Herne. . Im gerichtlich ausgetragenen Streit um Personalabbau zwischen Bergleuten und der RAG haben die Kumpel einen Etappensieg errungen. Auch das Landesarbeitsgericht Hamm sieht im Regelwerk des Unternehmens zum Personalabbau einen Verstoß gegen den Kündigungsschutz. Beendet ist die Sache damit wohl nicht.

Die Bergleute, die im Zuge des Ausstiegs aus der Steinkohleförderung gegen das Regelwerk zum Personalabbau bei der RAG geklagt hatten, sind auf ganzer Linie erfolgreich. Auch das Landesarbeitsgericht in Hamm gab ihnen Recht.

Zuvor hatte das Arbeitsgericht Herne die Klagen von 49 Bergleuten abgewiesen. Dagegen hatte deren Anwalt Daniel Kuhlmann Berufung eingelegt. Mit Erfolg. Die Richter in Hamm hoben die Herner Urteile auf. Zuvor hatten die Arbeitsgerichte in Gelsenkirchen, Wesel und Rheine den Klägern Recht gegeben. Dagegen hatte die RAG Berufung eingelegt, die aber vom Landesarbeitsgericht Düsseldorf abgewiesen worden war.

Letzte Instanz: Bundesarbeitsgericht

Worum geht in diesem Streit? Um den Ausstieg aus der Kohle personell zu bewältigen, handelte die Herner RAG als Arbeitgeber und die Gewerkschaft IGBCE den „Tarifvertrag Beendigung deutscher Steinkohlebergbau“ aus, um die Arbeitsplätze sozialverträglich abzubauen. Zentraler Bestandteil: das Mitarbeiter Entwicklungs Centrum (MEC). Ende 2012 sprach die RAG für mehr als 1500 Beschäftigte die Versetzung in das MEC aus. Doch etwa 100 wehrten sich gegen diese Versetzung mit Klagen vor verschiedenen Arbeitsgerichten. Sie halten die Arbeitsweise des MEC ist unfair. Warum seine Mandanten dieser Auffassung sind, erläutert Anwalt Daniel Kuhlmann, der mehr als 100 Bergleute vertritt. „Aufgabe des MEC ist es, neue Arbeitsplätze oder Qualifizierungen anzubieten. Doch das können Leiharbeitsstellen sein.“ Und: Wer ein Angebot ablehne, erhalte eine Abmahnung, beim zweiten „Nein“ die Kündigung.

Die Richter sehen einen Verstoß gegen das Kündigungsschutzgesetz. „Das soll Arbeitnehmer davor schützen, dass das Arbeitsverhältnis nicht willkürlich beendet oder zentrale inhaltliche Vorschriften einseitig und willkürlich geändert werden“, heißt es etwa in der Gelsenkirchener Urteilsbegründung.

Allerdings: Da eine Revision zugelassen ist, wird sich wohl demnächst das Bundesarbeitsgericht mit diesem Thema beschäftigen. Die RAG hat bereits angekünigt, bis nach Erfurt ziehen. Und: Der Tarifvertrag zum Ausstieg aus der Steinkohleförderung ist bis auf die Versetzungproblematik nicht betroffen. Bergleute, die nicht gegen ihre Versetzung geklagt haben, bleiben beim MEC.

RAG und IGBCE halten die Regelungen für „sozial ausgewogen und richtig“

Sowohl die RAG als auch die Gewerkschaft IGBCE, die den Tarifvertrag zur Beendigung des deutschen Steinkohlebergbaus maßgeblich ausgehandelt haben, betonen, dass sie dieses Regelwerk trotz der Entscheidungen der Landesarbeitsgerichte für richtig halten.

„Wir halten den Tarifvertrag nach wie vor für richtig, richtig gut im Sinne der Bergleute“, sagte IGBCE-Sprecher Christian Hülsmeier auf WAZ-Nachfrage. Nach seiner Einschätzung seien die Klagenden vermutlich nicht so gut beraten. Er habe Zweifel, ob sie am Ende besser dastehen. Ganz ähnlich äußert sich die RAG: „Trotz der Entscheidungen der Landesarbeitsgerichte gegen die RAG hält die RAG die mit den Sozialpartnern vereinbarten Regelungen unverändert für sozial ausgewogen und richtig. Diese Auffassung werden wir auch bis zum Bundesarbeitsgericht vertreten.“

Der Klägervertreter, Daniel Kuhlmann sagt: „Sozialverträgliche Personalmaßnahmen sehen anders aus. Das große Ganze mag im Vordergrund stehen, aber nicht auf Kosten einer Minderheit.“