Mülheim. Der Betrieb am Flughafen Essen-Mülheim soll 2024 eingestellt werden. Jetzt startet das Luftschiff-Unternehmen WDL eine letzte Gegeninitiative.

Dem Ausstiegsbeschluss zum Trotz macht das Luftschiff-Unternehmen WDL der Stadt Mülheim ein verlockendes Angebot: Die Firma will 12 Millionen Euro am Flughafen Essen-Mülheim investieren. Vorausgesetzt, die Stadt verlängert den Pachtvertrag.

Zuletzt hatte NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) bei einem Besuch des Flughafens die Betreiber-Städte Essen und Mülheim aufgefordert, ihre Ausstiegspläne zu überdenken. „Die Luftfahrt bietet mit Drohnen und Lufttaxis gute Zukunftsperspektiven. Einen Teil dieser qualifizierten Arbeitsplätze sollte im Ruhrgebiet zu Hause sein“, hatte der Minister im August gesagt, innovatives Denken beider Städte eingefordert und Landeshilfe in Aussicht gestellt.

WDL skizziert Pläne für eine Luftschiff-Eventhalle und neues Gewerbe

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Jetzt geht die Initiative „Wir sind Flughafen“ mit der WDL an der Spitze mit Plänen für eine Millionen-Investition in die Öffentlichkeit. In einem Gespräch mit dieser Redaktion skizzierte WDL-Geschäftsführer Frank Peylo im Beisein von Inhaberin Barbara Majerus, wie man sich einen Neubau am Flughafen vorstellt, der in seiner Multifunktionalität sowohl Bestandsfirmen am Flughafen eine Perspektive als auch Platz bieten soll für eine weitergehende gewerbliche, soziale und museale Nutzung.

Kern und Hingucker der Investitionspläne ist die Luftschiffhalle. Sie soll mit einem neuen, dann transparenten Dach bespannt und mit neuer Technik so ausgestattet werden, dass der Luftschiffhangar eine moderne Veranstaltungsfläche mit mehr als 4000 Quadratmetern bietet.

Luftschiff-Erlebniswelt als neues Aushängeschild Mülheims?

Frank Peylo (WDL, r.), WDL-Inhaberin Barbara Majerus und Ulrich Langenecker (FFL) erläuterten im Gespräch mit der Redaktion ihre Vorstellungen zur Entwicklung des Flughafens.
Frank Peylo (WDL, r.), WDL-Inhaberin Barbara Majerus und Ulrich Langenecker (FFL) erläuterten im Gespräch mit der Redaktion ihre Vorstellungen zur Entwicklung des Flughafens. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Das reiche für bis zu 5000 Veranstaltungsgäste, so Peylo. Das sei eine ideale Ergänzung für die Region, eine Mittelgröße zwischen Grugahalle sowie Stadt- oder Innogy-Halle. Man wolle die außergewöhnliche Halle weiter nutzen für die Luftschiffwerbung, sie aber auch so einrichten, um in die Nische der Veranstaltungen jenseits von Musikkonzerten vorzustoßen.

Eine „Luftschiff-Erlebniswelt“ schwebt den Machern vor. Schon in der Vergangenheit gerne gebucht etwa von Audi zur Weltpremiere ihres Staupiloten oder als Kulisse für die Dreharbeiten von „Babylon - Berlin“. „Oberhausen hat den Gasometer, Essen Zollverein. Was haben wir außer abwanderndes Gewerbe“, fragt Peylo und sieht in der Luftschiffhalle „ein riesiges Potenzial“ als Ausflugsmagnet.

Neubau mit 16.500 Quadratmetern Nutzfläche geplant

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Mit Anschluss an die Luftschiffhalle will WDL nach Abriss sämtlicher alter Bausubstanz neu bauen. Auf drei Etagen sollen rund 16.500 Quadratmeter Nutzfläche entstehen. Eine Marketingagentur, die sich zur führenden Agentur für die Großunternehmen des Ruhrgebiets entwickeln wolle, habe bereits ihre feste Absicht erklärt, mit 200 Mitarbeitern am Flughafen ansiedeln zu wollen, sagt Peylo.

