Mülheim. . Die Initiative fragt: Soll die VHS in der Müga im Besitz und Eigentum der Stadt bleiben und der Lehrbetrieb dort wieder aufgenommen werden?
Die Geburtsstunde des nächsten Bürgerbegehrens in Mülheim fand am späten Donnerstagabend im „Alten Schilderhaus“ statt. Einstimmig beschloss die Initiative zur Rettung der VHS die Einleitung eines Bürgerbegehrens. Es ist das neunte in der Stadt. In den nächsten Tagen will man es im Rathaus einreichen. Es geht um die konkrete Frage: Sollen VHS-Grundstück und -Gebäude in der Müga im Eigentum und Besitz der Stadt Mülheim bleiben und der VHS-Betrieb dort wieder aufgenommen werden?
Die Stadtverwaltung muss das Begehren jetzt prüfen und eine Schätzung dazu abgeben, was die Umsetzung des Begehrens kosten würde. Auch das muss der Mülheimer wissen, wenn er unterschreibt. Im April, wenn die Kostenschätzung vorliegt, möchte die Initiative mit der Unterschriftensammlung beginnen, kündigte Inge Ketzer an, die neben Erich Bocklenberg, dem früheren Denkmalschützer der Stadt, und der Dozentin Kirsten Grunau als verantwortliche Personen für das Begehren bestimmt worden ist.
Kritik an der Stadtverwaltung und Politik
„Unruhe ist die erste Bürgerpflicht“, sagte Inge Ketzer und wiederholte im voll besetzten Schilderhaus die Kritik an Stadtverwaltung und Politik. Auch ein Brief an die Regierungspräsidentin ist unterwegs, in dem das Vorgehen der Stadt bemängelt wird.
Der Oberbürgermeister musste im Sommer des vergangenen Jahres nach Feststellung massiver Brandschutzmängel das VHS-Gebäude an der Bergstraße kurzerhand schließen. Seitdem erfolgen die Kurse an verschiedenen Orten, demnächst in einem angemieteten Gebäude an der Aktienstraße. Parrallel gab der Stadtrat Gutachten in Auftrag: Was würde es kosten, das unter Denkmalschutz stehende Gebäude in der Müga vollständig zu sanieren, was müsste für einen Neubau aufgewendet werden, was eine dauerhafte Anmietung? Gesucht wird die wirtschaftlichste Lösung, wobei die VHS in jedem Fall zentral bleiben soll.
Sanierung wurde immer wieder verschoben
Die Initiative sieht in der Schließung einen weiteren Versuch, die VHS dauerhaft an einen anderen Standort zu verlegen. „Es gab bereits 2014 und 2015 Versuche dieser Art“, heißt es. Und: Die Möglichkeit, das Areal mit Gebäude zu verkaufen bietet aus Sicht der Initiative „einen wesentlichen Anreiz für Politik und Verwaltung“. Erst wenn feststehe, dass ein Verkauf ausgeschlossen sei, „muss die Stadt für ein auf Dauer angelegtes Konzept und die Sanierung der bewährten und beliebten VHS sorgen“, erklären die Vertreter der Initiative. Das ist ihr Ziel.
Breit ist die Verärgerung darüber, dass seit zehn Jahren trotz dafür eingestellter Gelder im Haushalt eine Sanierung des Gebäudes immer wieder verschoben wurde. Der Ankauf oder die Anmietung eines Ersatzgebäudes mit etwa nur der Hälfte der jetzt vorhandenen Fläche bedeutet für Bocklenberg „eine wesentliche Einschränkung“. VHS sei mehr als nur ein Ort zum Lernen, es sei Kommunikationsstätte, Teil eines kulturellen Lebens, ein Ort der Verständigung. All das brauche Raum.
Herbert Knebel für Kampagne gewinnen
Mit einer großen Auftaktveranstaltung soll das Begehren eingeleitet werden. Die Planungen laufen dazu. Herbert Knebel, der für die VHS landesweit Werbung macht, soll angesprochen werden.
Mit dem neunten Begehren belegen die Mülheimer landesweit einen Spitzenplatz. Sollte das Begehren die nötige und gültige Unterschriftenzahl von etwa 6700 erreichen, kann sich der Stadtrat dem anschließen. Tut er es nicht, folgt ein Bürgerentscheid, der etwa 13 400 Stimmen benötigt, um erfolgreich zu sein. Das hieße dann: Der Bürgerwunsch setzt sich durch – die Kommune muss entsprechend reagieren.
Beim ersten Bürgerbegehren in Mülheim ging es um den Erhalt der Stadtteilbibliotheken. Später setzten sich die Bürger für den Erhalt des Freibades Styrum, heute Naturbad, erfolgreich ein.
>> Die bisherigen Bürgerbegehren/-entscheide
- „Stoppt den Ausverkauf“ war der Titel des 2005 erfolgreichen Bürgerentscheids gegen Privatisierung, der zwei Jahre später noch einmal erfolgte.
- Ebenfalls zwei Begehren gab es zur Stadtplanung am Ruhrufer: Erhalt der Ostruhranlagen und Ablehnung der ersten Ruhrbania-Entwürfe.
- Ein großer Erfolg wurde der Bürgerentscheid für den Erhalt der Hauptschule Bruchstraße. Das Bürgerbegehren gegen eine weitere Beteiligung von Innogy an der Medl scheiterte.