Herne. Hernes OB Frank Dudda treibt seine Seilbahn-Pläne voran. Er sagt: „Wenn das hier scheitert, dann ist auch Deutschland gescheitert.“

Für Wanne-Eickel hat Hernes Oberbürgermeister Frank Dudda hochfliegende Pläne: Eine Seilbahn soll den dortigen Hauptbahnhof mit einem neuen Quartier, der Internationalen Technologiewelt „Techno Ruhr International“ verbinden. Es könnte eine der ersten urbanen ÖPNV-Seilbahnen in der Luft werden, die in Deutschland als Teil des Nahverkehrsnetzes Pendlerinnen und Pendler transportiert.

Gelegenheit zum Austausch und Pläne schmieden über die Seilbahn haben die Beteiligten in dieser Woche bei der Fachmesse „Cable Car World“ in Essen. Am Dienstag und Mittwoch, 4. und 5. Juni, treffen sich in der Messe Essen internationale Expertinnen und Experten für die Nahverkehrs-Option, die in Deutschland noch immer von so manchem belächelt wird. Kurz vor dem Kongress, auf dem er dem Fachpublikum Rede und Antwort gibt, steht Hernes Oberbürgerbürgermeister auf der Brachfläche General Blumenthal und skizziert, was die Stadt dort in den nächsten Jahren realisieren will: Das etwa zwölf Hektar große einstige Zechen- und Kraftwerksgelände soll zum High-Tech-Quartier mit viel Grün werden. 4000 Menschen sollen hier einmal arbeiten.

Herner Seilbahn: Eine echte Innovation für Deutschland

Statt sich mit dem Auto durch die umliegenden Wohnquartiere zu drängen, sollen möglichst viele Leute einschweben: Die Stadt Herne hat eine etwa einen Kilometer lange Pendel-Seilbahn als attraktivste und sogar günstigste Lösung ausgemacht - nutzbar mit regulärem ÖPNV-Ticket und finanziert mit Landes- und Bundesmitteln, die früher allein für Bus, Straßenbahn und Co vorgesehen waren. So wäre das Projekt eine echte Innovation für Deutschland. Bisher sind Seilbahnen in deutschen Großstädten - wie in Berlin, Koblenz oder Köln - nicht Teil des öffentlichen Verkehrsnetzes oder richten sich an Touristen wie in den Bergen.

So sehen sie aus, die ersten Pläne für die „Techno Ruhr International“.
So sehen sie aus, die ersten Pläne für die „Techno Ruhr International“. © Funke Grafik | Anna Stais

Als ausgerechnet die strukturschwache Ruhrgebietskommune Herne ihre Seilbahn-Pläne öffentlich machte, sorgte sie damit in einer ersten Reaktion für Kopfschütteln, wie Dudda sich erinnert. „Ich musste mir anfangs vieles anhören. Ein Hirngespinst sei das. Und noch andere sehr unfreundliche Dinge“. Inzwischen habe er Politik und Bürgerschaft überzeugen können. „Wir haben das Mindset gedreht“, sagt er. Auch Bund und Land hätten schon ihre Bereitschaft zur Unterstützung signalisiert. Die braucht es, um die Kosten von 35 Millionen Euro gegenzufinanzieren. „Eine arme Stadt wie Herne kann eben nur mit Ideen punkten“, sagt Dudda.

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Die Seilbahn sei einfach die beste Lösung für den Standort, ist man bei der Stadtspitze überzeugt. Auf direktem Wege könne nur sie das riesige Gleisbett überwinden, dass den Hauptbahnhof von dem alten Zechengelände abschneidet. Straßenbahnbau und Busbetrieb seien teurer - „und der Bus steht sowieso meist im Stau“, fügt Dudda hinzu. Sein Büroleiter Florian Adamek weist noch auf einen weiteren Effekt hin, den die Herner sich von ihrer Seilbahn erhofften: „Wir schenken einem Stadtteil eine ganz neue Himmelsrichtung. 150 Jahre lang waren die Ortsteile Eickel und Wanne durch die Zeche und den Bahnkörper an vielen Stellen voneinander abgeschnitten.“ Gerade für Hernes strukturschwächsten Stadtteil Wanne sei das Viertel mit Seilbahnanbindung eine Riesenchance.

Dudda: „Wenn das hier scheitert, dann ist auch Deutschland gescheitert“

Auf der Zechenbrache General Blumenthal in Wanne-Eickel soll die Techno Ruhr International entstehen - mit Seilbahnanschluss.
Auf der Zechenbrache General Blumenthal in Wanne-Eickel soll die Techno Ruhr International entstehen - mit Seilbahnanschluss. © FUNKE Foto Services | Sebastian Sternemann

Der Status des Pioniers bringe Hürden mit sich, sagt Stadtoberhaupt Dudda: „Sie müssen bei allem, was die deutsche Verwaltung zu bieten hat, erst mal mit ihren Plänen vorstellig werden.“ Und in den Behörden treffe man immer wieder auf Bedenkenträger. Und doch: Zum Jahresende soll das Projekt beim Bundesverkehrsministerium zur finanziellen Förderung angemeldet werden - der erste Schritt, bevor es in die langwierigen Genehmigungsverfahren gehen kann.

Und was, wenn Herne mit seinen Seilbahn-Plänen am Boden bleiben müsste, wie andere Städte, in denen sich Seilbahn-Ideen zerschlagen haben? „Wenn das hier scheitert, dann ist auch Deutschland gescheitert“, sagt Hernes Oberbürgermeister. „Im Idealfall fährt die Seilbahn 2029“, legt Dudda sich fest. dpa