Herne. Sowohl die Stadt Herne als auch das zuständige Polizeipräsidium Bochum sprechen sich gegen eine Video-Überwachung des Herner Shoah-Denkmals aus. Beide führen rechtliche Bedenken an. Die Shoah-Erinnerungsstätte ist in diesem Jahr schon vier Mal beschädigt worden, zuletzt am 23./24 Juli.
Nachdem in der Nacht vom 23. auf den 24. Juli das Herner Shoah-Denkmal auf dem Willi-Pohlmann-Platz zum vierten Mal in diesem Jahr geschändet worden war, fragten auch viele WAZ-Leser: Warum wird der Bereich nicht endlich mit Videokameras überwacht? Doch was auf den ersten Blick nahe liegend scheint, ist äußerst verzwickt und juristisch hoch umstritten. Denn die Überwachung mit einer Videokamera stellt einen bedeutenden Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung dar.
Bereich schwierig einzugrenzen
Und solch ein Eingriff sei erst einmal grundsätzlich verboten, weil jeder ein Recht darauf habe, sich frei und unbeobachtet im öffentlichen Raum zu bewegen, erklärt Nils Schröder, Pressesprecher des Landesbeauftragten für den Datenschutz in Düsseldorf auf Anfrage der WAZ. Nach dem Landesdatenschutzgesetz könne sich die Stadt Herne nur auf ihr Hausrecht berufen, wenn sie ihr Eigentum per Kamera überwachen lasse. Aber auch dem seien enge Grenzen gesetzt: „Eine Videoüberwachung zum Beispiel des Rathauses ist unter bestimmten Bedingungen möglich, nicht aber die des Platzes davor“, erläutert Schröder. Im privaten Bereich gehe man von maximal einem Meter öffentlichen Raums aus, den eine Kamera zusätzlich zu einem Gebäude erfassen dürfe. Bei einem Denkmal oder Mahnmal sei dieser Bereich noch schwieriger einzugrenzen. „Eine Videoüberwachung ist an solchen Stellen kompliziert und muss sehr gut begründet sein“, sagt Schröder. Die Stadt Herne könne sich gerne vom Landesbeauftragten zu dem Thema beraten lassen.
Hohe Hürden
„Das wäre zu überlegen“, sagt der städtische Pressesprecher Christian Matzko zu diesem Angebot. Seit dem dritten Anschlag am 11. März, bei dem das Denkmal mit einer kaum noch zu entfernenden Farbe beschmiert wurde, diskutiere eine Expertenrunde, was zum Schutz des Mahnmals geschehen könne. Die Hürden für eine Videoüberwachung im öffentlichen Raum seien so hoch, dass die Stadt der Ansicht sei, sie an dieser Stelle nicht vertreten zu können. Die Polizei sehe das genauso. Es sei auch die Frage, ob die Überwachung zum Ziel führe: Selbst wenn das Mahnmal per Kamera überwacht werde, sehe man nicht, was sich im Umfeld tue. Die Stadt will deshalb ihren Zeitplan weiterfolgen, das Mahnmal bis zum 27. Januar 2015, dem 70. Jahrestag der Auschwitz-Befreiung, wieder repräsentabel herzustellen. Bis dahin soll auch eine technisch und juristisch umsetzbare Lösung gefunden worden sein, wie das Shoah-Mahnmal vor weiteren Schändungen geschützt werden kann.
Offene und verdeckte Maßnahmen
Die Polizei, auf deren Initiative ebenfalls Videoüberwachungen unter bestimmten Voraussetzungen grundsätzlich möglich sind, will darauf in Herne vorerst verzichten. Die Bochumer Polizeipräsidentin Diana Ewert habe sich nach gründlicher Prüfung der Rechtslage dagegen entschieden, teilte Axel Pütter, Leiter der Pressestelle, gestern auf Anfrage der WAZ mit. Zum einen arbeite der Staatsschutz mit Hochdruck daran, die Beschädigungen aufzuklären. Zum anderen „sind in enger Abstimmung mit der Stadt Herne offene und verdeckte Maßnahmen zum Schutz des Mahnmals getroffen worden“, erklärte Pütter. Es sei auch intensiv über eine Videoüberwachung diskutiert worden, die es im Bereich des Bochumer Präsidiums noch nie gegeben habe. Dies stelle jedoch einen Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht dar und sei mit hohen juristischen Auflagen verbunden.