Mülheim. . Im SPD-Parteivorstand deutet sich Distanz zu OB Ulrich Scholten an. Derweil hat sich die CDU-Fraktion positioniert. Sie verschärft ihre Gangart.
Rückt der SPD-Parteivorstand von Oberbürgermeister Ulrich Scholten ab? Diese Frage stellen sich zahlreiche Parteimitglieder, die am Donnerstagabend zum Abspann der Tagesschau eine Mail der stellvertretenden Parteivorsitzenden Silvia Richter und Cem Aydemir in ihrem Postfach vorfanden. Im brisanten innerparteilichen Zwist um den OB lesen die Genossen aufmerksam zwischen den Zeilen.
Nachdem die Staatsanwaltschaft Duisburg am Donnersmittag öffentlich erklärt hatte, im Zuge der Spesenaffäre einen Anfangsverdacht der Untreue gegen Scholten festgestellt zu haben, waren Richter und Aydemir im Laufe des Tages für eine Stellungnahme gegenüber dieser Redaktion nicht zu erreichen. Spannend ist die Positionierung, die die Partei nun zu Scholten einnehmen wird, der auch ihr Vorsitzender ist.
OB soll am Montag „seine Sichtweise“ erläutern
Im parteiinternen Streit, der im Juni schier eskaliert war und einen tiefen Keil in die Partei getrieben hatte, war der Parteivorstand dafür eingetreten, den OB wegen seiner mutmaßlichen Verfehlungen nicht vorzuverurteilen. Es sollte zunächst abgewartet werden, wie die Staatsanwaltschaft Scholtens Umgang mit den OB-Verfügungsmitteln einschätzt.
Jetzt hat diese ein Ermittlungsverfahren in Gang gesetzt, die Partei ist unter Zugzwang, sich zu positionieren. Am Montag kommt dafür um 20 Uhr der Parteivorstand samt seiner Berater (überörtliche Mandatsträger, Ratsfraktionsvorsitzender und -geschäftsführer, AG-Vorsitzende) zusammen. „Es gibt noch keine gemeinsame Positionierung“, stellte Partei-Vize Silvia Richter am Freitag gegenüber der Redaktion klar. Es gebe noch einige Genossen im Vorstand, denen noch nicht ganz klar sei, an welchem Punkt die Partei nun in der OB-Affäre sei. Richter erwartet für Montag auch, dass der Oberbürgermeister und Parteivorsitzende selbst bei der Sondersitzung anwesend sein und „seine Sichtweise“ darstellen wird.
SPD-Vize: Diskussionen sind „sehr belastend“
Im Brief an die Mitglieder werden Richter und Aydemir im Namen des Parteivorstandes jedenfalls deutlicher als bisher: Die seit Juni in Stadt und Partei geführten Diskussionen seien „sehr belastend“. Es sei nun zu klären, „welche politischen Konsequenzen der Unterbezirksvorstand zieht, um weiteren Schaden von der Mülheimer SPD abzuwenden“. Damit bis zum Ende der staatsanwaltlichen Prüfung gewartet zu haben, so die stellvertretenden Parteivorsitzenden, habe „über lange Strecken den innerparteilichen Frieden gefährdet“. Es gelte, die Partei wieder auf eine „unerschütterliche Basis“ zu stellen.
Der OB stehe vor „der Herausforderung, für Aufklärung in den weitergehenden Ermittlungen einzustehen“, deuten Richter und Aydemir an, dass sie an Aufklärung mehr von Scholten verlangen als bisher. Sie betonen aber auch, dass sie ihm wünschen, „weiterhin die notwendige Kraft für den juristischen Prozess aufzubringen“.
CDU bringt Antrag ins Spiel: OB soll Amt ruhen lassen
Zum Start ihrer Klausurtagung zum Etat 2019 hat die CDU-Fraktion am Freitag ihre aktuelle Position zur OB-Affäre gefunden: Sie schließt sich der Forderung von SPD, Grünen und FDP an, dass Oberbürgermeister Ulrich Scholten seine Amtsgeschäfte bis zum Ende des Ermittlungsverfahrens ruhen lassen soll.
Fraktionsvorsitzende Christina Küsters setzte sich am Freitag über Bedenken des Stadtdirektors Dr. Frank Steinfort hinweg, der tags zuvor gesagt hatte, dass das Beamtenrecht es nicht zulasse, dass der OB sich auf Zeit zurückziehe. Sie glaube, dass sich die Bezirksregierung als Aufsicht nicht gegen eine solche Lösung sperren werde. Schließlich sei die Funktionsfähigkeit der Verwaltung bei laufenden Ermittlungen sicherzustellen.
Scholten hat schon erklärt, im Amt bleiben zu wollen
OB Scholten hatte am Donnerstag betont, im Amt bleiben zu wollen. Laut Küsters wird die CDU dies zum Anlass nehmen, den politischen Druck zu erhöhen. Denkbar sei, so die Fraktionsvorsitzende, dass die CDU und andere Fraktionen per Antrag im Stadtrat einen „eindringlichen Appell“ an den OB richten, sein Amt ruhen zu lassen. „Dann haben wir es offiziell“, so Küsters.