Mülheim. Sozialarbeiterin Krimhild Orth kümmert sich um die 136 Flüchtlinge, die vor kurzem an die Gustavstraße in Styrum gezogen sind und beantwortet Fragen wie: Was steht im Brief vom Amt? Wo bekomme ich einen warmen Mantel her? Noch ist sie alleine im Büro. Sie soll aber in absehbarer Zeit Unterstützung bekommen.

Es ist erst gut zwei Wochen her, dass 136 Flüchtlinge an die Gustavstraße in Styrum gezogen sind. Die Koffer dürften mittlerweile ausgepackt sein, alle Fragen aber sicher noch nicht geklärt. Hier hilft Krimhild Orth weiter. Die Sozialarbeiterin ist seit zwei Wochen Ansprechpartnerin für die Flüchtlinge. Was steht im Brief vom Amt? Wo gibt es einen sprachkundigen Arzt, der einer Frau helfen kann, die an Diabetes leidet? Wo bekomme ich einen warmen Mantel her, wenn es jetzt kälter wird? Krimhild Orth kennt die Antworten. Noch ist sie Einzelkämpferin, soll aber in absehbarer Zeit durch eine Kollegin oder einen Kollegen unterstützt werden.

„Ich bin eigentlich ganz gut im Thema“, sagt Orth nach 21 Jahren als Sozialarbeiterin im Dienste der Stadt. Erst arbeitete sie im Flüchtlingsdienst, dann als Bezirkssozialarbeiterin in Styrum. Flüchtlinge, aber auch die Arbeit mit Familien in schwierigen Lebenslagen sind ihr vertraut. „Die Menschen, die hier leben, haben zum Teil Traumatisches erlebt. Sie müssen erst mal ankommen und zur Ruhe kommen,“ sagt Orth. Sie organisiert nicht nur die Teilnahme an Deutschkursen, Arztbesuche, erläutert den Inhalt amtlicher Schreiben oder vermittelt bei Bedarf Gespräche in einem Sozialpsychologischen Zentrum und beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Ganz oft müssen Orth und Hausverwalter Detlef Voß auch einfach nur dafür sorgen, dass Flüchtlinge ihre Wohnung an der Gustavstraße möbliert bekommen oder eine Waschmaschine anschließen können.

Bekanntheitsgrad durch Wohnungsbesuche erhöhen

Auch wenn die Sozialarbeiterin in ihrem zurzeit noch sehr kärglich eingerichteten Büro regelmäßig Sprechstunden anbietet, wird sie natürlich auch außerhalb ihres Büros regelmäßig angesprochen. „Viele, aber beileibe noch nicht alle Flüchtlinge wissen, dass ich da bin, wer ich bin und was ich hier mache“, erzählt Orth. Doch sie arbeitet an ihrem Bekanntheitsgrad, indem sie regelmäßig Wohnungsbesuche macht. „Dabei erlebe ich eine große Freundlichkeit und Offenheit. Die Menschen bieten mir meistens sofort einen Sitzplatz und etwas zu trinken an“, berichtet sie. Wenn der eine die Sprache des anderen nicht versteht, behilft man sich eben mit Händen und Füßen oder ein paar Brocken Englisch. Wenn es komplizierter wird, weil es zum Beispiel um gesundheitliche Probleme geht, greift sie auf den Sprachkundigen-Pool und den Gesundheitswegweiser der Stadtverwaltung zurück, um einen Dolmetscher oder einen sprachkundigen Arzt zu besorgen. „Ich bin hier wie ein Drehscheibe“, beschreibt die Sozialarbeiterin ihre Vermittlungs,- Kontakt- und Kommunikationsarbeit.

Sie bindet ehrenamtliche Helfer ein, die Flüchtlinge zum Beispiel bei Arztbesuchen und Ämtergängen begleiten. Sie hat damit begonnen Kontakte zu Einrichtungen im Stadtteil zu knüpfen. Beim Nachbarschaftsverein und in der Bürgerbegegnungsstätte Feldmannstiftung an der Augustastraße war sie schon und hat dort eine große Aufgeschlossenheit und Hilfsbereitschaft gespürt. Vereine, Schulen oder das Jugendzentrum am Styrumer Marktplatz stehen noch auf ihrem Besuchsplan.

Selbstverständliches Miteinander

„Ich würde mir wünschen, dass Flüchtlinge hier an der Gustavstraße nicht wie in einem Ghetto leben, sondern das es ein selbstverständliches Miteinander und Nebeneinander gibt und sie am ganz normalen Leben im Stadtteil teilnehmen können,“ betont Orth. Auch wenn sie mögliche Probleme und Berührungsängste nicht wegreden will, ist sie optimistisch, dass das gelingen kann, wenn Flüchtlinge und Einheimische sich im Alltag kennen lernen und etwas über das Leben des jeweils Anderen erfahren können. „Das verändert den Blick“, weiß Orth.

Gute Ansätze dafür sieht sie. Dass sich Bürger ehrenamtlich für Flüchtlinge engagieren und eine ältere Dame aus der Nachbarschaft Kleiderspenden für den Winter angeboten hat, sieht sie ebenso als ein gutes Zeichen dafür, wie die Tatsache, „dass sich die Stadt heute bemüht, für die Flüchtlinge ordentliche Wohn- und Lebensbedingungen zu schaffen.“ Als Orth in den frühen 90er Jahren zum ersten Mal mit Flüchtlingen arbeitete, wurden sie nicht, wie heute, in regulären Wohnungen, sondern in Wohncontainern einquartiert. Das ist heute Vergangenheit.