Herne. . Die Folgen der Armutszuwanderung überfordert auch die Herne Verwaltung zunehmend. Im Hauptausschuss bat die Stadt die Politik deshalb um ein Signal für die Bereitstellung von Haushaltsmitteln in Höhe von 440.000 Euro. SPD und CDU lehnten dies ab und meldeten noch Beratungsbedarf an.

S.O.S. hat die Verwaltung in Herne gefunkt: 440 000 Euro soll der Rat zusätzlich ab 2015 in den Haushalt einstellen, damit die Stadt die zusätzlichen Aufgaben und Integrationsmaßnahmen durch die zunehmende Armutszuwanderung aus Südosteuropa überhaupt noch bewältigen kann. Für eine umfassende Analyse der Situation durch die Stadt gab es im Hauptausschuss Lob, doch für zusätzliche Haushaltsmittel erteilten SPD und CDU kein grünes Licht. Sie wollen zunächst die Auswirkungen auf den städtischen Haushalt prüfen und den Bund stärker in die Pflicht nehmen.

„Wir sind in einer prekären Situation“, räumte SPD-Fraktions-Chef Frank Dudda ein. Doch wenn zusätzlich 440 000 Euro in den Haushalt eingestellt würden, müssten diese durch Einsparungen oder Erhöhungen kompensiert werden: „Das ist eine Herkulesaufgabe.“ Es bestehe aber noch großer Beratungsbedarf. Vor Ende des Jahres sei nicht absehbar, welche Spielräume der Haushalt lasse. Deshalb könne man wohl auch in der Ratssitzung am 21. Oktober noch keine Freigabe für diese Mittel erteilen.

Kritik an der Bundesregierung

Hart ins Gericht ging Dudda mit der schwarz-roten Bundesregierung. „Es ist nicht in Ordnung, wie sich der Bund aus der Affäre zieht“, sagte er unter Verweis auf die „Soforthilfe“ von 25 Millionen Euro, von der Herne und anderen Ruhrgebietstädte keinen Euro sehen.

Dorothea Schulte (Grüne) konnte die Haltung der rot-schwarzen Ratspartner nicht nachvollziehen. Wenn der Bund nicht zahle, habe Herne keine andere Wahl, als in die Bresche zu springen: „Sonst gefährden wir den sozialen Frieden.“ Und: Die Summe von 440 000 Euro sei eher zu niedrig angesetzt. Die Zuwanderer seien nun mal da: „Wir müssen ihnen ein menschenwürdiges Leben ermöglichen“, so Schulte. Doch auch an der Verwaltung übte sie (leise) Kritik: Der Bericht zur Zuwanderung komme „zu spät“. Wenn nicht sofort etwas unternommen werde, mahnte sie, drohten der Stadt hohe Folgekosten.

Etwas in den Herkunftsländern ändern

Andreas Ixert (Linke) forderte SPD und CDU auf, über die Bundestagsabgeordneten Druck zu machen. CDU-Fraktions-Chef Markus Schlüter erklärte, dass es sich vor allem um ein „europäisches Problem“ handele. Es sei wichtig, in den Herkunftsländern etwas zu ändern. Im Haushalt wollte auch er noch nichts ändern: Die CDU habe wie die SPD Beratungsbedarf, so Schlüter.

Am Ende der Debatte stand dieser nur von Rot-Schwarz getragene Beschluss: Der Ausschuss begrüßt die von der Verwaltung initiierten Maßnahmen und fordert sie auf, bei Bund, Land und EU Unterstützung einzuwerben. Grüne, Linke und Piraten/AL stimmten gegen diesen „entschärften“ Beschluss - gemeinsam mit OB Schiereck (SPD).

1437 Rumänen und Bulgaren gemeldet

1437 EU-Bürger aus Südosteuropa - 954 aus Rumänien, 483 aus Bulgarien - leben zurzeit offiziell in Herne. Vor drei Jahren waren es noch 411. Die Dunkelziffer, sprich: die Zahl der nicht gemeldeten Südosteuropäer ist nach Einschätzung der Stadt hoch.

Die meisten dieser Zuwanderer leben im Bezirk Wanne (599, 1,8 Prozent), die wenigsten im Bezirk Sodingen (203, 0,6 Prozent).