lange hatten CDU und Grüne im Hintergrund den Clou vorbereitet. Laut CDU-Chefin Astrid Timmermann-Fechter und Grünen-Vorstandssprecherin Kathrin-Rosa Rose hatten beide Seiten im Zuge der Affäre um SPD-OB Ulrich Scholten zunächst einmal für sich Anforderungsprofile für einen künftigen OB erstellt – um schließlich festzustellen, dass man „eine identische Auffassung“ habe, so Timmermann-Fechter. Die Turbulenzen in der Amtsführung von OB Scholten hätten beide Parteien zu dem Schluss kommen lassen, „dass Mülheim einen Neuanfang benötigt“.
Sachkompetenz, eine fürs OB-Amt qualifizierende berufliche Vorerfahrung, Bodenständigkeit oder die „Fähigkeit, politische Ideen auch voranzubringen“ – daran soll sich laut CDU und Grünen ein neuer OB messen lassen können. Das Parteibuch sei dabei zweitrangig, so Grünen-Vorstandsprecherin Rose. Es sei wichtig, nun eine Person in die Führungsposition im Rathaus zu bringen, die „das Kuddelmuddel auflöst“, die der in Schieflage geratenen Stadt „ein klare Führung“ garantiere. Das, was man derzeit etwa bei den drängenden Fragen zum Haushalt, zum ÖPNV oder beim Wegzug von Gewerbebetrieben vermisse.
Jägers will sich selbstbewusst der Herausforderung Mülheim stellen
Diane Jägers will sich eben dieser Aufgabe stellen, sagt: „Mir fällt immer wieder was ein, wenn eine neue Herausforderung vor mir steht.“ Ihr sei bewusst, dass sie im Falle einer Wahl vor keiner leichten Aufgabe stehe, „vielleicht neue Strukturen schaffen“ müsse.
„Fünf, sechs Zukunftsfragen“ will Jägers für Mülheim anpacken. Die Haushaltssanierung nannte sie am Mittwoch als erstes. Es gelte, Mülheim (auch mit übergeordneter Hilfe) erfolgreich aus dem Stärkungspakt zu führen. Dazu seien auch Gewerbefächen auszuweisen und zu reaktivieren. „Unternehmen, die Mülheim verlassen wollen, sollen an meinem Tisch sitzen“, verspricht Jägers, die Wirtschaftsförderung zur Chefsache zu machen.
Jägers präsentiert erste Ziele, die sie als OB erreichen will
Es sind keine überraschenden Themen, die Jägers präsentiert, wohl durch den Austausch im Vorfeld bedingt. „Luft nach oben“ sieht die 58-Jährige bei der Innenstadtentwicklung. Es gelte, die Stadt attraktiv genug zu halten, um junge Familien davon abzuhalten, in die Grüngürtel zu drängen. Bezahlbarer Wohnraum sei da ein Thema, es gelte „eine gute Eigentumsquote“ zu schaffen.
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Ökologische Stadtentwicklung schreibt sie sich auf die Fahnen. Sie will, auch wenn’s unangenehm wird, notwendige Struktur-Entscheidungen im ÖPNV, für die Mobilität der Zukunft insgesamt herbeiführen. Auch das subjektive Sicherheitsgefühl der Bürger gelte es zu stärken. Etwa gebe es zu viele dunkle Ecken. In Dortmund hat Jägers einen „Masterplan Kommunale Sicherheit“ aufgelegt. Jägers hält ihn für gelungen. Darauf könne Mülheim aufsatteln.
Endgültige Beschlüsse zur Kandidatur am 14. Dezember
Jägers kündigte am Mittwoch an, in Dialogreihen das Gespräch mit Bürgern suchen zu wollen, um zu hören, wo der Schuh drücke. Und „mit hoher Verbindlichkeit“ umzusetzen, was zu tun sei. Ein OB, betont sie, sei Diener von Stadtrat und Bürgern, nicht Vorturner. Es gelte, „der Bevölkerung das Vertrauen zurückzugeben, dass Politik weiß, was Politik tut.“
Am 14. Dezember wollen CDU und Grüne in ihren jeweils notwendigen parteiinternen Verfahren zeitgleich die Kandidatur Jägers festschreiben. Tun sie es, legen sie sich ebenfalls darauf fest, nach der Kommunalwahl 2020 inhaltlich enger zusammenzuarbeiten.
>>> Das ist Diane Jägers
Diana Jägers ist 58 Jahre alt. Ministerpräsident Armin Laschet lotste die damalige Rechtsdezernentin der Stadt Dortmund 2017 nach Düsseldorf. Im Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung besetzte Jägers, die sich in Dortmund als „pragmatische Managerin der Flüchtlingskrise“ einen Namen gemacht hatte, eine für sie bis dato sachfremde Thematik. Sie fungiert im Ministerium von Ina Scharrenbach als Leiterin der Gleichstellungsstelle.
OB-Kandidatin hat als Richterin am Verwaltungsgericht Düsseldorf gearbeitet
Jägers stammt gebürtig aus Deichsende im Landkreis Cuxhaven. Zum Studium kam sie 1980 ins Ruhrgebiet. An der Ruhr-Uni Bochum studierte sie bis 1985 Rechts- und Sozialwissenschaften. 1989 trat sie eine Stelle als persönliche Referentin des Oberkreisdirektors des Märkischen Kreises am, wechselte aber schon im Dezember 1990 (bis November 1996) als Richterin zum Verwaltungsgericht Düsseldorf. Von 1989 bis 1996 lehrte Jägers parallel zu ihrer beruflichen Tätigkeit an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung in Hagen.
Von November 1996 bis Mai 2001 arbeitete Jägers in Führungsverantwortung an der NRW-Justizakademie in Recklinghausen. Ab dem Jahr 2000 leitete sie die Akademie, bis sie im Juni 2001 zum Finanzgericht Düsseldorf abberufen wurde. 2007 folgte die Wahl zur Rechtsdezernentin der Stadt Bochum. 2013 wechselte die CDU-Frau in gleicher Funktion zur Stadt Dortmund. Politisch war Jägers bis 2007 im Gelsenkirchener Stadtrat aktiv.
Mehrfach gehandelt für das Landeskabinett von Armin Laschet
hier gibt es mehr artikel, bilder und videos aus mülheimKurzzeitig wurde Jägers Name auch gehandelt für die Kabinettsbesetzung unter Ministerpräsident Armin Laschet – nicht erst, als die skandalumwitterte Umweltministerin Christina Schulze Föcking 2018 zurückgetreten war. Jägers wurde in den Medien schon vor zwei Jahren als einer von „Laschets Revierfrauen“ für die Zukunft eine wichtige Rolle zugetraut.
Die Eroberung des Mülheimer Rathauses im kommenden Jahr war damit sicher nicht gemeint. Und doch: Das würden der Ministerpräsident und die Landes-CDU wohl auch als machtstrategischen Erfolg im Kampf um das Ruhrgebiet gerne mitnehmen.