Herne. Tiefe Millionenlöcher, Steuern, Haushalt: Was Hernes neuer Kämmerer Marc Ulrich (44) vorhat - und dabei anders machen will als sein Vorgänger.

Er hat keine leichte Aufgabe übernommen: Hernes neuer Kämmerer Marc Ulrich. Angesichts drohender riesiger Millionenlöcher muss er als erstes einen soliden Finanzplan aufstellen. „Priorität hat ein genehmigungsfähiger Haushalt“, sagt der 44-Jährige beim Besuch der WAZ-Redaktion. Dabei skizzierte er auch seine weiteren Pläne im Amt.

Marc Ulrich, bislang Kämmerer in Bergkamen, hat Hans Werner Klee Anfang Mai abgelöst. Klee (65) trat in den Ruhestand. An seinem ersten Arbeitstag sei er im Rathaus freundlich aufgenommen worden, erzählt Ulrich, der in Bochum aufwuchs und seit zehn Jahren in Herne-Sodingen wohnt. Begrüßt worden sei er auch vom Oberbürgermeister, und auch sein Amtsvorgänger sei anwesend gewesen. Letzterer habe ihm die Geschäfte persönlich übergeben. Alles habe er gut strukturiert vorgefunden. Klee, lobt der neue städtische Finanzchef, habe bis zum letzten Tag Vollgas gegeben.

Hernes Kämmerer will höhere Steuern vermeiden

Fordert wie sein Vorgänger mehr Geld von Bund und Land: der Herner Marc Ulrich.
Fordert wie sein Vorgänger mehr Geld von Bund und Land: der Herner Marc Ulrich. © FUNKE Foto Services | Uwe Ernst

Dass gleich zu seinem Amtsantritt neue Schulden drohen, wusste Ulrich, als er sich für den Posten in Herne bewarb: „Die kommunalfinanzstärksten Jahre liegen hinter uns.“ Die Folgen von Corona-Pandemie und Ukraine-Krieg sorgen für neue Miese im Haushalt. Kam die Stadt in den vergangenen Jahren immer mit ihrem Geld aus, so drohten bis 2027 jährlich neue Schulden in Höhe von 55 bis 85 Millionen Euro, hatte Vorgänger Klee zuletzt vorausgesagt - und deshalb von „Dramatik pur“ gesprochen. Bis November, wenn Ulrich seinen ersten Haushalt vorstellt, dürfte klar sein, wie groß das Loch für 2025 wirklich wird - und wie weit er es schließen kann. Präsentieren muss er nichts Geringeres als einen soliden Finanzplan, der die Zustimmung der Bezirksregierung finden muss. „Das wird schwer genug“, weiß Ulrich. Sein Ziel: „keine Mehrbelastung für die Bürger“, sprich: keine Steuererhöhungen.

Wie sein Vorgänger fordert auch Ulrich mehr Geld aus Berlin und Düsseldorf. Die Kommunen seien „am unteren Ende der Nahrungskette“, hingen „am Tropf von Bund und Land“. Die Finanzausstattung der Städte reiche nicht aus: „Was wir tun können, das tun wir.“ Mehr Sparen sei doch gar nicht mehr möglich.

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Bange ist Ulrich vor der Zukunft aber nicht: „Schlechter kann‘s nicht mehr werden. Es kann nur noch bergauf gehen.“ Dabei schwingt aber nicht viel Sarkasmus mit. Wenn er sagt, dass die Stadt das mache, was sie machen könne, dann meint er damit auch die vielen Projekte, die die Stadt in den vergangenen Jahren auf den Weg gebracht hat, darunter unter anderem die Revitalisierung der Blumenthal-Brache durch eine Techno Ruhr International und Seilbahn am Hauptbahnhof Wanne-Eickel, das Funkenbergquartier mit Hochschule für Polizei und Verwaltung in Herne-Mitte oder das Rathaus-Carreé mit Geschäften und Wohnungen in Wanne-Mitte. Diese Projekte trügen maßgeblich dazu bei, dass Herne finanziell immer unabhängiger werde. Seine Rechnung: Viele neue und vor allem auch gut bezahlte Jobs kämen nach Herne, die Arbeitslosigkeit sinke, die Steuereinnahmen stiegen.

Auf der Brache General Blumenthal südlich des Hauptbahnhofs Wanne-Eickel soll eine Internationale Technologiewelt entstehen, die „Techno Ruhr International“.
Auf der Brache General Blumenthal südlich des Hauptbahnhofs Wanne-Eickel soll eine Internationale Technologiewelt entstehen, die „Techno Ruhr International“. © FUNKE Foto Services | Sebastian Sternemann

Was er anders machen wolle als sein Vorgänger? Er sei ein „großer Freund von Doppelhaushalten“. So könne er sich gut vorstellen, künftig nicht mehr jährlich, sondern nur noch alle zwei Jahre einen Finanzplan vorzulegen. Das würde weniger Planungsaufwand, zugleich aber mehr Sicherheit bedeuten. Nicht nur er, sondern auch andere Kommunen oder der Landschaftsverband LWL hätten damit gute Erfahrungen gemacht. „Das muss aber die Politik wollen“, sagt der 44-Jährige, der einen entsprechenden Vorstoß plane und diesen bei einer Zustimmung nach den Kommunalwahlen 2025 umsetzen würde.

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Darüber hinaus wolle er sich für weniger Bürokratie in der Verwaltung starkmachen und in diesem Zusammenhang in seinem Bereich „mehr dezentrale Verantwortung in der Budgetierung“ ermöglichen. Nicht zuletzt verstehe er sich als „Digitalisierungstreiber“ und wolle im Rathaus die Digitalität beziehungsweise Digitalisierung vorantreiben.

>>> Landschaftspark ist sein Lieblingsort in Herne

  • Marc Ulrich, in Pinneberg geboren, machte sein Abitur in Bochum, anschließend studierte er in Bochum, Linz und Speyer. Beruflich war der Jurist unter anderem Justiziar bei der Stadt Wetter. 2017 wurde er in Bergkamen zum Kämmerer gewählt, der zugleich auch als Dezernent für Recht und Kultur zuständig ist.
  • Ulrich ist verheiratet, hat drei Kinder (0, drei und fünf Jahre alt) und zog vor zehn Jahren „der Liebe wegen“ nach Herne. Zuletzt pendelte er nach Bergkamen. Sein Lieblingsort in Herne? Das sei der neue Landschaftspark Streuobstwiese Holper Heide, am Kanal auf der Grenze Baukau/Horsthausen.
  • Der Nachfolger von Hans Werner Klee ist nicht nur Kämmerer, sondern, wie sein Vorgänger, auch Dezernent für Finanzsteuerung, Immobilien und Wahlen, Steuern und Zahlungsabwicklung sowie Gebäudemanagement. Zugleich gehört er der Stadtspitze an. Diese wird gebildet vom Oberbürgermeister und den Dezernenten, auch Beigeordnete genannt. In Herne gibt es unter OB Frank Dudda vier Dezernenten und eine Dezernentin. Neben Ulrich hat Anfang Mai auch ein weiterer Dezernent seinen Job angetreten: Stefan Thabe. Der 57-Jährige löste Karlheinz Friedrichs (57) ab, der ebenfalls in Ruhestand trat.