Mülheim. . Seine SPD-Fraktion selbst will ein Abwahlverfahren gegen ihn anstrengen. Mit einem Brief an Mülheims Bürger reagiert OB Ulrich Scholten.
Auf die Ankündigung von SPD-Fraktionschef Dieter Spliethoff, ein Abwahlverfahren gegen ihn initiieren zu wollen, hat jetzt Mülheims Oberbürgermeister Ulrich Scholten (SPD) mit einem offenen Brief an die Bürger reagiert.
„Herr Spliethoff will offensichtlich, dass zwei Drittel des Rates für meine Abwahl stimmen. Kommt es tatsächlich dazu, dann liegt es an Ihnen, liebe Mülheimerinnen und Mülheimer, im Rahmen einer ,Volksabstimmung’ diese Entscheidung zu treffen“, beginnt Scholten seinen zweiseitigen Brief.
Scholten mit Kampfansage: Er will alles tun, damit Verfahren nicht eingeleitet wird
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Um sogleich mit einer Kampfansage fortzuführen: „Ich kann ihnen versprechen, dass ich alles dafür tun werde, dass dieses Verfahren nicht eingeleitet wird. Es würde unsere Stadt zurückwerfen.“ Es mache ihn fassungslos, dass SPD-Fraktionschef Spliethoff und seine Mitstreiter „auf dem Rücken der Bürgerinnen und Bürger der Stadt einen fraktionspolitischen Machtkampf austragen wollen. Das schadet der Stadt Mülheim genauso wie den politischen Parteien.“
Scholten bittet die Bürger in seinem Brief offen um Unterstützung: „Tun wir alles, um dieses unnütze Abwahlverfahren zu verhindern. Ich werde in den Fraktionen und meiner Partei dafür werben, vernünftig zu bleiben und unseren Wählerauftrag im Blick zu behalten.“
Scharfe Kritik an seinen parteiinternen Widersachern
Scharfe Kritik äußert der OB gegenüber seinen Widersachern, die im Vorjahr die OB-Affäre an die Öffentlichkeit gebracht und Scholtens Rücktritt gefordert hatten: Es waren die SPD Dezernenten Frank Mendack (Kämmerer) und Ulrich Ernst (Ex-Sozialdezernent) sowie Fraktionschef Spliethoff und Fraktionsgeschäftsführer Claus Schindler.
„Die vier Parteimitglieder, die mich mit allen Mitteln seit einem Jahr bekämpfen, sind für mich nicht Teil der solidarischen sozialdemokratischen Familie, wie ich sie von Kindesbeinen an kennengelernt habe“, so Scholten. „Sie sind seit einem Jahr dabei, den Bogen der politischen Auseinandersetzung zu überspannen.“ Dass es in der Politik manchmal hart zugehe, wisse jeder. „Dass manche allerdings so rücksichtslos ihre eigenen Interessen vorantreiben wie diese Vier, habe ich mir vor Amtsantritt nicht vorstellen können.“
Scholten schließt einen Rücktritt weiter aus
So regelt die Gemeindeordnung das Abwahlverfahren
In der NRW-Gemeindeordnung ist in Paragraf 66 geregelt, dass aus dem Stadtrat heraus ein Abwahlverfahren für den Oberbürgermeister eingeleitet werden kann. Hierfür ist es notwendig, dass mindestens die Hälfte aller Ratsmitglieder den Antrag dazu gegenzeichnet. Der Antrag muss zwei Wochen vor einer Ratssitzung gestellt sein.
Damit der Antrag Erfolg hat, bedarf es eines Ratsbeschlusses, der von zwei Dritteln der gesetzlichen Zahl der Ratsmitglieder getragen wird.
Infolge des Ratsbeschlusses müsste ein Votum der Bürger eingeholt werden. Wenn die Wahlbeteiligung mindestens 25 Prozent beträgt, kann der Oberbürgermeister mit einfacher Mehrheit abgewählt werden.
Sobald der Wahlausschuss die Abwahl feststellt, scheidet der OB aus dem Amt aus.
Auch jetzt schließt Scholten einen Rücktritt aus, er verweist auf seinen Wählerauftrag. Er wolle weiter hart für die Bürger arbeiten „und alles dafür tun, dass die SPD politische Heimat der Anständigen bleibt.“ Scholten, der der Fraktionssitzung seiner Partei am Mittwoch nicht beiwohnte, betont, sich sicher zu sein, dass die Initiative für ein Abwahlverfahren „nicht die Zustimmung der gesamten Fraktion - und erst recht nicht der Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten in Mülheim - finden kann“.
An die SPD-Fraktion im Stadtrat appellierte er, für ein Abwahlverfahren nicht gemeinsame Sache mit der Fraktion des Bürgerlichen Aufbruchs zu machen: „Es kann nicht sein, dass Sozialdemokraten gemeinsam mit einer Gruppierung, die ein Sammelsurium politischer Richtungen darstellt, ihren eigenen Oberbürgermeister demontieren. Unsolidarischer und unsozialdemokratischer geht es nicht. Dass man sich für innerparteiliche Machtspielchen sogar für solche Kooperationen nicht mehr zu schade ist, kann in Partei und Bürgerschaft nicht vermittelt werden.“