Mülheim. Anwohnerparken in der Altstadt, ein besserer Verkehrsfluss – die große Leitbild-Debatte in Mülheim bringt erste Ergebnisse. 68 Projekte sind bislang u.a. in den Bereichen Innenstadtentwicklung, Soziales und Verkehr angelaufen. 150 Bürger machen mit und entwickeln Ideen, wie die Stadt attraktiver werden kann.

Das Parken in der Altstadt – es ist nur ein Beispiel dafür, dass der vor gut zwei Jahren angestoßene Leitbildprozess für Mülheim erfolgreich angelaufen ist. Diskutiert wurde ein Anwohnerparken dort schon lange. Dass es jetzt von der Politik beschlossen wurde – wenn auch zunächst in einer Testphase für ein Jahr – dürfte nicht zuletzt auch auf die Leitbild-Debatte zurückzuführen sein, durch die das Thema neuen Wind bekommen hat. Die „Altstadt“ ist nur eines von 68 Leitbild-Projekten. Und längst sind nicht alle so weit. Aber: Oberbürgermeisterin Dagmar Mühlenfeld zeigt sich positiv überrascht, wie groß das Interesse ist. Aus den 90 Bürgern, die anfangs dabei waren, sind mittlerweile 150 Mülheimer geworden, die sich unterschiedlich intensiv in den Projektgruppen engagieren. „Es gibt aber auch keine Vorgaben oder Zeitschienen“, betont die OB. Bei einigen Themen sei jetzt schon klar, „da machen wir einen Haken dran, andere brauchen noch Zeit.“

Sechs Gruppen sind fertig. Wie die „grüne Welle“. Über die – oder besser gesagt, darüber, warum sie nicht immer auf den Hauptstraßen Mülheims funktioniert, hat Hanns-Peter Windfeder so einiges in den vergangenen Monaten gelernt. Der Vorsitzende des hiesigen Unternehmerverbandes hat sich als Mitglied der Leitbildgruppe „Zur Optimierung des Verkehrs“ „jede einzelne Hauptstraße in Mülheim angesehen und Kreuzung für Kreuzung die Ampelschaltungen diskutiert“, sagt er. Und er habe festgestellt: „So einfach ist das alles nicht“ und „die in der Verwaltung sind auch keine Sturköpfe.“ Es sei ein gutes Miteinander von Verwaltung und Bürgern gewesen. „Hier und da“, so Windfeder konnten bereits Schaltzeichen für einen besseren Verkehrsfluss verändert werden. Über andere Ideen müsste die Politik entscheiden. Windfeder ist gespannt, „wie die damit jetzt umgeht.“

Sehr „ambitioniertes Vorhaben“

Oberbürgermeisterin Dagmar Mühlenfeld betont, dass sich die Politik mit den Ergebnissen beschäftigen muss. Es sei ein Prozess, der Bürger, Politik und Stadtverwaltung „auf eine neue Art verbindet“ – für die nächsten Jahre. Mühlenfeld spricht von einem sehr „ambitionierten Vorhaben“, das je nach Projektgruppe von „sehr engagierten Paten“ mit unterschiedlicher Geschwindigkeit umgesetzt wird. Die Verwaltung stünde beratend zur Seite „damit man nicht falsch losläuft.“

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Losgelaufen ist auch die Projektgruppe, die sich um die Erhöhung der Attraktivität der Leineweber Straße kümmert und erste Ergebnisse vorgestellt hat. Der Allee-Charakter soll erhalten bleiben, aber die großen Bäume, die sollen durch kleine ersetzt werden. „Und als eher geringfügige Änderungen, aber nichtminder wichtige, wünschen wir uns Blumenkästen und -bänke und auch neues Pflaster. Das alte ist eine reine Stolperfalle“, sagt Herrmann Liekfeld, Apotheker an der Leineweberstraße und Pate der Projektgruppe.

Auch die Gruppe „Optimierung des Verkehrsflusses, ‘Grüne Welle’“, hat einige Vorschläge notiert und eingereicht. Sieben Verkehrs-Hauptachsen haben das Team um Guido Mußmann von ADAC Nordrhein benannt, bei denen eine „grüne Welle“ der Ampeln angebracht wäre. Dabei sind unter anderem die Duisburger Straße, Schlosstsraße und der Dickswall, die Zeppelinstraße, Werdener Weg und die Kaiserstraße sowie die Aktienstraße. Hier seien die Ampelschaltungen teilweise so programmiert, dass der Autofahrer entweder zu langsam fährt, um eine durchgängige Grüne Welle zu erreichen oder zu schnell. „Die Ampeln sind gerade nachmittags nicht auf das Verkehrsaufkommen ausgerichtet. Dann schafft der Autofahrer zwar meistens noch eine Ampel, die nächste schaltet aber nicht rechtzeitig um, so dass er erneut abbremsen muss“, erklärt Mußmann. Dies erhöhe den Lärm und die CO2-Emissionen. Und genau dagegen soll das Projekt helfen, um die City und die gesamte Stadt etwas zu entlasten.

Mehr Atmosphäre

Einen ähnlichen Gedanken hat auch die Gruppe um Apotheker Hermann Liekfeld. Sie wollen die Leinweberstraße atmosphärisch hübscher gestalten lassen und sind deswegen rigoros gegen einen Verkehr in beide Richtungen. „Dann gäbe es noch mehr Autos und noch mehr Lärm. Das wollen wir nicht“, erklärt Liekfeld. Zudem würde er dafür plädieren, die Lastwagen auf eine Ausweichstrecke zu verlegen. Diese würden sich nämlich selten an die Geschwindigkeitsbegrenzung von 20 Stundenkilometern halten. Außerdem sehr störend seien die häufigen Fahrten der Notarztwagen auf der Straßenbahntrasse mit überhöhter Geschwindigkeit. „Natürlich sollen sie bei einem richtigen Notfall auch schnellstmöglich am Unfallort sein. Aber so häufig? Das klingt mir sehr nach Bequemlichkeit.“

Den Paten ist aber auch bewusst, dass bei sämtlichen Vorschlägen es nun auch von den finanziellen Möglichkeiten der Stadt abhängt, inwieweit diese umgesetzt werden können.