Weitere Unternehmen aus der Kreativwirtschaft könnten im Neubau Platz finden, dazu die WDL-Verwaltung, flugaffines und anderes Gewerbe, eine Kita, die schon vor Ort ansässige Musikschule und der Pflegedienst, die Theodor Wüllenkemper und Inge Bachmann-Stiftung, Gastronomie. . .

Initiative wirbt für Perspektiven am Flughafen

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Kern der Investitionspläne ist, dass die WDL damit eine Perspektive für den Flughafen-Betrieb aufzeigen will, der nach Beschlusslage der Städte Essen und Mülheim 2024 enden soll. Die WDL, aber auch die beiden Flugschul-Betriebe FFL und TFC Käufer gehen derzeit bei Entscheidern in Stadtverwaltung und Politik auf Werbetour für ihre Pläne, droht ihnen mitsamt der Belegschaften ansonsten in den kommenden Jahren das Aus.

In einer Präsentation zeigt die Flughafen-Initiative auf, dass der Flughafen sehr wohl eine sehr gute Perspektive haben könnte. Schon jetzt sei Mülheim nach Bremen der zweitgrößte Standort der Pilotenausbildung in Deutschland, sagt Ulrich Langenecker, Geschäftsführer der Fachschule für Luftfahrzeugführer (FFL).

„Wir haben sehr gute Zukunftschancen, würden gerne erweitern“

Er verweist darauf, dass die örtlichen Flugschulen in den vergangenen drei Jahren 37 Prozent Zuwachs in der Pilotenausbildung hatten. In Europa werde, so Zahlen der großen Luftfahrtunternehmen Airbus und Boeing, mit einem Bedarf von 106.000 zusätzlichen Piloten in Europa bis zum Jahr 2030 gerechnet. „Wir haben sehr gute Zukunftschancen, würden gerne erweitern“ sagt Langenecker. „Aber uns sind die Hände gebunden, nach Status quo ist für uns hier 2024 Schluss.“

Peylo: Investition kann Keimzelle für Entwicklung sein

WDL-Geschäftsführer Frank Peylo ist überzeugt, dass eine Lösung möglich ist, die den Interessen der Flughafen-Firmen, den Klima- und Naturschutz-Interessen und den Stadtentwicklungszielen entspricht. Die skizzierte WDL-Investition könne „vielleicht die Keimzelle sein“, aus der sich etwas entwickeln könne.

Wohnungsbau und Gewerbeansiedlungen samt Erhalt der fürs Stadtklima wichtigen Frischluftschneise am Flughafen seien möglich, wenn man im Masterplan-Prozess neu darüber nachdenke, so Peylo, der sich der Sensibilität des Themas natürlich bewusst ist.

Die Initiative sieht großes Entwicklungspotenzial durch Luftfahrt-Innovationen. Fest rechnet sie damit, dass etwa Lufttaxis schon in naher Zukunft das Mobilitätsangebot erweitern werden. Mit seiner Lage sei der hiesige Flughafen bestens geeignet als Standort, an dem Lufttaxis abheben und landen.

WDL erwartet Entscheidung zum Pachtvertrag bis Frühjahr 2020

Peylo stellt sich schon vor, wie Olympioniken aus einem olympischen Dorf am Flughafen 2032 per Lufttaxi zu den Sportstätten abheben. . . „Wir könnten mit Lufttaxis ganz NRW in einer Flugzeit von 35,40 Minuten abdecken“, sagt FFL-Chef Langenecker. „Man muss die Chance erkennen und was daraus machen.“

„Wir sind in guten Gesprächen mit Politik und Verwaltung“, sagt Peylo. Die „Wunschvorstellung“ lasse sich nur realisieren, wenn die Stadt Mülheim bereit wäre, den Pachtvertrag zu entfristen und der WDL für den Fall eines Flughafen-Ausstiegs ein Vorkaufsrecht zu gewähren. Dazu bräuchte man bis Frühjahr 2020 eine Entscheidung.