Marl/Herne. . Mehrere hundert Kumpel haben Angst um ihre berufliche Zukunft und gehen auf Konfrontationskurs mit der RAG. Grund ist das Ende der Steinkohleförderung in sechs Jahren. Jüngere Bergleute beklagen, dass sie von der RAB bereits vorher aus dem Job gedrängt werden - zu schlechten Konditionen.

Der Ausstieg aus der Steinkohleförderung bis zum Ende 2018 sorgt schon jetzt für Ärger. Mehrere hundert Kumpel haben Angst, dass sie ins Bergfreie fallen und sind auf Konfrontationskurs mit der RAG gegangen, die ihren Sitz in Herne hat.

Der Streit beschäftigt mittlerweile die Arbeitsgericht in Herne, Wesel und Gelsenkirchen. Worum geht es: Im Zuge der Stilllegungen der Zechen können ältere Mitarbeiter über das Anpassungsgeld (APG) in den vorgezogenen Ruhestand gehen. Wer nach dem 1. Januar 1973 geboren wurde, fällt nicht unter diese Regelung. Für sie regelt der Tarifvertrag zum „sozialverträglichen“ Abbau der Beschäftigten eine Versetzung in das Mitarbeiter-Entwicklungs-Centrum (MEC) der RAG.

Wenige Informationen

Von dort sollen die Bergleute auf neue Stellen vermittelt werden. Das wollen die Kumpel nicht ohne weiteres mitmachen. Sie fürchten, dass sie so zum schnellen Ausstieg bewegt werden sollen und ihnen Informationen in den Sozialplänen vorenthalten werden. Einer von den Betroffenen ist Kazim Yilmaz, der seinen richtigen Namen nicht nennen will, weil er Druck der RAG fürchtet. „Wir sollen in das MEC wechseln, aber wissen nicht, zu welchen Bedingungen“, sagt der Hauer von Auguste Victoria in Marl. Und weiter: „Das ist alles intransparent, weil wir und unser Anwalt keine Einsicht in betriebliche Regeln erhalten.“

Was die Bergleute als Problem sehen: Sie müssten sich verpflichten, eins der Job-Angebote, die sie vom MEC bekommen, anzunehmen. Bei einer Ablehnung würden sie abgemahnt, bei einer zweiten Ablehnung gekündigt. Yilmaz fühlt sich verschaukelt. Für den Dortmunder Rechtsanwalt Daniel Kuhlmann, der neben Yilmaz mehr als 120 Bergleute vertritt, macht eine Einrichtung wie das MEC zwar Sinn, allerdings bestehe die Gefahr, dass die neuen Arbeitsstellen deutlich schlechter bezahlt seien und nicht auf Dauer bestünden. Zudem bestände der tarifliche Kündigungsschutz bis zum Jahr 2018 nur auf dem Papier, denn wenn die Bergleute sich weigern sollten, ein von der Arbeitgeberin als zumutbar bezeichnetes Angebot anzunehmen, besteht der Kündigungsschutz nicht mehr und es drohen vorzeitig Kündigungen.

Einblick verwehrt

Werde das Angebot aber angenommen, sei der Bergmann ausgeschieden. Um Klarheit zu bekommen, verlangte er vor einigen Monaten Einsicht in die Sozialpläne und weitere Vereinbarungen. Doch diese sei verwehrt worden. Deshalb habe er Klagen eingereicht. Etwa zehn am Arbeitsgericht Herne, aber auch in Wesel und Gelsenkirchen. Ein gerichtliches Mediationsverfahren oder eine gütliche Einigung lehnte die RAG ab.

Die RAG betont, dass die Regelwerke des erforderlichen Personalabbaus umfassend und detailliert allen Mitarbeitern vorgestellt worden seien. Der RAG und deren Sozialpartnern sei es in den Verhandlungen darauf angekommen, die bewährte Tradition des deutschen Bergbaus fortzusetzen, in dem der Personalabbau ausschließlich sozialverträglich gestaltet werde. Das unternehmenseigene MEC kümmere sich darum, zumutbare Arbeitsplätze zur Verfügung zu stellen, andererseits erwarte man, dass die Mitarbeiter aktiv am Vermittlungsprozess mitwirken.

Selbstverständlich sei eine Einsichtnahme der Unterlagen gewährleistet. Kuhlmann bestätigt, dass inzwischen einigen Bergarbeitern die Akten teilweise zugänglich gemacht worden seien. Doch seien diese nicht in der Lage, die komplexen Regelungen inhaltlich zu prüfen. Zudem würden keine Kopien ausgehändigt. Deshalb würden die Klagen aufrecht erhalten.