Herne. . Mit einer Feier im Kulturzentrum und am Shoah-Denkmal gedachte Herne anlässlich des Jahrestages der Auschwitz-Befreiung der Opfer der Shoah. Besonders im Blickpunkt standen die 91 von den Nazis aus Herne und Wanne-Eickel deportierten und ermordeten Roma und Sinti.
Ungewohnte Klänge eröffneten im Herner Kulturzentrum die Gedenkveranstaltung der Stadt zum Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz am 27. Januar 1945 durch die Rote Armee: Schülerinnen der Gesamtschule Wanne-Eickel interpretierten unter Leitung von Gregor Beckemeier das nicht einfache Stück „Djelem-Djelem“ von Zarko Jovanovic, einem Roma-Komponisten.
Denn der von den Nazis betriebene Völkermord an den Sinti und Roma stand diesmal besonders im Mittelpunkt - auch angesichts der Stimmung, die zurzeit nicht nur an Stammtischen wieder gegen Roma und Sinti gemacht wird. „Wir müssen uns der Verantwortung bewusst sein, die wir heute für unsere Gesellschaft tragen“, mahnte Oberbürgermeister Horst Schiereck.
Großfamilien ausgelöscht
„Porajmos“, das Verschlingen: So bezeichnen die Roma in ihrer Sprache den Mord an ihrem Volk durch die Nazis. „Verschlungen“ haben KZs und Gaskammern mindestens 250- bis 300 000 europäische Roma und Sinti. 91 Namen finden sich allein auf einer vom Herner Historiker Ralf Piorr recherchierten Liste von Ermordeten, die in Herne oder Wanne-Eickel geboren wurden, hier lebten oder von hier aus deportiert wurden - darunter allein 43 Kinder unter 13 Jahren, Kleinkinder wie Rudolf Born aus Wanne-Eickel, geboren am 5. Oktober 1941, ermordet in Auschwitz am 15. April 1943. Großfamilien wie die Franz’, Grünholz’, Krems’, Petermanns, Weiss’ - sie wurden ausgelöscht.
Wie perfide und mit welcher Gründlichkeit dabei auch in Herne und Wanne-Eickel vorgegangenen wurde, schilderte Museumschef Oliver Doetzer-Berweger in dem ebenso informativen wie bewegenden Vortrag „Faszination, Ausgrenzung, Ermordung. Der nationalsozialistische Völkermord an den Sinti und Roma“. Gehörten sie auf der Cranger Kirmes dazu „wie das Amen in der Kirche“, so eine Lokalzeitung damals, so wollte man abseits des Rummels nichts mit ihnen zu tun haben. Von den anfänglich mehreren innenstadtnahen Lagerplätzen in Herne wurden sie abgedrängt auf einen Platz am Stadtrand. Sie durften nicht mehr wandern, wurden „wissenschaftlich“ nach rassistischen Kriterien erfasst, vermessen, als „artfremd“ gewertet.
Nach der „Lösung der Judenfrage“, wandten sich die Nazis systematisch der „Lösung der Zigeunerfrage“ zu. Am 10. März 1943 ging ein Transport mit vielen Herner und Wanne-Eickeler Roma und Sinti nach Auschwitz ab, wo er drei Tage später ankam. Bis Ende 1943 waren 70 Prozent der ins „Zigeunerlager“ Deportierten tot.
Nach der Veranstaltung im Kulturzentrum trafen sich die Teilnehmer zum gemeinsamen Gebet und zu einer Schweigeminute am Shoah-Denkmal. Gebete und Fürbitten trugen Dechant Christian Gröne, Pfarrer Arno Wittekind (Ev. Kirchenkreis) und Aaron Naor von der jüdischen Gemeinde vor.
Der Vortrag von Oliver Doetzer-Berweger soll veröffentlicht werden, Informationen sind auch auf www.herne.de geplant.