Mülheim. Das neue Trio an der Spitze der Mülheimer SPD zeigt direkt inhaltlich Kante. Neu-Parteichef Rodion Bakum untermauerte jetzt seine Positionen.
Inhaltlich so mutig nach vorne geprescht ist in der Öffentlichkeit lange kein Parteivorsitzender der Mülheimer SPD mehr: Rodion Bakum (28), am vergangenen Sonntag vom Parteitag gewählt, wagt dies in schwieriger Lage, die die Partei möglichst noch vor der Kommunalwahl 2020 in den Griff zu bekommen hat.
Etwa bezieht Bakum in der jungen Debatte, ob der Flughafen-Betrieb nicht doch über 2024 beziehungsweise 2034 hinaus aufrechterhalten werden sollte, klar Position. Er riskiert damit auch, am Ende mit seiner Sicht beim Parteitag im Frühjahr 2020, wenn das Kommunalwahlprogramm zu verabschieden ist, zu scheitern. „Wir retten Theo“, sagt Bakum und nimmt das über Mülheim hinaus bekannte Luftschiff als Symbol für seine Forderung, einen „Zukunftspakt Flughafen“ zu schmieden.
Bakum: Am Flughafen ist eine neue Situation entstanden
Am Mittwoch untermauerte Bakum seine Position bei einer Pressekonferenz mit seinen ebenfalls frisch gewählten Stellvertretern Nadia Khalaf (50) und Christian Völlmecke (29). Durch die Ankündigung des Luftschiff-Unternehmens WDL, Millionen am Flughafen investieren zu wollen, sei „eine neue Lage“ entstanden, so Bakum.
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Eine wirtschaftliche vernünftige Entwicklung am und mit dem Flughafen sei „in vielen Abstufungen“ denkbar. Etwa könne er sich einen fortgeführten Flugbetrieb auf verkürzter Start- und Landebahn vorstellen, um auf freiwerdender Fläche noch mehr Platz für Gewerbeansiedlungen zu schaffen. Alle Optionen seien zu prüfen, so Bakum mit Blick etwa auf zukünftige Entwicklungen in der Luftfahrt mit Lufttaxis und Co.
SPD-Ortsvereine bereiten Info-Veranstaltung am Flughafen vor
„Die SPD war immer klar für den Erhalt des Flughafens“, unterstreicht Vize Völlmecke. Fakt sei aber eben der ohne SPD gefasste Ausstiegsbeschluss gewesen. Nun sei es aber noch einmal an der Zeit, „gemeinsam mit den Bürgern anzuschauen, was auf dem Gelände möglich ist“. Völlmecke ist sich sicher, dass der Flughafen-Betrieb ohne Zuschüsse organisiert werden kann.
Nächste Woche wird die SPD-Fraktionssitzung am Flughafen stattfinden. Laut Khalaf bereiten mehrere SPD-Ortsvereine eine Veranstaltung für Parteimitglieder und Bürger, um über mögliche Entwicklungsszenarien zu informieren.
Bürgerzentrum in der Müga als erstes Projekt einer Stadtentwicklungsgesellschaft
Auch in der Frage, was aus dem VHS-Gebäude in der Müga werden soll, hatte Bakum bei seiner Parteitagsrede seine Position abgesteckt. Es soll, unabhängig vom Ausgang des Bürgerentscheids am Sonntag, nach seiner Sicht zu einem Bürgerzentrum für Kultur und Bildung entwickelt werden.
Am Mittwoch wurde Bakum auf Nachfrage zu einer möglichen Finanzierung konkreter. Er sieht die Entwicklung jenes Bürgerzentrums als erstes Projekt einer noch zu gründenden Stadtentwicklungsgesellschaft. Mit Partnern wie der Sparkasse oder örtlichen Wohnungsbauunternehmen könne seiner Sicht nach eine Zukunft für das Gebäude gestaltet werden. Vielleicht könnten zudem Partner gewonnen werden, die später einen Teil der Immobilie selbst nutzen. Etwa die Hochschule mit einem Innovationszentrum.
Bakum will städtische Energieversorgung von RWE loseisen
OGS-Einsparungen: SPD-Spitze fordert mehr Daten
Ganz frisch aufs Tableau gekommen ist die Debatte um die Einsparungen in der Offenen Ganztagsbetreuung. Dem wollen Bakum und Khalaf nicht ohne tiefergehende Prüfung zustimmen, auch wenn so Mittel freigeschaufelt werden sollen für weitere OGS-Gruppen.
„Wir erwarten mehr belastbare Daten“, so Bakum Richtung Sozialdezernent Marc Buchholz. Er und Khalaf betonen, dass die OGS-Qualität wichtig sei angesichts der hohen Kinderarmut in Mülheim und für das Ziel, allen Kindern die gleichen Bildungschancen zu ermöglichen.
Auch zu diesem Vorstoß steht Bakum eine innerparteiliche Debatte noch bevor. Weit lehnt sich Bakum auch zur weiteren Entwicklung des städtischen Energiedienstleisters Medl zum Fenster hinaus. Er tritt für eine weitestgehende Rekommunalisierung im Zuge der Neuordnung von Eon und RWE ein. Die Stadt soll ihre Anteile an der Medl erhöhen und die Stromkonzession übernehmen. So soll die Stadt „mehr Einfluss haben, wie wir die Energieversorgung aufstellen wollen“. Auch gehe es um mehr Gestaltungskraft in der Stadtentwicklung und darum, an den Erlösen der kommunalen Energiewirtschaft mehr zu partizipieren.