Herne. In Herne leben mehr Flüchtlinge als zuletzt. Was bedeutet das für die Großunterkunft in Wanne? Wird der Betrieb noch einmal verlängert?
Die Zahl der Asylanträge in Deutschland ist 2024 gegenüber dem Vorjahr bislang deutlich zurückgegangen. In den Flüchtlingsunterkünften in Herne hat sich dieser Trend bislang aber noch nicht bemerkbar gemacht. Im Gegenteil: Die Zahl der Asylsuchenden in der Stadt ist zuletzt sogar wieder angestiegen. Sorgen über fehlende Plätze macht sich das Rathaus aber nicht. „In Herne ist die aktuelle Lage ruhig“, sagt Stadtsprecherin Anja Gladisch zur WAZ.
Flüchtlinge werden den Städten nach einem Schlüssel zugewiesen. Nach Auskunft der Verwaltung hat Herne aktuell alle Auflagen erfüllt. Mehr noch: „Die Stadt Herne hat eine (Über-)Erfüllungsquote von derzeit 115 Prozent“, sagt Gladisch. Heißt: Die Stadt Herne hat mehr Flüchtlinge aufgenommen, als die eigentlich müsste. Mit Stand 1. Mai waren in Herne demnach 8341 Asylsuchende vor Ort erfasst. Gemeint seien damit Menschen mit Aufenthaltsgestattung, Duldung, Aufenthaltserlaubnis und Niederlassungserlaubnis. Zum Vergleich: Anfang 2024 seien es 8322 Flüchtlinge gewesen, im September 7194, im Juli 7069. Die meisten Flüchtlinge kämen zurzeit aus Syrien, der Türkei und Afghanistan. Die Zahl der Ukrainerinnen und Ukrainer ist demnach deutlich gesunken. Im September 2023 waren sie noch auf Platz zwei bei den Nationalitäten.
Stadt Herne setzt auf Zwei-Drittel-Belegung
Die Unterbringungskapazität der Stadt Herne besteht laut Verwaltung aktuell aus 681 festen, das heißt dauerhaften und 60 befristeten Plätzen, sagt Stadtsprecherin Gladisch. Die feste Kapazität stelle die „absolute Maximalkapazität“ dar: „Sie kann nur erreicht werden, wenn in der jeweiligen Einrichtung ausschließlich Einzelpersonen untergebracht werden.“ Bei einer Belegung aus Einzelpersonen, Paaren und Familien sei die Gesamtkapazität deutlich geringer. Außerdem versuche die Stadt, bei der Aufnahme von Geflüchteten eine „sozialverträgliche Belegung“ sicherzustellen; das sei eine Zwei-Drittel-Belegung.
Angesichts der „(Über-)Erfüllungsquote“ und der „ruhigen Lage“ müsse die Stadt zurzeit keine weiteren Kapazitäten für Asylsuchende schaffen. Es sei nicht absehbar, dass Sporthallen wieder für die Unterbringung von Flüchtlingen genutzt werden müssen, hieß es zuletzt im Rathaus. Zur Erinnerung: Im Zuge der sogenannten Flüchtlingskrise 2015 kamen Geflüchtete in Herne auch in Turnhallen, ja sogar in Zelten auf einem Aschesportplatz unter.
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Dass Herne die Aufnahmequote übererfüllt, liegt nicht zuletzt an der Großunterkunft auf der Dorstener Straße in Wanne gegenüber dem Wananas. Diese wird vom Land betrieben, die Stadt muss sich nicht um den Betrieb kümmern, die Plätze werden ihr aber angerechnet. Diese Notunterkunft auf der Freifläche Dorstener Straße/Corneliusstraße/Wasserstraße an der A 42-Anschlussstelle Crange wurde im Februar 2023 eröffnet, Grund waren die steigenden Zahlen an Geflüchteten aus der Ukraine. Geplant war zunächst eine Zeltstadt für 1000 Menschen - so wie vor acht Jahren, als dort erstmals eine große provisorische Notunterkunft aufgebaut wurde. Zuletzt hatte die Einrichtung eine Kapazität von 750 Plätzen.
Gebraucht werden sie nicht alle. In der Landesunterkunft in Herne lebten aktuell 403 Menschen, heißt es bei der zuständigen Bezirksregierung Arnsberg. Die meisten Flüchtlinge kämen auch hier aus Syrien (45 Prozent), der Türkei (19 Prozent) und Afghanistan (9 Prozent). Damit hat sich die Zahl der Flüchtlinge in der Großunterkunft wieder deutlich verringert: Im Frühling und Sommer 2023 lebten dort noch über 600 Menschen. In der Anfangsphase waren dort rund 120 Menschen untergebracht. Zunächst sollte die Zeltstadt neben der ehemaligen Monza-Kartbahn nur 2023 betrieben werden, dann wurde der Betrieb für 2024 verlängert. Und wie sieht es für 2025 aus? „Über den Weiterbetrieb der Einrichtung im kommenden Jahr wurde noch keine Entscheidung getroffen“, so eine Sprecherin der Bezirksregierung zur WAZ.
Herne: Mehr Abschiebungen als im Vorjahr
- In Herne gibt es drei große städtische Unterkünfte: an der Ackerstraße, an der Dorstener Straße 51 (das ist nicht die Großunterkunft an derselben Straße) sowie am Zechenring. Darüber hinaus gibt es weitere Unterkünfte, und nicht zuletzt werden Wohnungen genutzt.
- 2023 hat die Stadt Hernedeutlich mehr Menschen abgeschoben: 46 Flüchtlinge wurden in andere Länder zurückgebracht, im Jahr davor waren es „nur“ 27. Grund für den Anstieg ist laut Stadt das Ende der Reiseeinschränkungen während der Pandemie. Einen neuen Höchststand erreichte die Zahl der Abschiebungen 2017, zwei Jahre nach der sogenannten Flüchtlingskrise. Damals mussten 103 Menschen zurück in ihre Heimat. Nun ist die Zahl der sogenannten Rückführungen wieder auf dem Niveau von 2016.