Mülheim. Zwölf Genossen und sechs BAMH-Ratsmitglieder: Das bleibt am Ende an Unterstützern für eine OB-Abwahl. In der SPD brodelt es heftiger denn je.

Sieben Genossen stürzen ihren Leitwolf in eine höchst brisante politische Situation: Einen Tag, nachdem SPD-Fraktionschef Dieter Spliethoff einräumte, in den eigenen Reihen keine geschlossene Unterstützung für seine Initiative für ein OB-Abwahlverfahren zu bekommen, hielten sich seine Gegner bedeckt. CDU und FDP hingegen legten sich fest: Auch sie werden Spliethoff im Regen stehen lassen.

„Wir werden den Antrag nicht mittragen“, berichtete CDU-Fraktionschefin Christina Küsters am Mittwochabend auf Anfrage aus ihrer Fraktionssitzung. Vor Tagen hatte auch sie noch ein anderes Signal ausgesendet. Wie die Grünen wendet sich aber auch die CDU von Spliethoffs Ansinnen ab, den OB vorzeitig aus dem Rathaus zu drängen.

Küsters (CDU): Keine Chance zur Neuwahl und hohe Kosten für Abwahl

Küsters führte für die Entscheidung ihrer Fraktion an, dass es nicht zu vermitteln sei, zu diesem späten Zeitpunkt „einen untätigen OB noch abwählen zu lassen, der Bürger aber keine Chance hat, einen neuen zu wählen“. Auch die hohen Kosten für eine Wahl, in Rede stehen 150.000 Euro, seien da ein Gegenargument. FDP-Fraktionschef Peter Beitz begründete das Nein seiner Fraktion ähnlich: „Eine Neuwahl wäre nicht mehr möglich, da sollten wir den Bürgern und uns den Stress ersparen.“

Zur Spaltung in der SPD-Fraktion. Diese Redaktion hatte schon am Dienstag bei allen 19 Ratsmitgliedern der SPD angefragt, wie sie sich zur Initiative von Spliethoff positionieren – auch waren die Genossen aufgefordert, ihre Gewissensentscheidung, die bei einer Abstimmung im Rat zu treffen wäre, zu begründen. Es reagierten gerade einmal fünf Genossen. Claus Schindler, Daniel Mühlenfeld und Margarete Wietelmann verwiesen kurz angebunden auf die Stellungnahme von SPD-Fraktionschef Dieter Spliethoff vom Vortag und schlossen sich damit dessen Argumentation für eine Abwahl von OB Ulrich Scholten an.

Sieben Genossen, die sich gegen Fraktionschef stellen, wollen sich öffentlich nicht äußern

Das erklärten auch Norbert Mölders und Norbert Striemann. Scholten lege „ein mehr als nur fragwürdiges Verhalten an den Tag“, so Striemann. Der OB verhalte sich unglaubwürdig und falle durch „Nichthandeln“ auf. Mölders listete zahlreiche Vorwürfe gegen den OB auf – „Dinge, die man, erst recht ein OB als erster Bürger seiner Stadt, nicht tut“. Etwa Scholtens undurchsichtigen Spesenabrechnungen, darunter seine alkohollastigen Gastronomiebesuche auf Rechnung der Stadt. Mölders nannte Scholtens privates Engagement im MWB-Aufsichtsrat, das dieser nicht angezeigt hatte, sein Desinteresse an den Beratungen im Arbeitskreis Haushalt und einiges mehr.

Soll vergangenen Mittwoch bei der Fraktionssitzung seiner Partei deutliche Worte gegen die Initiative seines Nachfolgers gewählt haben: der ehemalige SPD-Fraktionschef Dieter Wiechering.
Soll vergangenen Mittwoch bei der Fraktionssitzung seiner Partei deutliche Worte gegen die Initiative seines Nachfolgers gewählt haben: der ehemalige SPD-Fraktionschef Dieter Wiechering. © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

Zu keinem öffentlichen Bekenntnis waren jene sieben Genossen bereit, die ihrem Fraktionschef nicht folgen wollen und ihm damit eine schwere politische Niederlage bescheren. Nach Informationen dieser Zeitung soll es sich dabei um den Ex-Fraktionschef Dieter Wiechering, Johannes Terkatz, Hildegard Freiburg, André Kasberger, Rodion Bakum und Jan Vogelsang handeln. Zur siebten Person gab es widersprüchliche Aussagen.

Genosse: Spliethoff soll die Maßstäbe, die er beim OB anlegt, mal bei sich selbst anlegen

Aus der Fraktionssitzung am vergangenen Mittwoch wird berichtet, dass Wiechering in aller Deutlichkeit sein Befremden über die Initiative von Spliethoff zum Ausdruck gebracht haben soll. Es gibt Kritik daran, dass die schwerwiegende Entscheidung für einen Antrag zum Abwahlverfahren nicht mal auf der Tagesordnung gestanden haben soll. So sei auch die geringe Zahl von elf Teilnehmern zu erklären.

Ferner schreibe die Fraktionsgeschäftsordnung vor, bei einer solch schwerwiegenden Entscheidung die Partei einzubinden. Das habe Spliethoff ebenso nicht getan. Es sei die Schwäche des Fraktionschefs, dass der Streit innerhalb der Partei immer mehr eskaliere.

„Auf die Nicht-Unterzeichner wird extremer Druck ausgeübt“

Ein Fraktionsmitglied griff Spliethoff im Gespräch mit dieser Zeitung scharf an: „Er soll doch mal die Maßstäbe, die er beim OB anlegt, an sich selbst anlegen.“ Ein anderer Genosse sagte: „Alle sind maximal verunsichert, gar ängstlich vor Konsequenzen. Auf die Nicht-Unterzeichner wird extremer Druck ausgeübt.“

Auch OB Ulrich Scholten äußerte sich am Mittwoch zum Scheitern der Abwahl-Initiative: „Ich persönlich werde das Thema nicht befeuern, sondern mich stattdessen mit meiner Kraft und Arbeit für die Entwicklung unserer Stadt einsetzen“, sagte er.