Herne. Experten haben 33 Orte in Herne benannt, an denen es viel zu laut ist. Außerdem machen sie Vorschläge, wie der Lärm dort verringert werden kann.
Experten haben in Herne 33 Stellen identifiziert, an denen es zu laut ist. Dort sind besonders viele Menschen von Krach betroffen. In einem Lärmaktionsplan machen die Gutachter außerdem Vorschläge, wie der Lärm an diesen „Hotspots“ bekämpft werden kann. In der Politik bahnt sich unterdessen ein Streit darüber an, ob die Stadt die Maßnahmen umsetzen oder nur zur Kenntnis nehmen muss.
Dass es in Herne so laut ist, dass es die Menschen krank macht, das hatte zuletzt auch die Wochenzeitung „Die Zeit“ berichtet. Dort landete die Stadt beim Lärm deutschlandweit auf dem zweiten Platz - hinter Düsseldorf. Für den Lärmaktionsplan der Stufe vier, den Herne - so wie andere Kommunen auch - jetzt verabschieden soll, schaute das Büro Brilon Bondzio Weiser (Bochum), das die Verwaltung mit der Umsetzung beauftragt hatte, genauer hin. Es untersuchte, wo in Herne die Menschen besonders unter Krach leiden. Ins Blickfeld nahmen die Experten dabei besonders die städtischen Straßen, weil allein dort das Rathaus für Abhilfe sorgen könne. Die beiden Autobahnen, die die Stadt durchschneiden, blieben dabei genauso unberücksichtigt wie etwa die Eisenbahngleise.
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Die Ergebnisse der Lärmkartierung ergaben eine Anzahl von rund 14.800 Menschen, die über einen Zeitraum von 24 Stunden von einem Pegel höher als 70 Dezibel durch Straßenverkehrslärm betroffen sind. 70 Dezibel gelten als Obergrenze für Lärm am Tag, sie entsprechen etwa dem Krach eines Rasenmähers und werden als Belästigung eingestuft. Nachts sind laut Bericht 18.377 Hernerinnen und Herner einem Lärmpegel von über 60 Dezibel ausgesetzt. 60 Dezibel entsprechen dem Pegel eines Gesprächs und gehören in der Nacht ebenfalls zum Belästigungsbereich. Kurz zum Schienenlärm: Etwa 500 Menschen in Herne sind von einem 24-Stunden-Pegelwert von über 70 Dezibel betroffen, nachts sind rund 1450 Menschen einem Schallpegel ausgesetzt, der oberhalb von 60 Dezibel liegt.
Was tun? „Es gibt eine Reihe von Lärmschutzmaßnahmen, die dazu dienen, die Bürger vor Straßenverkehrslärm zu schützen“, heißt es in dem Aktionsplan. Im Zentrum stehen dabei lärmmindernde Fahrbahndecken, aber auch Verkehrsbeschränkungen für Lkw oder Geschwindigkeitsbegrenzungen, zum Beispiel Tempo 30 für alle. Dadurch lasse sich der Lärmpegel laut Expertenbüro um 2 bis 6 Dezibel drücken. Diese Lärmminderungen seien dann bereits deutlich vom menschlichen Ohr wahrnehmbar. Allein: Alle Maßnahmen hätten Vor- und Nachteile, erläuterte Roland Weinert vom Büro Brilon Bondzio Weiser zuletzt im Planungsausschuss. Zunächst einmal kosteten alle Maßnahmen Geld, manche mehr, manche weniger. Und bei Geschwindigkeitsbegrenzungen etwa werde zwar der Krach vermindert, zugleich drohe aber ein Anstieg der klimaschädlichen Abgase. Nötig sei deshalb ein „abgestimmtes Maßnahmenpaket“.
