Herne.. 300 Menschen waren zum Willi-Pohlmann-Platz gekommen. Schüler der Erich-Fried-Gesamtschule hatten nach den Anschlägen auf das Mahnmal einen Protestmarsch organisiert.
Eine Minute der Stille, kein Handy klingelte, keiner sprach, allein das leise Rauschen eines vorbeiziehenden Flugzeugs war zu hören: Ein bewegendes Zeichen setzten gestern rund 300 Schüler und Lehrer am Shoah-Denkmal. Nach vier Anschlägen in drei Wochen auf das Mahnmal, das an die 400 Herner Opfer des Nazi-Regimes erinnert (die WAZ berichtete), hatten sich die Klassen sieben bis zehn der Erich-Fried-Gesamtschule entschlossen, die Taten nicht einfach hinzunehmen.
„Da müssen wir was machen, haben die Schüler sofort gesagt, als sie vom Anschlag erfahren haben“, berichtete der Lehrer Ulrich Kind, Leiter des Schulprojekts „Kohlengräberland“, das sich mit der Geschichte des Ruhrgebiets befasst. Spontan organisierten sie von der Schule an der Grabenstraße einen „Unterrichtsgang“ zum Willi-Pohlmann-Platz in Herne-Mitte.
Am Gedenkstein wollten sie eine Rose niederlegen, so war der Plan. Dass letztlich so viele Menschen nebst Polizeischutz am Marsch teilnahmen, hätten die Teilnehmer nicht für möglich gehalten. Nicht zuletzt lag die große Resonanz offenbar auch an einem offenen Brief von Oberbürgermeister Horst Schiereck. Er hatte die Aktion unterstützt und zur Teilnahme aufgerufen (siehe Text rechts).
Nicht einmal eine Grabstätte
„Das Mahnmal erinnert doch an die Menschen, die nicht einmal eine Grabstätte oder ein Feld bekommen haben“, so Lehrer Ulrich Kind empört. 2013 hatten die Teilnehmer des Projektes „Kohlengräberland“ die Namen der Herner Holocaust-Opfer vorgelesen, denen das Mahnmal gewidmet ist. „Noch immer bekomme ich Gänsehaut, wenn ich nur daran denke“, so Kind. Dass er nun aus diesem traurigen Anlass den Marsch begleiten müsse, hätte er in der vergangenen Woche nicht für möglich gehalten.
Im Unterricht über die Nazi-Herrschaft gesprochen
„Einfach ungeheuerlich, es ist einfach abscheulich, dass das Mahnmal derart beschmiert wurde“ , sagte auch Lehrerin Isa Tappenhölter. „Das Bewusstsein für das Thema ist bei den Jugendlichen da, das ist sehr wichtig“, kommentierte Bürgermeisterin Birgit Klemczak. „Wir wollen zeigen, dass wir den Anschlag nicht einfach hinnehmen“, sagte Schülerin Ines Tajo.
Viel hatten sie zuvor im Unterricht über die Nazi-Herrschaft gesprochen. „Wenn das hier nicht Geschichtsunterricht ist, dann weiß ich auch nicht“, sagte Lehrer Kind beim Blick in die Menge. Leider gebe es stets Menschen, die meinten, man müsse das Thema Holocaust auch mal ruhen lassen. Denen könne er nur entgegensetzen: „Wenn wirklich Ruhe wäre, dann würden wir heute hier nicht stehen,“