Das sind die 33 Hotspots
33 „Hotspots“, an denen in Herne die Grenzwerte überschritten werden, hat das Expertenbüro benannt. Im Einzelnen sind das diese:
- Dorstener Straße/B226 (Gahlenstraße bis A43-Brücke)
- Recklinghauser Straße (Dorstener Straße bis A42-Unterführung)
- Stöckstraße, Am Stöckmannshof, Unser-Fritz-Straße (Semlerstraße bis Unser-Fritz-Straße 21)
- Rathausstraße (Dorstener Straße bis Claudiusstraße)
- Dorstener Straße/B226 (Südlich A42 bis Bahnbrücke/Schirrmannstraße)
- Corneliusstraße (Heerstraße bis Corneliusstraße 37)
- Cranger Straße, Heerstraße (Hafenstraße bis Heerstraße 81)
- Cranger Straße (Schmiedes Hof bis Cranger Straße/Heyermanns Hof)
- Hauptstraße/Kurhausstraße (Bahnunterführung bis Dorneburger Straße)
- Holsterhauser Straße (Dorneburger Straße bis Fliederweg)
- Dorstener Straße (Dorstener Straße 283 bis Holsterhauser Straße)
- Holsterhauser Straße (Dorstener Straße bis Holsterhauser Straße)
- Westring (Auffahrt A42 Herne-Baukau bis Cranger Straße/ Funkenbergstraße)
- Bismarckstraße, Bahnhofstraße (Westring bis Bahnhofstraße bis Roonstraße)
- Westring (Von-der-Heydt-Straße bis Shamrockstraße)
- Holsterhauser Straße/Sodinger Straße (Regenkamp bis Hermann-Löns-Straße/ Wiescherstraße)
- Sodinger Straße (Lütge Bruch bis Voßnacken)
- Hammerschmidtstraße/Schlachthofstraße (Gerichtsstraße 74 bis Emscherstraße)
- Rottbruchstraße/Juliastraße (Klosterstraße bis Paderborner Straße)
- Baumstraße/Hermann-Löns-Straße (Eschstraße bis Breddestraße)
- Wiescherstraße (Sodinger Straße bis Hölkeskampring)
- Bismarckstraße (Cranger Straße bis Sedanstraße)
- Rökenstraße/Peterstraße (Von/bis Emscherstraße)
- Dorstener Straße/Wiedehopfstraße (Wiedehopfstraße bis Zufahrt Künstlerzeche)
- Heerstraße (Heerstraße bis Hausnummer 74)
- A43/ Baukauer Straße (Gerichtsstraße 74 bis Emscherstraße)
- Südstraße (Südstraße 95 bis 97)
- Grenzweg (Brücke Rottbruchstraße bis Holsterhauser Straße)
- Edmund-Weber-Straße (Westfalenstraße bis Edmund-Weber-Straße)
- Sodinger Straße (Schillerstraße bis Hölkeskampring)
- Castroper Straße (Baarestraße bis Hotterroth)
- Kanalstraße/Roonstraße (Kanalstraße bis Roonstraße)
- Bochumer Straße (Südstraße bis Hölkeskampring)
Zu jedem Hotspot hat das Expertenbüro einen „Steckbrief“ erstellt. Zu sehen ist dabei, wie viele Fahrzeuge auf der Straße unterwegs sind, wie hoch der Lkw-Anteil ist und vor allem auch, welche Maßnahmen helfen würden, um den Krach zu mindern. Die Gutachter schlagen vor allem Fahrbahnsanierungen, den Einbau anderer Deckenschichten, unter anderem aber auch Arbeiten an den Häuserfassaden vor.
Grüne fordern Zeitplan für Umsetzung der Maßnahmen
Muss sich die Stadt an die Steckbriefe halten und die Maßnahmen umsetzen? Nein, sagte Roland Weinert im Planungsausschuss: „Das hat keine Rechtsverbindlichkeit.“ Den Grünen reicht das nicht. „Das Ganze heißt Lärmaktionsplan“, sagte Grünen-Ratsfrau Sabine von der Beck. Die „Aktion“ in dem Wort komme ihr zu kurz. Sie forderte von der Stadt bis Ende des Jahres einen Zeitplan, wann diese welche Maßnahme aus dem Expertengutachten umsetzen wolle. Das lehnte die politische Mehrheit ab. Der Lärm werde nicht nur durch diese vorgeschlagenen Maßnahmen gemindert, sondern auch durch andere, die die Stadt im Zuge der Verkehrswende umsetzen wolle, darunter einen Umstieg auf den ÖPNV, hieß es aus der SPD.
Verkehrsdezernent Stefan Thabe sicherte aber zu, dass sich die Verwaltung das Expertenpaket anschaue „und wo nötig reagiert“. Auch wolle sie Prioritäten setzen und der Politik in naher Zukunft einen Zwischenbericht abliefern.
Zahlen müssen korrigiert werden
- Der Lärmaktionsplan macht über die Zahl der von Lärm betroffenen Hernerinnen und Herner an drei Stellen unterschiedliche Angaben: Sie weichen zum Teil deutlich voneinander ab. Die WAZ hat das Gutachterbüro auf diesen Umstand hingewiesen, das anschließend einen Fehler eingeräumt hat. Die in diesem Artikel genannten Zahlen seien aber die korrekten.
- Nun soll der Lärmaktionsplan für die weitere politische Debatte korrigiert werden. Der Rat stimmt am Dienstag, 25. Juni, über das Papier ab.